Sabine und Luca arbeiten schon seit 2015 als Komparsen. Dabei haben sie schon in allen möglichen Film- und Serienprojekten mitgespielt, die in Köln gedreht wurden.
Tatort, Babylon Berlin, Cobra 11Kölner spielen in Dutzenden Filmen als Komparsen mit
Sie haben schon in Babylon Berlin, einigen Tatorten und Netflix-Filmen mitgespielt, sind aber trotzdem keine bekannten Stars. Sabine und Luca sind ein Kölner Paar und arbeiten seit acht Jahren als Komparsen. Erst ihre Arbeit vor der Kamera lässt einen Film lebendig wirken.
„Im Prinzip machen wir alles querbeet, was im Umkreis von Köln gedreht wird“, erzählt Luca. Im Lebenslauf des Paares stehen Filme wie Gladbeck, Catweazle und Gut gegen Nordwind, aber auch Serien wie Marie Brand, Alarm für Cobra 11 und Pastewka. Die Produktion von Wilsberg bucht sie schon seit vier bis fünf Jahren als Finanzmitarbeitende. „Mittlerweile ist selbst einem der Hauptdarsteller aufgefallen, dass wir immer wieder da sind“, erzählt Sabine. „Er meinte dann: Hier arbeiten auch immer dieselben Pappenheimer.“ Beim Tatort waren sie auch, vor allem in Dortmund, Köln und Münster. „Sabine war auch mal eine Leiche, die beim Tatort vom Gürtelmörder ermordet wurde.“
Das Paar zog für Praktika nach Köln und blieb für die Komparserie
Kennengelernt haben sich die beiden im Filmstudium in Dortmund. Danach zogen sie für Regie-Praktika nach Köln. Folgeprojekte haben sich leider nicht ergeben. Die beiden merkten, dass die von ihnen betreuten Komparsen mehr Tagesgage verdienten als sie. „Da dachten wir: Wenn alle Stricke reißen, machen wir erstmal Komparserie.“ Zusätzlich sorgen sie mit Jobs in der Komparsenbetreuung, Regieassistenz und als Spielleiter in einem Escape Room für ihren Lebensunterhalt.
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Da sie sich oft im Hintergrund des Geschehens aufhalten und auch ihr Äußeres für die Rollen verändern, erkennen Sie manchmal nicht mal ihre Freunde. Zum Beispiel war Luca bei Babylon Berlin zu sehen – ohne Bart und verkleidet als Polizist. In einer Szene bewacht er am Bahnhof den Bürgermeister vor einer Nazi-Demonstration. „Dann brach die Schlägerei aus, einer hat gepfiffen und es kamen die anderen Polizisten mit Gummiknüppeln angerannt. Wir hatten drei Stuntmen in der Meute und eine Steadycam, die die filmt. Der Rest der Komparsen sollte sich möglichst authentisch prügeln, ohne sich zu verletzen. Wir haben das über den ganzen Abend gedreht, nur diese Szene, mussten uns bestimmt 20 Mal prügeln. Du warst so drin in dieser Szene. Ich hatte überall blaue Flecken, einer wurde gebissen.“
Als Komparse verdient man sein Geld auch wartend
Entsprechend körperlich anstrengend kann der Job als Komparse sein, selbst wenn es nicht immer so spektakulär zugeht. Es gibt sehr viel Wartezeit, etwa wenn Szenen umgebaut werden, die Filmschaffenden sich besprechen oder man gerade nicht selbst im Bild ist. „Es gab schon viele Drehtage, da kamen wir gar nicht dran, haben fürs Rumsitzen Geld bekommen und wurden nach 10 Stunden nach Hause geschickt.“
Trotzdem betonen die beiden, dass man als Komparse auch eine gewisse Verantwortung trägt. Das merken sie auch daran, dass neue Komparsen sich oft erstmal in die Abläufe am Set einfinden müssen. „Es sind schon anspruchsvolle Aufgaben“, sagt Luca. „Du musst da schon Respekt dafür haben und du musst es auch wollen. Du stehst nicht einfach im Bild und verdienst locker dein Geld.” Im schlimmsten Fall können Komparsen Schuld daran sein, dass eine Szene neu gedreht werden muss.
