Schüsse in DortmundPolizist soll auf Oberkörper des 16-Jährigen gezielt haben
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Dortmund – Nach den tödlichen Schüssen in Dortmund auf den 16-jährigen Senegalesen Mohammed D. durch die Polizei fordert die Politik Aufklärung zu den Geschehnissen. Die SPD-Fraktion verlangt von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) das Parlament umgehend über den Polizeieinsatz zu informieren. Der Fall werfe viele Fragen auf, befand die SPD-Vize-Fraktionschefin Elisabeth Müller-Witt.
Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer hatte es da schwerer, sich zu positionieren. Als Koalitionspartner hielt sich die ansonsten für ihre Polizeikritik bekannte Politikerin in ihrem Statement zurück. Schäffer zeigte sich „zutiefst erschüttert“. Die Hintergründe und die Abläufe des Polizeieinsatzes müssten nun gründlich untersucht werden. Erst danach sei es möglich eine sachlich fundierte Bewertung des Einsatzes sowie möglicher Konsequenzen zu ziehen.
Ermittelt wird im nahe gelegenen Recklinghausen
Marc Lürbke, FDP-Sprecher für den NRW-Innenausschuss, gab sich zwar optimistisch, dass der Dortmunder Fall lückenlos aufgeklärt werde. Allerdings sei es unglücklich, dass jetzt die Polizei im nahe gelegenen Recklinghausen gegen einen Kollegen aus Dortmund ermittle. Lürbke schlägt deshalb vor, grundsätzlich andere Kriminalhauptstellen für derartige Untersuchungen festzulegen. Das heißt, dass künftig etwa die Kölner oder Bonner Mordkommission im Ruhrpott bei etwaigen Todesschüssen auf Tatverdächtige ermitteln soll oder umgekehrt.
Unglücklich finden einige Beobachter auch, dass zum Beispiel in diesem Fall die Staatsanwaltschaft Dortmund Herrin des Verfahrens ist. Damit müssen nun dieselben Ankläger den brisanten Fall untersuchen, die sonst beinahe täglich mit der Polizei in der Stadt zusammenarbeiten. Der Dortmunder Oberstaatsanwalt Christian Dombert beteuert allerdings, „dass die Abläufe des tödlichen Einsatzes gänzlich durchleuchtet werden“.
Reul fordert Fairness gegenüber der Polizei
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat ebenfalls volle Aufklärung versprochen. „Aber es muss fair zugehen.“ Die Polizisten hätten sich in einer „ungeheuer schwierigen Lage“ befunden. Ein 29-jährige Polizeikommissar, der als Sicherungsschütze vorgesehen war, soll mit seiner Maschinenpistole sechs Schüsse auf Mohammed D. abgegeben haben. Fünf Projektile trafen den Asylbewerber in Schulter, Kiefer und Bauch, während er nur kurz davor gewesen sein soll, einen Beamten mit seinem Messer zu attackieren.
Minister Reul betonte: Die Polizei habe zunächst in einem Stufenverfahren versucht zu deeskalieren. „Erst sind Polizisten in Zivil hingegangen und haben versucht ihn runterzureden. Als das nicht wirkte, hat man versucht, mit Reizgas ihn abzulenken.“ Als auch das nicht funktionierte, kamen Taser erfolglos zum Einsatz. Mohammed D. habe immer aufgeregter reagiert, so der Minister, er sei dann viel aggressiver auf die Polizisten zu gerannt. „Und in dieser Situation ging es um die Frage: Sticht der zu - oder schießt die Polizei?“
Wie jetzt bekannt wurde, hatte der Todesschütze seine MP auf Einzelfeuer gestellt und offenbar bewusst auf den Oberkörper gehalten, um eine so genannte „Mannstoppende Wirkung“ zu erreichen. Schüsse in die Beine, so heißt es intern, hätten den Messerangriff nicht mehr verhindern können.