Köln – Klar, die beiden TV-Trielle mit den Kanzlerkandidaten von CDU, SPD und Grünen stellen für die Moderatoren Herausforderungen dar, um die sich nicht zu beneiden sind. Weil die drei Parteien in den aktuellen Umfragen nah beieinander liegen, geht es um viel. Die in dieser Situation einsichtige Devise der Bewerber „Jetzt nur ja keine Fehler machen“ führt zu klassischen Wagenburg-Situationen.
Denn mit allzeit abrufbaren Argumentations-Versatzstücken panzern sich die Kandidaten nicht nur gegen Angriffe ihrer Gegner, sondern auch gegen kritische Fragen. Allenfalls Armin Laschet musste zumal im zweiten Triell angesichts seines Rückstands von der Defensive auf Attacke umschalten – und lief dabei die Gefahr, Fenster der Verwundbarkeit zu öffnen.
Scheiterndes Eingangsgeplänkel
Wie Versuche, die drei aus der Deckung zu holen, scheitern können, zeigten spektakulär gleich die Eingangsgeplänkel in beiden Triellen – dem von RTL vor zwei Wochen und demjenigen von ARD und ZDF am vergangenen Sonntag. Pinar Atalay und Peter Klöppel bei RTL stellten sich dabei sogar noch dümmer an als Maybrit Illner und Oliver Köhr bei den Öffentlich-Rechtlichen. „Warum kann Gegenkandidat x nicht Kanzler?“ – eine erwartungsgemäß ins Leere laufende Frage, die nicht einmal als Lockerungsübung funktionierte.
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Illner und Köhr versuchten, Koalitionspräferenzen herauszukitzeln – was ebenfalls ziemlich, aber immerhin nicht ganz so erfolglos geriet: Die programmatische Nähe von SPD und Grünen wurde – auch im späteren Verlauf des zweiten Triells – schon mehr als deutlich. Was das Ja oder Nein zu einer Koalition aus SPD und Linkspartei mit dem angeblichen Wählerwillen zu tun haben soll, blieb hingegen Scholz' Geheimnis. Wer mit den Linken aus inhaltlichen Gründen nicht koalieren mag, kann das auch ganz unabhängig vom prospektiven Wahlergebnis zu Protokoll geben.
Weil, wie gesagt, zumal Laschet im zweiten Triell aggressiver agierte als im ersten (ohne dass man ihm den aus purer Not aktivierten Angriffsmodus unbedingt hätte abnehmen können), war diesmal einfach mehr los – Atalays leicht frustrierte Selbstaufforderung, ein „bisschen Tempo reinzubringen“, drängte sich jetzt nicht im selben Maß auf wie vor zwei Wochen.
Konziser, strukturierter, besser
Aufs Ganze gesehen führt allerdings kein Weg an der Feststellung vorbei: Das RTL-Triell war vom Verlauf und vom dramaturgischen Konzept her eklatant konziser, übersichtlicher, strukturierter, kurzum: journalistisch besser als die zweite Auflage bei ARD und ZDF. Dass ausgerechnet RTL den Öffentlich-Rechtlichen hier etwas vormacht, sollte für diese Grund genug sein, sich in die Schamecke zu stellen.
Freilich: Dass es beim Kölner Privatsender in Sachen Seriosität und Professionalität so gut klappte, war weniger Klöppel zu verdanken (der mit seinem zuweilen „boulevardesken“ Fragestil durchaus noch jene alten Infotainment-Zeiten heraufbeschwor, die RTL hinter sich lassen will) als vielmehr dem hochkarätigen ARD-Import Atalay.
Ärgerliches Kontrastprogramm
Der ersten Veranstaltung hatte zumal eine klare thematische Schwerpunktbildung zum Vorteil gereicht: Afghanistan, Corona, Klima, Steuerpolitik, Zusammenleben – das waren fünf Säulen, die in der zeitlichen Folge übersichtlich nebeneinander gestellt wurden. Dass Digitalisierung und Renten nicht drankamen – sicher ein Fehler, der letztlich aber zu verschmerzen war.
Bei Illner und Köhr dann ein ärgerliches Kontrastprogramm: ein ziel- und strukturloses Mäandern zwischen den Gegenständen, das sich nur durch hoffnungslose Überforderung erklären ließ. Ganz auffällig wurde es an der Stelle, da man von der Digitalisierung überraschend wieder auf Corona zurückschwenkte – weil da angeblich noch etwas undiskutiert stehen geblieben war. Sorry, aber so etwas verdient ein blamabler Anfängerpatzer genannt zu werden.
Schnöde abgebrochen
Und wenn es einmal, wie beim Thema Maaßen und der „Mauer gegen rechts“, wie überhaupt beim Komplex „Rot gleich braun“, wirklich interessant wurde, wurde ohne jedes „Themengefühl“ schnöde abgebrochen. Zum Nachteil gereichte der Veranstaltung zudem, dass – anders als im Fall von Klöppel und Atalay – Illner und Köhr nicht wirklich miteinander interagierten oder gar harmonierten. Da entstanden viele Reibungsverluste, an denen Illner noch am wenigsten schuld war.
Verwunderte Frage am Rande: Die politische ARD hat hervorragende Moderatoren in ihren Reihen – warum muss sie zu einem solchen Termin, da es nun wirklich drauf ankommt, ausgerechnet ein Leichtgewicht wie den unbedarften Sunnyboy Köhr schicken?