- Auch und gerade angesichts der Flutkatastrophe in NRW und Rheinlandpfalz muss über Klimapolitik gesprochen werden, sagt Eckart von Hirschhausen.
- Im Interview spricht der Arzt und Journalist über „Verbrechen“ der Politik und erklärt, was er gegen den Begriff „Aktivist“ hat.
- Mit der angehenden Ärztin Theresa Krüger hält er die Folgen der Umweltzerstörung für die körperliche und seelische Gesundheit des Menschen für ein bislang unterschätztes Problem.
Köln – Zum Interview hat sich Eckart von Hirschhausen mit der Medizinstudentin Theresa Krüger an der Abbruchkante des Tagebaus Garzweiler im Rheinischen Braunkohlerevier in der Nähe des Dorfs Keyenberg verabredet, das dem Tagebau weichen muss. Krüger engagiert sich bei „Health for Future“.
Es ist der bislang heißeste Tag des Jahres. Die Temperaturen liegen bei 35 Grad im Schatten. Als das Interview dann erscheinen soll, richtet das Tief „Bernd“ mit seinen Wassermassen Verwüstungen ungekannten Ausmaßes in der Region an. Anlass für aktuelle Nachfragen:
Herr von Hirschhausen, kann man angesichts dieser Jahrhundertkatastrophe und des Leids so vieler Betroffener über Klimapolitik reden?
von Hirschhausen: Ich finde: man muss. Der Medizin wird oft vorgeworfen, nur die Symptome und nicht die Ursachen von Krankheiten zu behandeln. Die Klimakrise und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit und Existenz von Menschen sind eine Katastrophe mit Ansage.
Wegen des menschengemachten Anteils?
Von Hirschhausen: Wenn die Überhitzung der Erde eindeutig durch unseren menschlichen Raubbau an der Natur, das Verheizen der fossilen Ressourcen und die Vernichtung unserer Lebensgrundlagen verursacht wird, können wir „Naturkatastrophen“ nicht mehr unabhängig von unserem Verhalten und der Politik der letzten 30 Jahre betrachten. So wichtig jetzt die akute Hilfe für alle Betroffenen ist, so muss doch auch die Diagnose eines chronischen Versagens auf vielen Ebenen erlaubt sein. Genau wie Kritik an der Verhinderung der Energiewende – gerade durch die Regierung in NRW. Kohleverstromung war im vorigen Jahrhundert die Grundlage unseres Wohlstandes.
In diesem Jahrhundert ist es unser Sargnagel. Jeder Tag, den wir weiter wider besseres Wissen und wider besseres Können Kohlekraftwerke laufen lassen und damit Tonnen von Treibhausgasen, Feinstaub und Quecksilber freisetzten, ist aus meiner Sicht ein Verbrechen. Ein Verbrechen an der Gesundheit der Menschen heute und erst recht an allen zukünftigen Generationen. Und vergessen wir über den Flutopfern nicht die vielen Tausend Hitzetoten in Deutschland in den vergangenen drei Jahren, über die kaum gesprochen wurde. Vor diesem Hintergrund ist unser Gespräch in Garzweiler am Abgrund der Kohleindustrie hochaktuell.
2019 wollten Sie, dass wir uns auf dem Friedhof Melaten treffen, jetzt hier in der Mondlandschaft des Rheinischen Reviers. Haben Sie’s mit morbiden Locations?
Von Hirschhausen: Wir wohnen hier gerade dem Todesstoß für die Menschheit bei. Nicht umsonst spricht man im Bergbau wie auf dem Friedhof von der „Grube“. In diesen Abgrund sehe ich vor Ort heute zum ersten Mal. Und ich bin tatsächlich benommen, von der Hitze und dem Anblick von diesem Mahnmal der menschlichen Hybris. Das zerstörerische Festhalten an einer fossilen Energiegewinnung die uns die Luft abdrückt, Tonnen von C02, Staub und Quecksilber freisetzt und den Planeten überhitzt verstehe ich heute noch weniger als vorher.
Sie sagen, Sie hätten den Ernst der Lage lange nicht begriffen. Wann war der Moment gekommen?
