Der Ton im Wahlkampf hat sich seit vergangener Woche deutlich verschärft. Die SPD zweifelt die Eignung von Merz als Kanzler offen an.
Esken und Müntefering„Praktikant“, „Frischling“ – SPD-Politiker greifen Merz persönlich an
![08.02.2025, Bayern, Nürnberg: Friedrich Merz, Kanzlerkandidat und Vorsitzender der CDU, spricht beim kleinen CSU-Parteitag. Foto: Daniel Karmann/dpa +++ dpa-Bildfunk +++](https://static.ksta.de/__images/2025/02/08/a2de53da-0bc8-4e22-99e6-6b3653c20a75.jpeg?q=75&q=70&rect=0,0,4000,2250&w=2000&h=1334&fm=jpeg&s=f2d4aadfc8bb622c3512e7ca83ac87a1)
Friedrich Merz am Samstag (8. Februar) beim CSU-Parteitag in Nürnberg
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Der Ton zwischen und Union und SPD hat sich seit der Abstimmung über den Fünf-Punkte-Plan zur Migration am Mittwoch, 29. Januar, deutlich verschärft. Der Entschließungsantrag zur Verschärfung der Migrationspolitik, den die Union mit Hilfe der AfD durch den Bundestag brachte, war zuvor in einer Debatte kontrovers diskutiert worden. Die Wortwahl war schon hier scharf, so sprach SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich vom „Tor zur Hölle“, welches die Union aufstoße. Zwei Tage später bei der Debatte über das „Zustrombegrenzungsgesetz“ der Union, das im Bundestag scheiterte, ging es erneut hitzig zu.
Als Folge des „Tabubruch“ durch die Union gingen deutschlandweit hunderttausende Menschen auf die Straßen. Während der überwiegende Teil der Protest friedlich blieb, kam es aber auch zu Vandalismus gegen CDU-Büros und Wahlplakate, es wurden auch Wahlkämpfer der Union bedroht und angegriffen. CDU-Politiker sprachen von einer „Kampagne“ von SPD, Grünen und Linken, die durch überzogene Kritik diesen Auswüchsen Vorschub geleistet hätten.
„Praktikantenjob“: Persönliche Angriffe von Esken gegen Merz
Im Gegenzug reißt die Kritik der politischen Gegner an der Union nicht ab. Nicht immer handelt es sich bei den Wortmeldungen aus der SPD um sachliche Vorwürfe, zunehmend geriet auch Kanzlerkandidat Friedrich Merz persönlich ins Visier. So sprach die SPD-Vorsitzende Saskia Esken Merz die Tauglichkeit für das Kanzleramt ab.
„Seine Kompromisslosigkeit und die vollkommene Ignoranz gegenüber unserem Grundgesetz und europäischem Recht haben seine Untauglichkeit bestätigt“, sagte Esken der „Augsburger Allgemeinen“ vom Samstag. „Sein Agieren der vergangenen Wochen zeigt neben der fehlenden Haltung eben auch, dass er über keinerlei Regierungserfahrung verfügt.“
Esken fügte hinzu: „Unser Kanzleramt ist in diesen Zeiten aber nicht für einen Praktikantenjob geeignet. Wir brauchen einen Profi wie Olaf Scholz.“ Merz habe „viel Vertrauen in seine Person verspielt“. Der CDU-Chef sei im Austeilen besser als im Einstecken. „Womöglich hat er bis heute nicht überwunden, dass weder Kohl noch Merkel ihn für einen Kabinettsposten geeignet hielten.“
SPD profitiert nicht vom Einreißen der „Brandmauer“ durch die Union
Offenbar sieht man sich in der SPD angesichts des näher rückenden Wahltermins am 23. Februar immer stärker unter Druck. Denn laut jüngsten Umfragen schadete der Union das Einreißen der „Brandmauer“ gegen die AfD nicht. Laut aktuellem ARD-Deutschlandtrend kommt die Union auf 31 Prozent der Stimmen, die SPD dümpelt weiter bei 15 Prozent und konnte ganz offensichtlich nicht von der umstrittenen Merz-Aktion profitieren.
Dass die SPD im Wahlkampf einen Gang höher geschaltet hat, machte auch ein Mitte der Woche veröffentlichter Wahlwerbespot der Genossen deutlich. Ex-Parteichef Franz Müntefering lästert darin über Friedrich Merz und spricht ihm deutlich jede Eignung zum Bundeskanzler ab. Merz stelle sich seit jeher „auf die Seite der Gutbetuchten“. Schon Helmut Kohl habe den Sauerländer nicht als Minister haben wollen. Gleiches habe für Angela Merkel gegolten, sagt Müntefering, einst Merkels Stellvertreter.
Merz habe als Abgeordneter zudem immer viele Nebentätigkeiten gehabt und darüber nur ungern Auskunft erteilt, so Müntefering. Insgesamt wird vom Unions-Kanzlerkandidaten das Bild eines sozial kalten Politikers gezeichnet, der keinerlei Erfahrung im Regieren hat und noch nicht einmal ein Amt als Oberbürgermeister bekleidet habe. Es bestehe die Gefahr, dass ein „Frischling“ Kanzler werde, so Müntefering.
Merz und Esken geben sich aber auch versöhnlich
Trotz aller scharfen Töne wissen die Vertreter von CDU und SPD aber ganz offensichtlich auch, dass sie nach dem 23. Februar eventuell zusammenarbeiten müssen. So schloss Esken gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“ eine Koalition mit der Union nicht aus. „Demokratietheoretisch ist eine Große Koalition keine besonders gute Idee“, sagte die Parteichefin. „Gleichzeitig sind wir aber gehalten, mit allen demokratischen Kräften zusammenzuarbeiten.“
Auch Merz schlug am Samstag (8. Februar) geradezu versöhnliche Töne an und sagte dem Bayerischen Rundfunk am Rande des CSU-Parteitags in Nürnberg, SPD und Grüne seien „schon ganz vernünftig“, „wenn es darum geht, vernünftige und richtige Entscheidungen zu treffen“. Er wolle nach der Wahl „mit der SPD und mit anderen wieder vernünftige Gespräche führen“. (mit afp/dpa)