Im Film „Gladbeck“ hatten sie ihre ersten Komparsenjobs
Am liebsten sind den beiden historische Settings, auch weil das mit besonderen Geschichten und Kostümen verbunden ist. Die Verfilmung der Geiselnahme von Gladbeck war der erste Dreh der beiden als Komparsen. In einem der Drehtage ist Sabine auch als Double für eine Darstellerin reingerutscht, die am Drehtag krank war. „Die hat die gleiche Größe wie ich, die gleiche Kleidergröße, dieselbe Haarfarbe. Dann haben die gefragt: Dürfen wir dir die Haare schneiden? Würdest du das machen? Im Endeffekt haben die mir für die Szene einen Vokuhila geschnitten.“ Damit war ein ganzer Drehtag gerettet.
In der Szene wurde sie in einen Bus gesetzt, der entführt wurde. Mehr Anweisungen bekam sie nicht. „Ich war dann auch ein bisschen unsicher, weil ich nicht wusste, wie ich mich verhalten sollte. Dann hieß es: Ok, wir drehen jetzt. Die Schauspieler hatten in ihrer Rolle so eine aggressive Ausstrahlung, dass ich nicht wirklich was spielen musste. Du hast automatisch weggeguckt, hast dich klein gemacht, warst möglichst unauffällig in deinem Sitz. Für einen Moment hatte ich wirklich Angst vor denen.“
Fürs Knutschen gibt es eine Zulage
Grundsätzlich versuchen sie möglichst Dinge zusammen zu machen. „Knutschendes Pärchen waren wir auch öfter mal“, erzählt Luca. Dafür kriege man sogar eine „Knutschzulage“. Andere Zuschläge gibt es, wenn man Überstunden macht, Requisiten mitbringt oder nach 22 Uhr dreht.
Bei all dem ist nicht garantiert, dass man am Ende wirklich im Film zu sehen ist. Oft werde man rausgeschnitten oder es ist nur eine Schulter im Bild. Bei größeren Projekten freuen sich die beiden schon, wenn sie auch zu sehen sind, ansonsten sei ihnen das nicht so wichtig. „Wir gucken die Filme eigentlich nie, außer wir haben wirklich viele Drehtage und wollen dann sehen, wie die Szene geworden ist. Aber mehr so aus Interesse, wie das aus Filmemacher-Sicht geworden ist.“ Hinzu kommt, dass die beiden wenig deutsches Fernsehen schauen.
Sabine arbeitete in Til Schweigers „Manta Manta - Zwoter Teil“ als Crowd Marshall
Entsprechend entspannt sind sie mit den vielen bekannten Gesichtern, die um sie herum auftauchen. Jürgen Vogel, Bastian Pastewska, Christoph Maria Herbst, Tatort-Ermittler wie Jan Josef Liefers und Axel Prahl, Katja Riehmann, Nora Tschirner, Armin Rohde. Und auch Til Schweiger, für dessen „Manta Manta - Zwoter Teil“ Sabine als Crowd Marshall arbeitete, also als eine Regieassistentin für eine große Menge an Komparsen. „Viele Leute sind ein bisschen starstruck. Wir und viele von den anderen Komparsen machen das regelmäßig. Du gehst nicht hin und fragst die nach einem Autogramm, das gehört sich nicht. Wenn das 200 Leute machen, kannst du den Drehtag eigentlich einpacken.“
Trotzdem ergeben sich auch schöne Gespräche mit den Darstellern, besonders wenn sie sich auf offenere, nicht so zurückgezogene Rollen vorbereiten. „Jürgen Vogel und Christoph Maria Herbst spaßen die ganze Zeit mit den Komparsen rum, die machen oft Unsinn, dann kannst du mit denen quatschen.“
Die „lebenden Requisiten“ machen das Bild erst lebendig
Mit dem Job kommt auch eine besondere Wertschätzung für den finalen Film. Die beiden sind sich durch ihre Erfahrung bewusst, wie viele Dinge zusammenkommen müssen und wie viel Aufwand hinter einer einzigen Szene steckt. „Du drehst im Endeffekt den ganzen Tag zwischen zwei bis vier Minuten und bist 10 Stunden da.“
Als lebende Requisiten werden Komparsen zwar oft übersehen, für das Gesamtkunstwerk spielen sie aber auch eine wichtige Rolle vor der Kamera. „Es ist wie mit dem Ton. Wenn es kacke ist, es rauscht oder aussetzt, merkst du es sofort. Wenn es gut ist, fällt es niemanden auf. Bei Komparsen ist es auch so. Wenn die fehlen, wirkt der Film tot, gerade in einer Szene in einer Bar oder so. Aber wenn sie da sind, ist es normal. Komparsen machen das Bild lebendig.“