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WahlwerbespotsLaschet onkelt, Scholz kanzlert und ein Nordmann bläst ins Bockshorn

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Szene aus dem Wahlwerbespot des SSW 

Köln – Der Nordmann bläst ins Bockshorn. Ein Krieger im Kettenhemd tritt aus der Reetdachhütte. Die Ernte sei erbärmlich, ruft er den Leuten von Nordgard zu, der Zustand der Straßen ebenso, Silber wandre in den Süden.

„Wenn der Sommer vorübergeht, ziehen wir in den Osten, um die Gunst der Götter wiederzugewinnen!“

Prompt betritt ein schmunzelnder Herr im Anzug die Szene und bittet um die Zweitstimme der Wähler: „Wir segeln für euch nach Berlin.“ Hinter ihm entrollt sich ein blauer Vorhang, jemand zündet eine Konfettikanone.

Alles zum Thema Armin Laschet

Zum ersten Mal seit 1961 bewirbt sich der Südschleswigsche Wählerverband SSW, Partei der dänischen Minderheit, für ein Bundestagsmandat. Ihr Wahlspot ist ein klarer Gewinner.

Es ist leichter, wenn man sich nicht staatstragend geben muss. So wie Armin Laschet (CDU), der dem Wähler in Großaufnahme bei geringer Schärfentiefe ganz nahe kommt: „Mein Vater war Bergmann“, hebt er an. Das nächste Bild zeigt ihn unter Tage im Kreis von Kumpeln.

Dann, in amerikanischer Einstellung, sitzend, ganz Staatsmann: „Als Ministerpräsident habe ich die letzte Zeche geschlossen. Ich weiß, was Veränderung bedeutet.“ Ein starker Einstieg: bescheidene Anfänge, Traditionsbewusstsein, Mut zu unbequemen Entscheidungen.

In den Kommentaren lästert man indes, dass Laschet in der Grube als einziger mit Kohlenstaub geschminkt wurde. Im Spot hagelt es Klischees: Elbphilharmonie, Neuschwanstein und Dom beschwören „das ganze Land“. „Mein Deutschland“, schwärmt Laschet, der Kopf kommt immer näher, „ist ein weltoffenes Land.“ Modellschöne Menschen stellen Sicherheit und Religionsfreiheit dar.

Plötzlich brennen Bäume, Wasser umtost ein Stop-Schild, wir sehen Laschet, ganz ernst, beim Kümmern im Flutgebiet zu. Ein Autoaußenspiegel steht für das Industrieland, Windräder dafür, dass es aber schön klimaneutral zugehen soll, und junge Lehrerinnen für ein „Land der digitalen Dichter und Denker“.

Die Alliteration ist schwer zu schlucken, aber der Kandidat onkelt kalmierend in die Kamera: „Ich bin Armin Laschet“ – Kunstpause – „und ich weiß, dass wir das können.“ Häme ist unangebracht, er hat das gut gespielt.

Scholz schon im Kanzleramt

Doch wo er hin will, ist schon Scholz. Erst sieht man im Spot der SPD nur entschlossen voranschreitende Beine, fast wie im „Tatort“-Vorspann, aber keine Angst, die gehören nur dem Finanzminister. Nicht jedoch die Stimme, die dazu schwört, ihre ganze Kraft dem Wohl des deutschen Volkes zu widmen. Die gehört Helmut Schmidt, der sich 1974 vereidigen lässt.

Vor dem Kanzleramt, wenn auch nicht an dessen Toren rüttelnd, steht aber Scholz. „Als Schmidt Deutschland aus der Krise führte, stieg er für dich in die Politik ein“, erklärt zwangsduzend eine Sprecherin. Als gäbe es eine logische Verbindung. Dazu eine Fotografie des jungen Scholz mit Hobbit-Frisur und die Aufzählung von Ämtern und Verdiensten: Arbeitsminister, Hamburger Bürgermeister, Vizekanzler. Kurzarbeitergeld, Wohnungsbau, Gerechtigkeit.

Scholz betrachtet, milde beeindruckt, Aufnahmen seiner selbst, an eine weiße Mauer projiziert. Es folgt der beste Claim des Spots: „Mit Wumms gegen Corona“ – das hätte man auf Plakate drucken sollen. Doch nun spricht der Kanzler in spe: Es gehe jetzt darum, viel mehr zu schaffen. „Dafür bitte ich um ihre Stimme. Darum möchte ich unserem Land als Kanzler dienen.“

Kein Lächeln, nur Ernst und Demut. Glatt könnte man übersehen, dass er währenddessen schon nassforsch auf den Zinnen des Kanzleramtes steht. Ob Merkel die Aufnahmen genehmigt hat?

Den „Kein schöner Land“-Clip der Grünen haben wir bereits besprochen. Man wird ihn sich noch Jahre später angucken und den Kopf schütteln über diese verrückten 2020er Jahre.

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Mit schief gesungenem Liedgut reüssierte Walter Scheel schon anno 1973, unter Christian Lindner hat sich die FDP ästhetisch so weit wie nur möglich vom gelben Wagen entfernt. Ihr Werbespot setzt sich zum größten Teil aus aneinandergereihten, unterbelichteten Schwarz-Weiß-Fotografien zusammen, wie Chris Markers berühmter Science-Fiction-Experimentalfilm „La Jetée“.

„Irgendwann kommt der Punkt“, raunt dazu ein Sprecher wie Otto Sander selig, „an dem du weißt, so wie es ist, darf es nicht bleiben.“ Dazu ominöses rhythmisches Gepolter, wie kurz vorm Lustmord im „Aktenzeichen XY“-Einspieler.

Erst nach der Erkenntnis, dass Digitalisierung das Überlebensthema ist, sieht man Lindner auch mal lächeln, den Klimawandel bekämpft er mit der VR-Brille, das soll für die „Freude am Erfinden“ stehen.

Ähnlich apokalyptisch der Beitrag der Linken: Hier hämmern alternierend zwei Klaviertasten, werden Schwarz-Weiß-Bilder in Blutrot getaucht. Erst die Botschaft „Wirtschaft muss endlich der Gesellschaft dienen, nicht andersherum“ grenzt die Botschaft final von der FDP ab.

Die AfD lässt einen für sich sprechen, der die Normalität für sich reklamiert, als wäre die ein Verdienst: Martin Schmidt will der heißen, steht früh auf und sorgt für seine „kleine Familie“. Aber was muss er auf dem Weg zur Arbeit sehen? Mülltüten am Laternenpfahl, unbescholtene Deutsche, die von der Polizei kontrolliert werden, während vorm „Wettkasino 4000“ ein weißer Ganovenschlitten parkt.

Herr Schmidt wünscht sich, dass „die Regierung uns nicht nur abkassiert, wo es geht“. Dazu sehen wir ihn, sich wundernd, Diesel tanken: „All das war doch mal normal in Deutschland.“ Ein Leben im Präteritum. Gegen Herrn Schmidt nehmen sich die Kettenhemden-Männer aus Nordgard fortschrittlich aus.