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Verleger Benedikt Taschen im Gespräch„Trump ist eine Tragödie“

Lesezeit 7 Minuten

Benedikt Taschen an seinem Kölner Schreibtisch vor einem Werk von Jeff Koons

Herr Taschen, schon Ihr erstes Ladenlokal in Köln befand sich in der Nähe des Neumarkts. Nun sind Sie mit einem Flagship-Store dorthin zurückgekehrt. Wie ist denn Ihre Beziehung zum Neumarkt?

Am Kölner Neumarkt bin ich praktisch aufgewachsen. Zum einen wohnte meine älteste Schwester Hanne und ihr Mann Uli in der Nähe in der Schaafenstraße, und da bin ich fast jeden Tage gewesen. Zum anderen war das die Zeit, als am Neumarkt noch der Kunstverein war, es dort den ersten Hamburger-Laden gab, "Whimpy's", dann die "Bücherstube am Dom", und Walter König hatte seinen ersten Laden in der Breite Straße aufgemacht, die nicht weit weg war.

Aber schon zuvor als Kind habe ich mich einmal am Neumarkt aufgehalten. Denn da gab es 1969 einen alternativen Kunstmarkt - da waren praktisch alle Avantgarde-Künstler jener Jahre. Dort habe ich verkauft, was ich gemalt und gezeichnet hatte: für 800 Mark an einem Tag. Dass wir jetzt wieder am Neumarkt sind, ist eine Fügung.

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Wie fühlt es sich denn an?

Das ist ein Gefühl, das mir gut gefällt. Ich bin froh, dass wir in diesem Gebäude sind. Erstmals können wir in Köln wirklich zeigen, was wir machen. Am Ring hatten wir in dem kleinen Eckladen überhaupt keinen Platz, um unser Programm zu zeigen. Und jeden Morgen muss hier, wo der Verlag sitzt, eine halbe Stunde lang der Eingang geputzt werden. Überall liegen dann die Flaschen herum. Das ist völlig daneben. Da müsste man ganz anders durchgreifen. In der Soziologie wird das die "Broken- window-Theorie" genannt: Wenn man einen Schaden nicht sofort fixiert, ist bald alles verlottert. Das war früher am Ring nicht so.

War das früher ein besseres Köln?

Das kann ich nicht beurteilen. Ich bin in der Kölner Südstadt geboren und ab 1963 in Köln-Mülheim aufgewachsen - für mich war das das ideale Umfeld, aber ich kannte auch kein anderes. Köln war groß genug, um ausreichend Abenteuer zu bieten, und klein genug, um in einer Stunde einmal mit der Straßenbahn durchquert zu werden. Auch hat mir die Mentalität gefallen. Was mir nur immer auf den Keks gegangen ist, dass die Kölner so fokussiert auf sich selber sind und keine Ahnung haben, dass das Leben außerhalb der Stadtgrenzen weitergeht.

Das hat sich zuletzt ein wenig geändert...

... das wurde auch Zeit. Aber noch einmal: Ich habe in Köln eine sehr glückliche Zeit gehabt, auch später wegen der vielen Künstler. Aber ich bin jetzt froh, dass ich in Los Angeles wohne.

Wie nehmen Sie die USA unter Donald Trump wahr?

Kalifornien ist - wie auch die Ostküste - bekanntlich nicht vergleichbar mit dem Rest des Landes. Da bekommt man nicht so intensiv mit, was in den anderen Landesteilen gedacht wird. Aber die Amerikaner, die ich kenne, sind sehr besorgt, schockiert und peinlich berührt. Das alles ist schon ziemlich grauselig.

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Verleger Benedikt Taschen

Haben Sie Donald Trump einmal kennengelernt?

Nein. Barack Obama habe ich mal getroffen und Bill Clinton auch. Ich hatte aber auch nie ein Interesse daran gehabt, Trump zu treffen.

Ich habe ein fundamental anderes Verständnis von Gesellschaft, Politik und Geschäft als er. Trump ist eine Tragödie für dieses ebenso großartige wie zerrissene Land. Er spricht immer vom Kampf, vom "better deal". Ich habe das nie so empfunden. Für mich kann ein Geschäft nur eines sein, das allen Seiten Segen oder Profit bringt. Ich habe kein Verständnis dafür, jemanden übervorteilen zu wollen. Trump ist verrückt und die Republikaner sind zu machtorientiert oder zu feige, sich von ihm zu distanzieren.

Die Geschäftsleitung des Taschen Verlags hat sei Jahresbeginn Ihre Tochter Marlene inne. Wofür ist das ein Zeichen?