Von Hirschhausen: Im Hitzesommer 2018. Ich kann Hitze überhaupt nicht gut ab, hatte keinen klaren Gedanken mehr, musste wie diese Woche auch im Keller schlafen, um überhaupt zur Ruhe zu kommen und habe gemerkt: So will ich nicht leben. Es geht ja nicht darum, dass es mal einen Tag oder auch eine Woche wärmer ist als 30 Grad. Es geht um die Dürre, die tropischen Nächte und das Extremwetter in zunehmender Heftigkeit, Häufigkeit und Dauer.
Theresa Krüger: Der Braunkohletagebau ist Klimakrise made in Germany. Deutschland ist bis heute Weltmeister in dieser Disziplin. Das ist bedrückend, weil wir wissen, dass Kohleverstromung eine sehr schädliche Form der Energiegewinnung ist – für das Klima und für die Gesundheit. Das bekommen wir zu spüren. Und deshalb sollten wir Menschen aus dem Gesundheitssektor uns dazu positionieren.
Zu den Personen
Eckart von Hirschhausen, geb. 1967, ist Arzt und Wissenschaftsjournalist. Seit über 20 Jahren tritt er als TV-Moderator und Kabarettist mit eigenen Bühnenprogrammen auf. Er gründete die Stiftungen „HUMOR HILFT HEILEN“ und „Gesunde Erde – gesunde Menschen“ sowie die Initiative „Scientists for Future“, die sich für eine medizinisch und wissenschaftlich fundierte Klimapolitik einsetzt. Als Buchautor hat er soeben den Titel veröffentlicht: „Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben“, Verlag dtv, 521 Seiten, 24 Euro.
Theresa Krüger, geb. 1996, studiert Medizin an der RWTH Aachen. Sie ist bei “Health for Future” aktiv, einem Bündnis von Menschen aus Gesundheitsberufen, die sich für Klima- und Umweltschutz einsetzen. Aktuell ist Krüger an einer Studie beteiligt, die die psychischen Auswirkungen von Umsiedlung und Heimatveränderung im Rheinischen Braunkohlerevier untersucht. (jf)
Deshalb sind Sie hier?
Von Hirschhausen: Wir erleben gerade einen Mentalitätswechsel in der Medizin. Unpolitisch sein ist nicht mehr möglich. Es gab auch schon in meiner Studentenzeit die „Ärzte gegen den Atomkrieg“. Aber das waren nie große Bewegungen. Arzt geworden bin ich noch unter dem Paradigma: Es geht um den einzelnen Patienten. Hat eine Patientin Asthma, dann bekommt sie das passende Medikament.
So wie‘s im Lehrbuch steht.
Von Hirschhausen: Genau. Aber da findet sich kein Wort darüber, dass ich mir als Arzt Gedanken machen sollte, woran es liegt, wenn immer mehr Kinder und Erwachsene Allergien und Asthma haben: Luftverschmutzung, invasive Pflanzenarten, verlängerte Pollenflugzeiten, erhöhte Ozon-Konzentrationen in den Städten und und und. Die 1:1-Medizin kommt an ihre Grenze. Das haben wir doch auch in der Pandemie gelernt. Darin liegt auch eine Chance, dass wir Corona als Testlauf nehmen, Gesundheit globaler zu verstehen.
Krüger: In unserer ärztlichen Musterberufsordnung steht, dass wir die natürlichen Lebensgrundlagen schützen sollen. Einsatz für Klimaschutz ist Einsatz für die Gesundheit unserer Patientinnen und Patienten.
Von Hirschhausen: Genau das müssen wir verdeutlichen, statt Klimaschutz und die Energiewende als ein Ingenieurs-Problem zu framen. Umweltzerstörung und Klimawandel wirken sich auf die körperliche und auch auf die psychische Gesundheit von Menschen aus. Das hat die klassische Klima-Diskussion bislang nicht berücksichtigt.
