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Ein halbes Jahr mit CoronaHaben wir als Gesellschaft die Kraft, die wir brauchen?

Lesezeit 3 Minuten
Teststation Köln-Bonn

Ein Mitarbeiter des Corona-Testzentrums am Flughafen Köln/Bonn

Liebe Leserinnen,Liebe Leser,

erinnern Sie sich noch an den 25. Februar? Es war der Tag nach einem ausgelassenen, unbeschwerten Rosenmontag. Und der Tag, an dem der erste Corona-Fall in NRW bekannt wurde. Wissen Sie auch noch, wie Sie auf diese Nachricht reagiert haben? Ich zum Beispiel dachte: Musste so kommen, war unvermeidlich. Aber wird schon werden. Irgendwie.

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Carsten Fiedler, Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“

Irgendwie sind wir jetzt, ein halbes Jahr später, alle sehr viel weiter. Oder sagen wir: informierter und hoffentlich auch klüger. Ich spreche einmal von mir: Ich habe Phasen der Angst durchgemacht – um die eigene Gesundheit und die meiner Lieben. Ich habe mich um unsere Zukunft gesorgt, um Jobs, um Freizeit und um Freiheit. Und ich hatte gehofft, möglichst bald wieder zurück in jener Normalität zu sein, die von Ministerpräsident Armin Laschet zur „verantworteten“ erklärt worden ist.

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Dann begannen die Wissenschaftler und in ihrem Gefolge auch die Politiker von der „zweiten Welle“ zu reden. Das Wort ist so einprägsam wie trügerisch: Eine Welle kommt – und geht. Genau wie ich mir das auch von diesem verfluchten Virus gewünscht hätte. Aber es geht partout nicht weg. Es hat uns bislang noch nicht einmal die Zeit gelassen, die am Meeresufer zwischen zwei Brechern liegt.

Haben wir als Gesellschaft die Kraft, die wir brauchen werden, wenn es in den Herbst hinein geht – und sich die Corona-Krise absehbar weiter verschärft? Gut wäre es, sich jetzt schon der Hilfsbereitschaft und des Zusammenhalts zu erinnern, die uns durch die erste Phase der Krise getragen haben.

Die Politiker in NRW haben im ersten Krisenhalbjahr, wie ich finde, im Großen und Ganzen einen ordentlichen Job gemacht. Was wir uns selbst an Lernprozessen und Irrtümern zugestehen, das sollten wir auch denen zugestehen, die uns regieren. Laschet und seine Minister haben auch Fehler gemacht. Aber sie haben sich eben nicht wie Besserwisser aufgeführt, denen man die Pannen im eigenen Krisenmanagement deshalb weniger bereitwillig nachsieht.

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Als größtes Manko vorausschauender Politik erweist sich das, was an den Schulen des Landes passiert – oder eben nicht passiert ist. Hier scheint immer noch das Bild von der Welle durch die Köpfe der Verantwortlichen zu schwappen, während es doch längst einer völlig anderen Organisation des Unterrichtsalltags bedürfte: Der Krisenmodus muss zum Langzeitszenario werden. Das ist am 26. August 2020 die vielleicht wichtigste Lehre aus einem halben Jahr Pandemie in NRW.

Bleiben Sie gesund! Achten Sie auf sich und Ihre Nächsten!

Ihr Carsten Fiedler

Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“