AboAbonnieren

Nach Unions-VorschlägenSPD spricht Merz Kanzlerfähigkeit ab – Grüne warnen „Nicht mit Nazis stimmen“

Lesezeit 4 Minuten
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge bei einer Rede.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge beim Bundesparteitag am Sonntag.

Die Kölner Bundestagsabgeordnete Katharina Dröge hat das Parlament dazu aufgerufen, keine Gesetze durch Stimmen der AfD zu beschließen.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge hat an die Abgeordneten des Bundestags appelliert, aus Gewissensgründen gegen eine von der AfD unterstützte Verschärfung des Migrationsrechts zu stimmen. „Ich kann nur appellieren: Stimmen Sie nicht mit den Nazis“, sagte die Kölner Direktkandidatin am Dienstag in Berlin. Sie erinnerte daran, dass die Abgeordneten des Bundestags „dem Gewissen verpflichtet“ seien.

Die Grünen-Politikerin warf Unionsfraktionschef Friedrich Merz Wortbruch vor, weil er in Kauf nehme, dass eine von der Union eingebrachte Gesetzesverschärfung mit den Stimmen der AfD verabschiedet werde. Dies sei „ein eklatanter Bruch mit dem, was wir als demokratische Fraktionen im Bundestag über Jahre hinweg verabredet, vereinbart und eingehalten haben“.

Dröge: Merz handelt „unzuverlässig“

Dröge erinnerte daran, dass sich Merz im November nach dem Bruch der Ampel-Koalition im Bundestag dazu bekannt habe, keine Gesetzentwürfe mit Stimmen der AfD verabschieden zu lassen: „Was sollen wir der Union eigentlich noch glauben, wenn das Wort des CDU-Parteivorsitzenden nicht einmal zwei Monate gilt?“

Dröge stellte dabei auch die Kanzlertauglichkeit des Unionskandidaten Merz in Frage. „Jemand, der in so einer Situation so unüberlegt handelt, so unzuverlässig; jemand, bei dem man sich nicht darauf verlassen kann, dass das gegebene Wort gilt - so jemand qualifiziert sich nicht dafür, Kanzler der Bundesrepublik zu werden.“

Eine Koalition mit der Union nach der Wahl wollte Dröge aber nicht kategorisch ausschließen. Demokraten müssten bei der Regierungsbildung immer zur Zusammenarbeit bereit sein, sagte sie.

SPD-Fraktionschef spricht Merz Kanzlerfähigkeit ab

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich spricht dem Kanzlerkandidaten der Union, Friedrich Merz, wegen des Streits um die Migrationspolitik die Tauglichkeit für das Amt ab. Merz habe bereits vor Wochen zugesagt, keine Anträge oder Gesetze in den Bundestag einzubringen, bei denen man auf die Stimmen der AfD angewiesen sei. Dieses Versprechen breche er jetzt, betonte Mützenich vor einer Fraktionssitzung in Berlin.

„Ich habe mich auf die Integrität und die Berechenbarkeit verlassen“, sagte er. Wenn man diese Eigenschaften nicht habe, „dann kann man auch ein Land nicht führen“. Die Frage, ob die SPD nach der Bundestagswahl trotzdem in eine schwarz-rote Koalition mit der Union eintreten würde, ließ Mützenich offen.

Er habe mit Merz bisher nicht über die Migrationsdebatte gesprochen, sagte der SPD-Fraktionschef. Er deutete an, dass die SPD auch keinen Spielraum für Kompromisse sieht. Stattdessen warnte Mützenich: „Wir werden dann möglicherweise im Bundestag sowohl am Mittwoch als auch am Freitag ein historisches Bild sehen, wo CDU, CSU und AfD gemeinsam abstimmen, möglicherweise auch bildlich, sozusagen die Hände dazu heben.“

Klingbeil warnt Merz vor „historischen Fehler“

SPD-Chef Lars Klingbeil warnte Merz davor, einen „historischen Fehler“ zu begehen. Sich von der AfD im Bundestag unterstützen zu lassen, „wäre ein Bruch mit der Politik von Helmut Kohl und Angela Merkel“, sagte Klingbeil dem „Spiegel“.

Merz sagte am Dienstag, er sehe in der Partei und Fraktion „eine große Übereinstimmung“, die asylpolitischen Pläne auf den Weg zu bringen. Er sei nicht bereit, dass Gewalttaten wie jüngst in Aschaffenburg und Magdeburg „zur neuen Normalität“ in Deutschland würden. Merz rief SPD und Grüne auf, seinen Plänen durch Zustimmung im Bundestag zur Mehrheit zu verhelfen.

Nach dem tödlichen Messerangriff von Aschaffenburg wollen CDU und CSU am Freitag im Bundestag einen Gesetzentwurf mit dem Titel „Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland“ wieder auf die Tagesordnung setzen. Vorgesehen sind darin mehr Rechte für die Bundespolizei bei Abschiebungen sowie ein Ende des Familiennachzugs für Geflüchtete mit sogenanntem subsidiärem Schutz. Im Aufenthaltsgesetz soll als Ziel einer Begrenzung des Zuzugs von Migrantinnen und Migranten festgeschrieben werden.

Der Gesetzentwurf war bereits im September von der Union in den Bundestag eingebracht worden - und könnte damit relativ schnell beschlossen werden.

Forsa-Umfrage: Union verliert leicht an Zustimmung

Die Union hat laut einer aktuellen Forsa-Umfrage leicht an Zustimmung verloren. CDU/CSU kommen in einer neuen Befragung des Meinungsforschungsinstituts für das RTL/ntv-„Trendbarometer“ auf 30 Prozent und verlieren damit einen Punkt im Vergleich zur Vorwoche. SPD (16 Prozent) und AfD (20 Prozent) legen hingegen um einen Punkt zu.

Unverändert bleiben die Grünen mit 14 Prozent sowie FDP und Linke mit jeweils 4 Prozent. Die sonstigen Parteien erzielen demnach 9 Prozent und verlieren einen Punkt. Das BSW (3 Prozent) verliert ebenso einen Punkt. Für die Umfrage wurden zwischen dem 21. und 27. Januar 2.504 Personen befragt.

Auffällig ist der Rückgang für die Union nach der Gewalttat in Aschaffenburg am Mittwoch, 22. Januar, auf die Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz in den folgenden Tagen mit Vorschlägen für eine deutlich härtere Migrationspolitik reagierte. Während die CDU/CSU vergangenen Dienstag und Mittwoch laut Umfrage noch bei 31 Prozent Zustimmung lag, sank dieser Wert in der zweiten Wochenhälfte auf 28 Prozent. Gleichzeitig stieg demnach der Wert der SPD in der zweiten Wochenhälfte von 15 auf 17 Prozent, und auch die AfD konnte in dem Zeitraum mit einem Anstieg von 19 auf 21 Prozent punkten. (afp/ dpa)