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Aktionswoche „verbrannt und verbannt“Als in Köln Bücher brannten

Lesezeit 4 Minuten
Auf dem schwarz-weiß-Foto ist ein brennender Scheiterhaufen zu sehen, zu seinen Füßen liegen ein paar unverberbrannte Bücher. Im Hintergrund einige Menschen, darunter auch einige in Uniform.

Die Bücherverbrennung am 17. Mai 1933 in Köln

Eine Aktionswoche erinnert ab dem 10. Mai an die Bücherverbrennung, vor 90 Jahren in Köln. Das Historische Archiv der Uni Köln eröffnet dafür eine Ausstellung zu den Ereignissen.

Am 17. Mai 1933 errichteten Studierende in Köln einen Scheiterhaufen aus Büchern. An der alten Universität an der Claudiusstraße, wo heute die TH Köln steht, stapelten sie Werke, die auf einer schwarzen Liste geführt wurden. Auf dieser stehen Namen wie Bertolt Brecht, Erich Maria Remarque, Karl Marx, Kurt Tucholsky und viele anderen. Denn ihre Werke galten als „undeutsch“.

„Köln hat den traurigen Ruhm, die erste deutsche Universität zu sein, die sich am 17. April 1933 selbst gleichgeschaltet hat“, sagt Andreas Freitäger. Er arbeitet seit 22 Jahren im Historischen Archiv der Universität zu Köln und hat eine Ausstellung zur Bücherverbrennung in Köln kuratiert. Ab dem 11. Mai kann man sie im Foyer der Universitäts- und Stadtbibliothek sehen. Die Eröffnung findet im Rahmen der Aktionswoche „verbrannt und verbannt“ mit vielen Veranstaltungen zu verfemten Autorinnen und Autoren statt.

Die Bücherverbrennung wurde in Köln vom 10. auf den 17. Mai verschoben

Der Impuls zur Bücherverbrennung kam von der Deutschen Studentenschaft, ein Zusammenschluss der Studentenausschüsse aller deutschen Universitäten. „Die Deutsche Studentenschaft war seit 1930 durch und durch braun und von den Nazis unterwandert“, erklärt Freitäger. Sie kündigten eine reichsweite Aktion am 10. Mai an, die in vielen Universitäten auf offene Ohren stieß.

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„Die Deutsche Studentenschaft war seit 1930 durch und durch braun und von den Nazis unterwandert“
Andreas Freitäger

Ursprünglich war die Bücherverbrennung in Köln also für den 10. Mai vorgesehen, dann sagte der damalige Rektor Leupold plötzlich die Teilnahme des Lehrpersonals ab und die Aktion wurde auf den 17. verschoben. Das Rektorat begründete die Verschiebung mit dem schlechten Wetter. Das hält Freitäger aber für einen Vorwand. Vielmehr habe es Machtstreitigkeiten zwischen dem Rektorat und den Studierendenorganisationen gegeben, die mit ihrem Streit über die Durchführung der Aktion auch die eigene Machtposition darstellten. Am Ende nahm das Lehrpersonal an der Bücherverbrennung teil, der Rektor hatte den Machtkampf verloren.

Nationalsozialisten plünderten die Studentenbücherei

Die Bücher, die in Köln auf dem Scheiterhaufen landeten, stammten wahrscheinlich von einer Studentenbücherei, die von Studierenden angelegt worden war. Die eigentliche Bibliothek der Universität hatte man nicht angerührt, das rechtfertigte der wissenschaftliche Zweck. Studierende waren aber angehalten, zu Hause nach Büchern aus der schwarzen Liste zu suchen, und auch kommerzielle Bibliotheken lieferten Brennstoff für den Scheiterhaufen.

Die Bücherverbrennung begann am 17. Mai erst um 21 Uhr. Während die Bücher brannten, sangen Studierende Lieder wie „Ich hatt‘ einen Kameraden“ oder „Burschen heraus!“, hörten Reden, hissten die Parteifahne und die schwarz-weiß-rote Reichsflagge. Zum Schluss marschierten sie mit Fackeln zum Rathenauplatz – der aber 1933 in Horst-Wessel-Platz umbenannt wurde, da Walther Rathenau Jude war.

Die Aktion fand in Köln an der alten Universität statt

„Wahrscheinlich war es aufgrund der Lokalität, die man gewählt hat, nicht gut besucht“, erzählt Freitäger. „In Frankfurt der Römerberg, in Bonn der Marktplatz beim Rathaus, hier in Köln nur der Platz zwischen Universität und Römerpark vor dem Gefallenenwall. Das ist schon abseitig. Und der Arbeiter, der abends noch aus Bayenthal von der Firma nach Hause wankte, den wird das nicht wirklich interessiert haben. Ich vermute, dass das wirklich in dieser akademischen Blase geblieben ist.“

Traurigerweise handelt es sich bei Bücherverbrennungen nicht um ein ausgestorbenes Phänomen. „Auf die symbolische Kraft von Feuer wird noch immer rekurriert. Selbst 2020 werden noch irgendwo auf der Welt Bücher verbrannt.“ Freitäger mahnt dazu, den Anfängen zu wehren. „Es gibt ja den Satz der wehrhaften Demokratie. Ich bin nach den NSU-Morden der festen Überzeugung, dass die Demokratie sehr gewarnt ist und genauer hinschaut.“

In dem Sinne sei es dem Archiv wichtig, den Leuten Zugang zu verschaffen, weshalb die Eröffnung der Ausstellung in der USB auch kostenlos ist. „Es gibt genug junge Leute in diesem Land, die wenig Zugang zu diesen Themen haben, weil sie nicht aus einem bildungsbürgerlichen Elternhaus kommen“.

Aktionswoche „verbrannt und verbannt“

Der Verein des EL-DE-Hauses hat anlässlich dieses Datums eine ganze Aktionswoche namens „verbrannt und verbannt“ organisiert. Vom 10. bis zum 17. Mai erinnern viele Veranstaltungen an die Ereignisse und die damals verfemten Autorinnen und Autoren - aber auch aktuell verbotene Werke stehen im Fokus. Auch zur Eröffnung der Ausstellung des Historischen Archivs der Universität gibt es eine Veranstaltung.

Eine Auswahl von Veranstaltungen

Burnt and Banned - Verb(r)annte Bücher in Köln und unserer US-Partnerstadt Indianapolis, VHS-Forum am Neumarkt, 16. Mai, 18.30 Uhr bis 20 Uhr, Abend in englischer und deutscher Sprache. Eintritt frei.

Irmgard-Keun-Abend mit Annette Keck. Lesung und Kurzfilmvorstellung von Silk Girl18 zu Keuns Buch. 16. Mai 19:30 Uhr im Literatuhaus Köln. Großer Griechenmarkt 39, 50676 Köln.

„Er war sechzehn, als man ihn hängte“. Lesung mit Simon Beeck über den Edeweiß-Piraten Bartholomäus Schink, für Menschen zwischen 6 und 27 Jahren. 16. Mai, 15:30 Uhr. Kooperatives Kinder- und Jugendbüro, Alter Markt 62-64.