Zunächst einmal dafür, dass ich sie sehr schätze. Als sie mich fragte, ob wir nicht zusammenarbeiten sollten, habe ich sofort zugestimmt. Sie hat Fähigkeiten, die ich nicht habe. Und jetzt ist sie Geschäftsführerin - das freut mich sehr. Es gibt kaum eine Branche, in der man so viele Fehler machen können wie in dieser. Und dann produzieren wir die Bücher ja auch noch in mehreren Sprachen. Auf jeder Seite können sie vieles verkehrt machen - und dann heißt es: Was ist denn das für ein Deppenladen. Weil wir aber keine Fehler machen wollen, ist das, was wir tun, superaufwendig und langwierig. Das gelingt nur in einem gut funktionierenden Team.

Sie haben mal gesagt, das Verlagsprogramm sei eine Art Autobiografie, weil Sie das publizieren, was Sie interessiert. Gilt das immer noch?

Selbst wenn das Thema nicht autobiografisch ist, gehört doch immer sehr viel Persönliches dazu. Darüber hinaus haben viele Bücher des Verlags Wurzeln, die in meine Kindheit und Jugend zurückgehen. Es ist ja auch kein Zufall, dass ich in Kalifornien lebe. Denn ich bin amerikanisiert aufgewachsen - über die Fernsehserien von "Flipper" bis "Bonanza". Dann die Musik. Und Comics habe ich zu sammeln begonnen wegen Carl Barks, der Donald Duck kreiert hat. Darüber habe ich viel über den Kapitalismus und Amerika erfahren.

Später dann die Bücher von John Steinbeck, Charles Bukowski, Raymond Chandler. Schließlich Architektur und Kunst. Als ich dann 1980 das erste Mal in Kalifornien war, kam mir das alles sehr vertraut vor. Also, bei vielen Büchern des Verlags gibt es ein persönliches Interesse. Wir haben nie etwas wegen des Geldes verlegt. Das mag sich komisch anhören, aber ich habe das wirklich nie gemacht. Wir haben das Programm immer als Familien- und Freundeskreis gesehen. In den meisten Fällen hat es dann auch funktioniert.

Welche Rolle spielt denn das Internet für einen Verlag, der sehr viele Bildbände veröffentlicht.

Das ist eine enorme Konkurrenz, weil mittlerweile so viele Bilder im Netz angeboten werden. Aber es ist auch eine Herausforderung, etwas anderes zu machen. Wenn man jemandem einen Grund liefern will, zum Buch zu greifen, dann muss man auch etwas dafür tun - egal ob das Buch zehn Euro oder 1000 Euro kostet.

Das Kunstbuch funktioniert also immer noch auf dem Markt?

Das läuft ganz gut. Vor allem ist es sehr stabil. Da sind wir zufrieden. Unsere Aufnahmen sind auch sehr aufwendig - also, wir lassen die Bilder dann auch ausrahmen, was den Museen nicht so gefällt. Aber wir brauchen die hohe Qualität, weil wir auch viele Detailansichten anbieten. Und wir können dann über Jahre hinweg immer wieder darauf zurückgreifen.

Sie besitzen auch eine große Kunstsammlung. Haben Sie mal daran gedacht, die in ein Museum zu geben?

Nein, denn ich lebe ja mit den Bildern. Das Tolle ist, dass ich die Kunst um mich haben kann.

Das bislang größte Buchprojekt des Verlags war der monumentale Band über Muhammad Ali. Gibt es da ein ähnliches Projekt für die Zukunft?

So ein Mammutthema ist enorm zeit- und kraftraubend, das macht man besser nur alle zehn bis 15 Jahre, denn da bleibt nicht viel Zeit für anderes. Wir haben zwei Großprojekte, über die ich im Moment nicht sprechen kann. Aber, back to the roots, arbeiten wir auch an zwei großen Büchern über Dalí und Magritte.

Da schließt sich der Kreis. Ein Magritte-Band war Ihr erster Verkaufserfolg gewesen.

So ist es. Damals haben wir die amerikanische Ausgabe für einen Dollar gekauft und für 9,95 Mark verkauft - und damals war der Dollar so viel Wert wie eine Mark. Da haben wir Glück gehabt. Grundsätzlich glaube ich daran, dass Sie Glück haben müssen. Viel zu viele erfolgreiche Menschen meinen ja, dass sie selbst für ihren Erfolg verantwortlich sind. Aber das ist völliger Quatsch. Wenn Sie das Glück nicht haben, können Sie machen, was Sie wollen.

Zur Person Benedikt Taschen

Benedikt Taschen, 1961 in Köln geboren und in Los Angeles wohnhaft, eröffnete 1980 in der Kölner Lungengasse einen Comicbuch-Laden. Aus dem hat sich der weltweit operierende Taschen-Verlag entwickelt, der mit aufwendig gestalten und mehrsprachigen Bildbänden zu Kunst und Kulturgeschichte erfolgreich ist.

Der Verlag hat seinen Sitz in Köln. Benedikt Taschen ist der Verleger und seine Tochter Marlene die Geschäftsführerin. Insgesamt 13 Flagship-Stores gehören zu dem Unternehmen. Jüngst wurde ein solcher am Kölner Neumarkt eröffnet.

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