Die CDU stellt im Land der Basis ihr Grundsatzprogramm vor, das kommt gut an, doch NRW-Ministerpräsident Wüst äußert sich zurückhaltender.
Neues Grundsatzprogramm der CDUFriedrich Merz genießt seinen Köln-Auftritt: „Patrioten, wie wir, lieben ihr Land“
Als sich CDU-Chef Friedrich Merz die in weiten Teilen rechtsextreme AfD vorknöpft, da kommen die Parteimitglieder in Fahrt. „Der Unterschied ist ganz einfach“, ruft Merz. „Patrioten, wie wir, lieben ihr Land. Nationalisten, wie die, hassen alle anderen. Und das unterscheidet uns fundamental.“ Applaus im Saal.
Die Gürzenich-Festhalle in der Kölner Altstadt ist am Freitagabend proppevoll. Wer keinen Stuhl mehr ergattern konnte, steht an der Seite - zweieinhalb Stunden lang. Die CDU-Führung ist nach Mainz, Hannover, Chemnitz nun in die Stadt am Rhein gereist, um der Basis den neuen 74-seitigen Grundsatzprogrammentwurf vorzustellen.
CDU in Köln: 1100 Menschen kommen zur Vorstellung des Grundsatzprogramms
1100 Menschen sind gekommen - deutlich mehr als in Chemnitz, wo nur rund 400 Mitglieder der Einladung gefolgt sind. In der Festhalle hat es Merz auch viel leichter, etwa wenn es um eine mögliche Koalition mit den Grünen geht. „Wir müssen mit den demokratischen Parteien konsensfähig, kooperationsfähig und koalitionsfähig sein“, sagt er und nennt die Sozialdemokaten sowie die Ökopartei. In Chemnitz hatte es da schon verärgerte Zwischenrufe gegeben. Merz schiebt noch hinterher: „Aber wir wollen bei der nächsten Bundestagswahl so stark werden, dass wir darüber entscheiden und nicht die anderen.“
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Und dabei soll auch das neue Programm mit dem Titel „In Freiheit leben“ helfen, das im Mai beschlossen werden soll. In der Migrations- und Integrationspolitik will sich die CDU deutlich konservativer aufstellen und Asylverfahren in Drittstaaten auslagern. Sie will eine Leitkultur etablieren und schreibt „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland“. Dass der Islam zu Deutschland gehöre, wie einst vom früheren Bundespräsidenten und CDU-Mann Christian Wulff gesagt, ist Geschichte. Der neue CDU-Sound lautet: „Die, die zu uns kommen, müssen sich an unsere Regeln halten.“ So sagt es Merz.
Sicherlich ist die Programmarbeit auch dazu da, um die Parteiseele zu streicheln. „Die CDU ist wieder da“, freut sich CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der die Ausarbeitung verantwortet „Unsere Partei lebt. Das muss uns mit Freude und Stolz erfüllen“, sagt die Vizechefin der CDU-Programmkommission und Kölnerin, Serap Güler. Und es gefällt den Mitgliedern, dass sich die CDU konservativer aufstellt. Ein junger Mann begrüßt, dass das Konservative im Programm bestärkt werde.
Neues CDU-Grundsatzprogramm: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst schlägt ruhigere Töne an
Doch einer setzt an dem Abend einen anderen Ton: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst. Welche Punkte ihm am Programm am besten gefallen? Der Ministerpräsident sagt: „Alle Punkte, die die CDU breit aufstellen.“ Die CDU müsse Volkspartei der Mitte sein, betont er. Das Programm sei eine gute „Diskussionsgrundlage“. An einer Grundlage wird ja meistens noch einiges geändert.
Das überrascht nicht: Über Teile des Grundsatzprogramms ist man in NRW-Führungskreisen nicht sonderlich begeistert. Dabei geht es etwa um den Satz zu den Muslimen oder um das Konzept der Leitkultur, die manche als veraltet empfinden. Und überhaupt sei das Programm nicht zukunftsgewandt genug und biete kaum Überraschung, heißt es.
In der Festhalle hört man davon nichts. Im Gegenteil. Was die Menschen besonders im Programm gefällt, sind die Forderungen zur Sicherheit, Migration, Bildung, Familie - und auch zur Leitkultur. Entsprechendes geben sie bei einer digitalen Umfrage an. Das will Güler auch von Wüst wissen. „Was gefällt dir am besten am Parteiprogramm, Hendrik?“, fragt sie. „Dass wir es haben“, antwortet Wüst, der sich mal damit zitieren ließ, dass die CDU keine Programmpartei sei.
Ein Vertrauensverhältnis haben Merz und Wüst nicht gerade. Und sie piesacken sich - oft indirekt. „Wenn Merz das eine sagt, sagt Wüst das andere“, heißt es über die Beziehung der beiden in der Union. Sie stehen in Konkurrenz zueinander: Wüst werden Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur nachgesagt, die nun erst nach den Landtagswahlen im Osten entschieden werden soll. Doch an diesem Abend ist es Merz, der besonders gut ankommt. Die Konferenz ist aber auch auf den Parteivorsitzenden zugeschnitten. Drei Minuten Standing Ovations bekommt Merz nach seiner Rede. Der CDU-Chef lacht. Er genießt es.