Im neuen Kölner „Tatort“ ging es um Mord, Familie, Homosexualität und die Frage, wie das organisierte Verbrechen ein Kiezmilieu zerstört. Ein bisschen viel auf einmal, findet unser „Tatort“-Kritiker.
So war der „Tatort“ aus KölnWenn der Einkaufszettel als Alibi reicht
Der Kölner Fall im „Tatort“
Ein persisches Lokal brennt im Kölner Kiez, der von einem Unbekannten niedergeschlagene Brandstifter stirbt in den Flammen. Verdächtig sind viele: die rechtsradikalen Hooligans, die Fackeln schwingend am Restaurant vorbeigezogen waren, der Besitzer des Lokals (rein zufällig der Verlobte von Freddy Schenks älterer Tochter) und der Bruder des Toten, der dessen Homosexualität nicht akzeptieren konnte. Außerdem entpuppt sich der Vater des Toten als Kiezkönig, der die Kundschaft seines Feinkostladens mit Wucherzinsen und Schutzgelderpressung tyrannisiert. Schenks „Schwiegersohn“ lässt er ins Koma prügeln, weil er ihn für den Mörder hält.
Die Auflösung zum Kölner TV-Neujahrskrimi
Die Brandstiftung gab Schenks Tochter in Auftrag, um sich mit der Versicherungssumme vom Kiezpaten freikaufen zu können. Eine Überraschung war das nicht, denn Sonja Schenk (Natalie Spinell) hatte offensichtlich etwas zu verbergen. Auch auf die Wirtin als Mörderin hätte man wetten können – irgendwie musste sich ihre gleichermaßen prominente wie überflüssige Rolle für den Drehbuchautor Paul Salisbury ja auszahlen.
Eine Mörderin im strengen Sinne ist sie allerdings nicht: Sie wollte dem mutmaßlichen Hooligan nur eins auswischen, sagt sie, und habe noch erfolglos versucht, den Bewusstlosen aus dem brennenden Lokal zu ziehen. Alles eine tragische Verwechslung also.
Das Thema im Kölner „Tatort“
„Einer muss das Schweigen brechen“, beschwört Freddy Schenk eine der Lokalbesitzerinnen, die unter der Knute des lokalen Verbrechens leiden. Die Familie des Feinkosthändlers ist zwar nicht gerade die sizilianische Mafia, aber rücksichtslos genug, um das Glück der Menschen in ihrem Umkreis zu zerstören und den Zusammenhalt der Familien zu zersetzen. In Ansätzen funktioniert „Schutzmaßnahmen“ als Milieustudie gar nicht schlecht, auch optisch macht Köln als rauer Kiez durchaus etwas her.
Leider muss es dann aber persönlich werden: Freddy Schenks Enkelin versucht, ihren verprügelten Stiefvater mit einem Molotowcocktail zu rächen, und Schenks Tochter bedroht den Paten mit vorgehaltener Polizeipistole, weil sie fälschlicherweise glaubt, er habe ihre Tochter entführt. Die Kommissare kommen rechtzeitig hinzu, wobei man gar nicht weiß, wen sie eigentlich vor wem retten. Seltsamerweise hat diese Geiselnahme mit Stichverletzung keinerlei juristische Konsequenzen. „Schwamm drüber“ ist nun mal das Motto der gesamten „Tatort“-Reihe.
Das Fazit zum „Tatort“ aus Köln
In diesem „Tatort“ ging es um Mord, Familie, Homosexualität und die Frage, wie das organisierte Verbrechen ein Kiezmilieu zerstört. Ein bisschen viel auf einmal, vielleicht, aber immerhin erfährt man, dass der Kölner Polizei manchmal schon ein Einkaufszettel als Alibi in einem Mordfall taugt. Am Ende siegt die Gerechtigkeit. Kann man von einem deutschen Fernsehkrimi mehr verlangen?