AboAbonnieren

HauptstadtflughafenPolizei nimmt Klimaaktivisten nach Protestaktion in Gewahrsam

Lesezeit 4 Minuten
Ein Passagierflugzeug der Fluggesellschaft Eurowings rollt zum Terminal 1 vom Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg «Willy Brandt» (BER).

Flugzeuge am Hauptstadtflughafen BER können vorerst nicht starten.

Klimaaktivisten haben sich Zugang zum Hauptstadtflughafen BER verschafft. Deshalb wurde der Flugbetrieb vorerst eingestellt.

Klimaaktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ haben den Flugbetrieb am Hauptstadtflughafen BER für fast zwei Stunden lahmgelegt. Nach Angaben der Bundespolizei verschafften sich zwei Gruppen bestehend aus jeweils mehreren Menschen am Donnerstagnachmittag Zugang zum Flughafengelände. Einige von ihnen hätten sich am Boden festgeklebt.

Nach der Störaktion am Hauptstadtflughafen BER hat das Landeskriminalamt (LKA) Brandenburg die Ermittlungen übernommen. Es ermittele gegen sechs Klimaaktivisten unter anderem wegen gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr, Störung öffentlicher Betriebe sowie Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung, sagte Polizeisprecher Mario Heinemann am Freitag.

Ein Klimaaktivist ist noch in Gewahrsam

Fünf Männer und eine Frau im Alter von 20 bis 32 Jahren seien am Donnerstag bei der Aktion auf dem Flughafengelände in Schönefeld festgenommen und in Gewahrsam genommen worden. Einer der Männer sei auf richterlichen Beschluss weiterhin dort, so der Sprecher. Die anderen Beschuldigten sind nach seinen Angaben wieder auf freien Fuß.

Alles zum Thema Letzte Generation

Die Gruppe selbst teilte mit, dass einige Aktivisten mit Fahrrädern über das Gelände gefahren seien. Der Berliner Flughafen stoppte den Betrieb auf beiden Start- und Landebahnen. Gegen 18.15 Uhr kam dann Entwarnung, nach Angaben eines BER-Sprechers wurden beide Pisten wieder freigegeben.

Fünf Starts mussten durch die Aktion gestrichen werden, davon waren dem Flughafen zufolge 750 Passagiere betroffen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing kritisierte das Vorgehen der Aktivisten scharf. Das Demonstrationsrecht sei zwar ein Grundrecht, doch die Aktionen würden „immer skrupelloser“, teilte der FDP-Politiker am Abend über eine Sprecherin mit. „Die Gesellschaft kann ein solches Verhalten nicht hinnehmen.“ Der Rechtsstaat müsse dagegen „entschieden vorgehen“.

Berlin: Aktivisten streamen Aktion auf Twitter

Die Aktivisten streamten die Aktion live bei Twitter. Dort war zu sehen, wie sie kurz nach 16.00 Uhr einen Zaun durchknipsten und auf das Flughafengelände gingen. Anschließend hielten sie Banner in die Kamera und erklärten ihre Motive. Es war auch zu sehen, wie sich Aktivisten am Boden festklebten und andere Fahrrad fuhren. Etwa zehn Minuten nach Beginn der Aktion war im Livestream Blaulicht zu erkennen, wenig später waren auch Polizisten zu hören. Laut Bundespolizei dürften mehrere Straftatbestände vorliegen.

Nach Angaben des Flughafensprechers drangen die Aktivisten sowohl auf der Nord- als auch auf der Südseite auf das BER-Gelände ein - entsprechend musste auf beiden Start- und Landebahnen der Betrieb gestoppt werden. Durch die Blockade mussten fünf Starts gestrichen werden, weitere Streichungen sind dem Flughafen zufolge möglich (Stand 19.00). 15 geplante Landungen wurden demnach etwa nach Leipzig und Dresden umgeleitet. Die Verspätungen im Flugbetrieb ziehen sich voraussichtlich über den Abend hin. Die Lage in den Terminals selbst war den Angaben zufolge ruhig.

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen sagte, dass die Aktion durch nichts zu rechtfertigen sei. „Ich bleibe dabei: Wer für seine Weltanschauung absichtlich andere in Gefahr bringt, ist kein Aktivist, sondern ein Krimineller“, so der CDU-Politiker. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach von einer „neuen Eskalation“. „Mit dem Eindringen in den Sicherheitsbereich und der Besetzung des Rollfeldes bringen sie nicht nur sich, sondern auch Hunderte Passagiere in der Luft und am Boden massiv in Gefahr und verursachen nebenbei erhebliche wirtschaftliche Schäden. Das ist absolut inakzeptabel und bedarf einer harten Antwort des Rechtsstaates.“

„Letzten Generation“: Viel Kritik für Aktionen

Katja Mast, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD im Bundestag, betonte: „Unsere Demokratie funktioniert nicht so, dass ich meine Ziele im Namen der guten Sache mit jedem Mittel durchsetzen kann.“ Eine Flughafenblockade sei kein legitimes Mittel. „Sich dafür in den Sozialen Medien abzufeiern, schadet dem Anliegen insgesamt.“

Die Aktivisten der „Letzten Generation“ hatten in den vergangenen Wochen immer wieder den Straßenverkehr blockiert, sich an Gemälden in Museen festgeklebt und in dieser Woche in der Hamburger Elbphilharmonie an einem Dirigentenpult. Ihr Ziel ist es, öffentliche Aufmerksamkeit auf die Folgen des Klimawandels zu lenken und Politiker zum Handeln aufzufordern. Sie ernteten für diese Aktionen bereits viel Kritik. In einer Umfrage hielten 86 Prozent der Befragten die Proteste für kontraproduktiv. (dpa)