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Empörung über CSU-Plan für Ukrainer„Ihre ‚christliche‘ Heuchelei wird in die Geschichte eingehen“

Lesezeit 3 Minuten
Der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat einen Vorstoß von CSU-Politiker Alexdaner Dobrindt scharf kritisiert. (Archivbild)

Der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat einen Vorstoß von CSU-Politiker Alexdaner Dobrindt scharf kritisiert. (Archivbild)

CSU-Politiker Alexander Dobrindt nennt Bedingungen dafür, dass Ukrainer in Deutschland bleiben dürfen. Dafür erhält er scharfe Kritik.

Die CSU im Bundestag fordert, Geflüchtete aus der Ukraine in ihr Heimatland zurückzuschicken, wenn sie keine Arbeit in Deutschland aufnehmen. „Es muss jetzt über zwei Jahre nach Kriegsbeginn der Grundsatz gelten: Arbeitsaufnahme in Deutschland oder Rückkehr in sichere Gebiete der West-Ukraine“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der „Bild am Sonntag“. Bei SPD und Grünen sowie Vertretern der Ukraine stieß die Forderung auf scharfe Kritik.

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte dem Blatt, der russische Präsident Wladimir Putin lasse immer wieder Ziele in der gesamten Ukraine bombardieren. „Hierhin will Dobrindt jetzt auch Frauen und Kinder zurückschicken, die möglicherweise ihren Vater bereits an der Front verloren haben. Die CSU sollte sich schämen ob solcher Forderungen und das C für christlich endgültig aus ihrem Namen streichen.“

Scharfe Kritik an CSU-Vorstoß zu Ukrainern von SPD und Grünen

Grünen-Chef Omid Nouripour sagte: „Die Unterstellung, die Ukrainer kämen wegen des Bürgergelds zu uns, verkennt das Grauen des Krieges Putins.“ Er lehnte auch die Vorschläge aus der Union ab, Ukrainern nicht sofort Bürgergeld zu gewähren, sondern sie zuerst ins reguläre Asylverfahren zu verweisen. „Natürlich müssen wir die Ukrainer noch schneller in Arbeit bringen. Aber neue rechtliche Hürden, wie sie die CDU will, helfen da doch nicht, sie schaden.“

Auch der Grünen-Abgeordnete Sebastian Schäfer kritisierte Dobrindts Forderung mit scharfen Worten. „Alexander Dobrindt und die CSU-Fraktion behaupten, die Westukraine sei sicher“, schrieb Schäfer am Sonntagmorgen bei X. „Ich dachte eigentlich, dass nur AfD und BSW bei Selenskyjs Rede im Bundestag gefehlt haben. Jetzt reihen sich Teile der CDU und die CSU ein und betreiben Putins Spaltungsgeschäft.“

Ex-Botschafter Andrij Melnyk schießt scharf gegen die CSU

Harte Kritik kam auch von Andrij Melnyk. Der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland, der nun in Brasilien tätig ist, attackierte die CSU am Samstagabend bei X. Der Vorstoß sei „kaum zu fassen“, erklärte Melnyk. „Ihre ‚christliche‘ Nächstenliebe bzw. Heuchelei wird in die Geschichte eingehen“, attackierte der ehemalige Botschafter die CSU. „Wenn Sie glauben, mit dieser reinsten Demagogie Wahlen gegen andere Populisten zu gewinnen, dann irren Sie sich.“

Zuletzt hatten bereits mehrere Innenminister verlangt, die Zahlung von Bürgergeld an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zu beenden und ihnen nur noch niedrigere Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuzugestehen. Die Bundesregierung hat das bereits abgelehnt. Auch der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, hatte die Forderung als „Populismus ohne echte Lösungsabsicht“ kritisiert.

Bürgergeld-Debatte um Ukraine-Geflüchtete: „Populistischer Unsinn“

Dobrindt schloss sich dennoch der Kritik an der geltenden Regelung an. Das Bürgergeld sei zu Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine als schnelle Hilfe gedacht gewesen, aber längst zur Arbeitsbremse geworden, so der CSU-Politiker. Es halte zu viele Menschen aus der Ukraine in der Sozialhilfe fest.

SPD-Arbeitsmarktpolitiker Martin Rosemann verwies in der „Bild am Sonntag“ darauf, dass viele der Ukraine-Geflüchtete alleinerziehende Mütter seien: „Die Hürden für ukrainische Geflüchtete beim Start ins Arbeitsleben liegen bei der fehlenden Kinderbetreuung, mangelnden Sprachkenntnissen und der langwierigen Anerkennung von Berufsabschlüssen.“ Der Vorschlag, sie aus dem Bürgergeld ins Asylverfahren zu packen, nannte er „populistischen Unsinn“. (mit dpa)