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Kommentar

„Deal“ mit „Klima-Klebern“?
„Lasse mich nicht nötigen“ – Warum Kölns OB sich richtig verhält

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Klimakleber Klima-Aktivisten Köln Heumarkt 2023-01-06

Am Heumarkt hatten sich „Klima-Kleber“ Anfang Januar festgeklebt.

Ihr unterstützt unsere Ziele, wir hören auf zu kleben – dieser Idee der „Letzten Generation“ hat Henriette Reker eine Abfuhr erteilt. Alles andere hätte den Staat dem Vorwurf ausgesetzt, erpressbar zu sein.

Stellen wir einmal ein Gedankenexperiment an: Eine schlagkräftige, gut organisierte und wild entschlossene Gruppe von Rentnerinnen und Rentnern verlangt angesichts der grassierenden Altersarmut von der Bundesregierung eine sofortige Rentenerhöhung um mindestens zehn, besser 15 Prozent. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, versperren die Altersaktivisten den Zugang zu öffentlichen Einrichtungen und drohen damit, Lebensmittel in Supermärkten ungenießbar zu machen.

Politische Forderungen müssen mit politischen Mitteln ausgetragen werden

Sollte die Regierung zur Wahrung des öffentlichen Friedens reagieren und auf das – inhaltlich nachvollziehbare – Begehren eingehen? Wohl kaum. Politische Forderungen müssen mit politischen Mitteln ausgetragen werden. Strafbare Nötigung gehört nicht dazu.

Genau das aber sind die Methoden der „Letzten Generation“ mit ihren Klebeaktionen, dem Beschmieren von Kunstwerken und den Sitzblockaden auf Straßen und Plätzen überall in der Republik. Als jüngstes „Event“ reiht sich die Farbattacke gegen das Grundgesetz-Denkmal in Berlin in die Reihe aufsehenerregender Aktionen ein.

Alles zum Thema Letzte Generation

Grundrechte mit öliger Schmiere unkenntlich zu machen, ist daneben

Man kann den Standpunkt vertreten, dass die fortschreitende Zerstörung der Umwelt und der Klimawandel elementare Rechte wie das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verletzen. Aber diese Grundrechte mit öliger Schmiere symbolisch unkenntlich zu machen, ist vollkommen daneben.

Es ist ein Fehler, dass sich die Oberbürgermeister mehrerer Städte auf „Deals“ mit den Klimaaktivistinnen und -aktivisten eingelassen haben, nach dem Motto: Wir unterstützen eure Ziele, und ihr hört auf mit dem Kleben. Sie erwecken damit den Anschein, als gingen sie auf die Forderungen ein, damit Bürgerinnen und Bürger Ruhe hätten vor weiteren Nötigungen und unliebsamen, lästigen Störungen. Landläufig nennt man so etwas eine erfolgreiche Erpressung. Ihr nachzugeben, bringt den Staat und seine Institutionen in Misskredit.

Henriette Reker: „Ich lasse mich nicht nötigen“

Aber auch die Kämpferinnen und Kämpfer für mehr Klimaschutz – ein unbestritten notwendiges Ansinnen – sehen dabei nicht gut aus. Es ist nur scheinbar ein Sieg für die „Letzte Generation“, wenn sie sich jetzt der Unterstützung von Großstadtpolitikern in Hannover, Marburg und Tübingen rühmt, die auf dem Weg der Nötigung entstanden ist. Der Zweck heiligt nun mal nicht alle Mittel.

Carsten  Fiedler

Carsten Fiedler

Carsten Fiedler, Jahrgang 1969, ist Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Geschäftsführender Chefredakteur des Newsrooms der Kölner Stadt-Anzeiger Medien. Begonnen hat Fiedlers Karriere in der...

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Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat nur einen kurzen Tweet gebraucht, um die seltsame Gemengelage offenzulegen: Auf wesentliche Ziele der „Letzten Generation“ habe sich die Stadt längst verpflichtet, als sie den Klimanotstand erklärte. „Ich bin Ansprechpartnerin auch für Engagierte, denn ich teile die Besorgnis“, ließ Reker die „Letzte Generation“ wissen. „Ich lasse mich aber nicht nötigen.“

Die OB hat dem Druck zu Recht nicht nachgegeben

Die OB hat damit gut reagiert. Sie hat dem wachsenden Druck der Straße, den die „Letzte Generation“ mit beinahe täglichen Aktionen in Köln ausübt, zu Recht nicht nachgegeben.

Es gibt – und das geht vor lauter Erregung über die „Letzte Generation“ gern einmal verloren – tatsächlich einen Notstand: die Bedrohung der Lebensgrundlagen auf dem Planeten Erde infolge von Umweltzerstörung und Klimawandel. Dass wir alle miteinander umdenken und neu handeln müssen, ist eine Einsicht, die zwar noch nicht verbreitet genug ist, aber doch um sich greift.

Forderungen müssen erfüllbar sein, ohne Unbeteiligte an den Rand des Wahnsinns zu treiben

Die „Letzte Generation“ will jetzt konkret das Neun-Euro-Ticket, ein Tempolimit auf Autobahnen und „Klimaräte“. Das müsste doch auch zu haben sein, ohne den innerstädtischen Verkehr lahmzulegen und unbeteiligte Menschen auf dem Weg zu dringenden Terminen an den Rand des Wahnsinns zu treiben.

Wenn Bund und Länder die Klimakrise energischer und konsequenter bekämpfen würden; wenn es endlich ein klares Bekenntnis aller Ampel-Parteien zur Einhaltung des Klimaschutz-Gesetzes gäbe, dann wäre schon viel gewonnen, und die Aktivisten könnten sich den Klebstoff sparen.

Mit ihren fortgesetzten Störaktionen baut die „Letzte Generation“ falsche Gegensätze und Konfliktlinien auf. Sie überschreitet mit strafbarem Handeln die rote Linie. Die Verantwortlichen im Staat sollten ihnen dabei nicht auch noch mit falschen „Deals“ folgen.