Krüger: Aus Australien stammt der Begriff „Solastalgie“ für seelisches Leid, ausgelöst durch die Veränderung der Heimat oder des unmittelbaren Lebensraums. In Deutschland gibt es dazu noch sehr wenig Forschung. Hier im Rheinischen Revier wurden in den vergangenen 70 Jahren 40.000 Menschen umgesiedelt, ihre Dörfer mussten den Braunkohlebaggern weichen.
Von Hirschhausen: Ich merke ja jetzt schon, dass mich der Blick in diesen menschengemachten Abgrund, diese „Wunde im Leib von Mutter Natur“ schmerzt und herunterzieht. Wie muss es da erst den ehemaligen Bewohnern gehen? Wenn man nur einen Funken Mitgefühl hat, kann einen das nicht unberührt lassen.
Ihr Buch schildert Umweltzerstörungen überall auf der Welt. Haben Sie eine Fibel für Menschen mit Solastalgie geschrieben?
Von Hirschhausen: Die Kapitel gehen von den Körperfunktionen aus, die uns allen gemeinsam sind: Einatmen, Ausatmen, Wasser trinken, Wasser lassen und so weiter, bis ich dann zu den Fragen der Psyche, der Politik und de Gerechtigkeit komme. Ich gebe zu, die drei Jahre Recherche haben mich selber auch betroffen gemacht, weil ich ständig neuen Problemen begegnet bin, die mit der Ausbeutung und Zerstörung der Natur zu tun haben
Ein Beispiel?
Von Hirschhausen: Das Ausmaß des Artensterbens. Eine Tierart, die ausgestorben ist, lässt sich mit allem Geld der Welt nicht wieder lebendig machen. „Jurassic Park“ ist halt nur eine Fiktion. Wenn die Klimakrise das Fieber von Mutter Erde ist, dann ist das Artensterben ihre Demenz. Denn mit jeder Art, die ausstirbt, verlieren wir Überlebenswissen der Evolution. In Jahrmillionen hat die Natur herausgefunden, was funktioniert und was nicht. Das kommt nicht wieder. Ganz persönlich ist mir auch die Lage der Ostsee nahe gegangen. Ich habe schöne Kindheitserinnerungen an Strandurlaube mit meinen Eltern in den 1970er Jahren. Heute lese ich, dass das Meer quasi tot ist: kein Sauerstoff, dafür Vibrionen, die krank machen. Es ist maßgeblich meine Generation, die das mit angerichtet hat. Der Raubbau ist mir in seiner Brutalität nicht bewusst gewesen, obwohl wir auch in den 80er Jahren über sauren Regen und andere Probleme diskutiert haben.
Erfolgreich verdrängt?
Von Hirschhausen: Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass Wissenschaftler – und Journalisten – eine allzu distanzierte Sprache gepflegt und so getan haben, als blieben sie bei alledem außen vor, wie Kommentatoren am Spielfeldrand. Es gibt die Hanns-Joachim-Friedrichs-Maxime, nach der sich ein Journalist mit keiner Sache gemein macht, auch nicht mit einer guten. Ich glaube aber, zu einer Herausforderung wie der Umweltzerstörung passt das nicht.
Von Hirschhausen: Ich mag den Begriff „Aktivist“ überhaupt nicht. Das klingt immer ein bisschen nach Molotow-Cocktails und Gleisblockaden …
… oder nach Gleitschirmfliegern, die in Fußballstadien segeln wie zu Beginn der EM.
Von Hirschhausen: Das ist alles nicht mein Stil, und ich halte das auch nur für sehr begrenzt wirksam. Ich denke, die glaubwürdigsten Vertreterinnen und Vertreter des Kampfs für Veränderung sind diejenigen, die am nächsten dran sind an den Folgen: die Gesundheitsberufe. Die Pflegekräfte, die in den nicht klimatisierten Heimen sehen, wie die alten Menschen unter Hitze leiden und sterben; die Ärztinnen, die eine „Frühsommer-Meningoenzephalitis“ jetzt schon im Januar diagnostizieren. Auch die Feuerwehrleute, die Waldbrände löschen müssen.
Die Abstraktion, mit der wir diese Themen behandelt haben, hat verhindert, dass wir die Gefahren an uns herangelassen haben. Und da muss ich dann doch sagen: Danke an Fridays for Future! Ihr macht uns klar, dass der Klimawandel uns alle angeht – auch als eine Frage der Gerechtigkeit.
Warum gehen Sie nicht in die Politik wie die Starköchin Sarah Wiener, die jetzt im Europaparlament sitzt?
Von Hirschhausen: Ich habe für mich klar entschieden, dass ich mich durch Parteimitgliedschaft oder ein politisches Amt um die Rollen bringen würde, die ich als studierter Arzt und gelernter Wissenschaftsjournalist habe: die Rolle des Vermittlers zwischen den Welten.
Ich kann mehr bewirken, wenn ich einerseits in unterhaltsamer Form und bildhafter Sprache Probleme benennt, die uns alle angehen. Und mit meiner Stiftung „Gesunde Erde - Gesunde Menschen“ arbeite ich andererseits auch viel mit den verschiedenen verantwortlichen Institutionen, quer durch Politik, Zivilgesellschaft und Gesundheitsbranche. Mich interessiert, was uns verbindet. Und ich halte die Frage nach der Gesundheit tatsächlich für einen „Gamechanger“.
Inwiefern?
Von Hirschhausen: Alle sagen, „Gesundheit ist mir wichtig – für mich, für meine Familie, für meine Kinder und Enkel“. Das ist zunächst mal überhaupt nicht politisch, sondern – menschlich. Damit haben wir ein gemeinsames Ziel klar. Über die Wege dahin kann und muss man in der Demokratie streiten. Aber bitte schnell! Für Endlosdebatten haben wir keine Zeit. Das Thema darf aber auch nicht einer Partei „gehören“.
Krüger: Jede Partei und alle, die fürs Kanzleramt kandidieren, brauchen ein 1,5-Grad-Programm zur Begrenzung der Erderhitzung. Wer ohne dieses in den Wahlkampf geht, hat das Problem nicht verstanden.
Von Hirschhausen: Die eigentliche K-Frage ist die Klimafrage.
Okay, aber entscheidet sie sich nicht über die andere K-Frage, wer nämlich künftig das Land regiert? Ganz versteckt in einer Wortspirale Ihres Buches schreiben Sie von einer „neuen Regierung“.
Von Hirschhausen: Man könnte ja schon mal fragen, wer hat eigentlich in den letzten 16 Jahren regiert? Und was ist in dieser Zeit passiert? Warum haben wir nicht schon zu 100 Prozent Erneuerbare?
Die Fragen gehen aber auch an jede und jeden von uns, oder? Und da kommt leicht das Gefühl auf: Egal, was ich tue, irgendwas ist immer falsch. Gerade in diesem Moment sind wir vor der Hitze in Ihren klimatisierten Kleinbus geflohen, trinken Kaffee aus To-go-Bechern und Wasser aus Plastikflaschen… Wie entkommt man dem Fatalismus oder dem Zynismus?
Krüger: In einer freien demokratischen Gesellschaft wie unserer mit ihren großen Handlungsspielräumen gibt es meiner Meinung nach kein Recht auf Fatalismus. Wir können sehr viel reißen, und zwar jeder und jede von uns.
Das ist mir jetzt zu allgemein. Herr von Hirschhausen, Sie haben nach eigenem Bekunden eine große Leidenschaft für Parmesankäse. Der hat aber – wie ich aus Ihrem Buch gelernt habe – einen extrem schlechten CO2-Fußabdruck wegen des hohen Bedarfs an Milch bei der Herstellung. So ein Mist! Und jetzt?
Von Hirschhausen: Die Dosis macht das Gift – und den Genuss. Ich esse Parmesan ja nicht kiloweise, sondern gehobelt über Pasta, Salat oder etwas anderem, was zu einer pflanzenbasierten „planetary health diet“ passt.
Krüger: Es ist falsch, das Problem nur am individuellen Konsum festzumachen. Das ist ein Ablenkungsmanöver: Verhältnisse gehen über Verhalten. Und die großen Stellschrauben für den Klimaschutz sind Energie, Industrie, Mobilität und Gebäude – und nicht die Frage, ob Eckart von Hirschhausen Parmesan mag. Klar, wir müssen auch unseren Konsum ändern. Dafür braucht es informierte Verbraucher: Wenn uns bewusst ist, welche Folgen unser Konsum hat, hat das Folgen für den Konsum.
Von Hirschhausen: Aber die Gefahr der Scheinheiligkeit ist mir schon auch sehr bewusst: Der „aufgeklärte Verschmutzer“ fliegt ins Ayurveda-Retreat und rümpft die Nase über den Proll am Schwenkgrill mit den Billig-Nackensteaks. Man kann sich sehr viele Nackensteaks reinhauen, bis man die CO2-Emissionen eines Flugs nach Bali erreicht. An unserem ökologischen Fußabdruck können wir durch anderes Konsumverhalten etwa 20 Prozent ändern. Der weitaus größere Teil liegt nicht in individueller, sondern in politischer Verantwortung, durch Rahmensetzungen, die für alle gelten und die Sinn machen. Aber der Überkonsumismus ist für mich aber auch ein Zeichen von innerer Leere.
Jetzt wird’s spirituell?
Von Hirschhausen: Wir verbrauchen so viel, weil wir nicht wissen, was wir wirklich brauchen. Was hat uns denn im Lockdown wirklich gefehlt? Shopping – oder Menschlichkeit, Nähe, Gemeinschaftserlebnisse?
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Sie sprachen von Ihrer Vermittlungsaufgabe und dem Fehler der Abstraktion. Was wollen Sie besser machen?
Von Hirschhausen: Als erstes müssten wir ein paar Kampfbegriffe umdefinieren. Auf das Wort „Verzicht“, wie wir es zurzeit verwenden, kann ich zum Beispiel sehr gut verzichten. Eine pflanzenbasierte Ernährung ist – wenn überhaupt – der Verzicht auf Millionen von Herzinfarkten und Schlaganfällen. Oder nehmen Sie einen Begriff wie „Freiheit“. Dass sich Freiheit mit Tempo 280 auf der Autobahn verbindet, ist absurd. Freiheit ist – im Sinne des bahnbrechenden Urteils aus Karlsruhe zum Klimaschutz – die Chance auf ein gutes Leben auch im Jahr 2050 und danach.
Frank Schätzing hat in seinem Buch „Was, wenn wir einfach die Welt retten?“ für die Zeit bis 2050 und darüber hinaus ein Weltuntergangs-Szenario im Stil eines Katastrophen-Thrillers entworfen, um seine Leserschaft aufzurütteln. Sie sprechen vom „Projekt Mensch mit unbestimmtem Ausgang“. Mal ehrlich, mit welchem Ausgang rechnen Sie?
Von Hirschhausen: 2050 bin ich 83 Jahre alt. Du, Theresa, bist dann …?
Krüger: … 54.
Von Hirschhausen: Und, wie stellst du dir das Leben vor?
Krüger: Ganz konkret werden wir nicht in Autos sitzen wie diesem hier. Die gibt es dann nämlich nicht mehr. Grundsätzlich glaube ich, dass das Projekt Mensch Zukunft hat. Wir sind noch nicht in einer aussichtslosen Situation. Wir können es schaffen. Da bin ich Possibilistin.
Possibi… was?
Krüger: Possibilistin. Das Wort habe ich von Luisa Neubauer von Fridays for Future gelernt. Possibilisten glauben daran, dass die Dinge gut ausgehen können, weil die Mittel und Wege vorhanden sind - aber sie wissen auch, dass sie dafür die Ärmel hochkrempeln müssen.
Von Hirschhausen: Wir können etwas ändern – und dann ändert sich auch was. Aber wenn wir nichts ändern, dann fahren wir die Welt vor die Wand. Irreversibel.
Krüger: Nachts in meiner Stadtwohnung das Fenster zur Straße offen lassen – ohne Autolärm und Abgasluft. Und das nicht erst mit 54, sondern vielleicht schon mit 30.