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Kampfjets für Saudi-ArabienGrüne kritisieren Baerbock nach umstrittener Eurofighter-Kehrtwende

Lesezeit 4 Minuten
Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) spricht bei ihrem derzeitigen Auslandsbesuch im Westjordanland mit durch Siedlergewalt vertriebenen Bewohnern der Gemeinde Al-Mazraah Al Qibliyah. Bei ihrer Nahostreise führt Baerbock Gespräche in Israel, in den Palästinensichen Gebieten, in Ägypten und im Libanon. (Symbolbild)

Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) spricht bei ihrem derzeitigen Auslandsbesuch im Westjordanland mit durch Siedlergewalt vertriebenen Bewohnern der Gemeinde Al-Mazraah Al Qibliyah. Bei ihrer Nahostreise führt Baerbock Gespräche in Israel, in den Palästinensichen Gebieten, in Ägypten und im Libanon. (Symbolbild)

Deutschland liefert eigentlich keine Waffen an Länder, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. Doch nun erhält Saudi-Arabien Eurofighter. Wieso?

Die Bundesregierung rückt von ihrem Nein zur Lieferung von Kampfflugzeugen an Saudi-Arabien ab. Deutschland werde sich dem britischen Wunsch nach Bau und Lieferung von Eurofighter-Jets an das Königreich nicht weiter „entgegenstellen“, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Sonntag bei einem Auslandsbesuch in Jerusalem. Zur Begründung verwies sie auf die konstruktive Rolle Saudi-Arabiens in der aktuellen Nahost-Krise und die Annäherung des Landes an Israel.

Annalena Baerbock deutet Kehrtwende bei Eurofighter-Entscheidung für Saudi-Arabien an

Annalena Baerbock hob hervor, dass Saudi-Arabien mehrfach Raketen abgefangen habe, welche die mit Iran verbündeten Huthi-Miliz aus dem Jemen auf Israel abgeschossen hatte. „Dass die saudische Luftwaffe dabei auch Eurofighter einsetzt, ist ein offenes Geheimnis“, sagte die Ministerin.

Das aktuelle Verhalten Saudi-Arabiens zeige „ein Bemühen um eine bessere Zukunft in der Region: Damit trägt Saudi-Arabien maßgeblich auch in diesen Tagen zur Sicherheit Israels bei, und es trägt dazu bei, die Gefahr eines regionalen Flächenbrands einzudämmen.“ Dafür sei Deutschland „dankbar“, sagte die Ministerin.

Grüne kritisieren Entscheidung von Bundesregierung und Annalena Baerbock zu Eurofightern

Baerbock fügte hinzu: „Gerade deshalb sehen wir nicht, dass wir uns als deutsche Bundesregierung den britischen Überlegungen zu weiteren Eurofightern entgegenstellen.“

Parteikollegen von Baerbock reagierten verständnislos ob der Kehrtwende der Ampel-Regierung in dieser Frage. Grünen-Politikerinnen kritisierten am Montag die Entscheidung, die Lieferung von Eurofightern an Saudi-Arabien doch nicht weiter zu unterbinden. Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sagte am Montagmorgen im RBB-Inforadio, dass sich die Lage seit dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel zwar verändert habe, „weil Saudi-Arabien eine andere Rolle einnimmt, als viele ihnen vor Jahren noch zu getraut hätten, und hier auch Israel unterstützt“.

Ricarda Lang fände Lieferung von Eurofighter an Saudi-Arabien falsch

Mit Blick auf die Menschenrechtssituation und die innere Verfasstheit Saudi-Arabiens finde sie eine Lieferung von Eurofightern aber nach wie vor falsch. „Ich fände es richtig, wenn wir bei der Position bleiben, dass keine Eurofighter an Saudi-Arabien geliefert werden.“

Bundeswehr-Soldaten machen auf einem Flugplatz einen deutschen Eurofighter startklar. (Symbolbild) Die Bundesregierung ist nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock offen für die Lieferung von Eurofigter-Kampfjets an Saudi-Arabien.

Bundeswehr-Soldaten machen auf einem Flugplatz einen deutschen Eurofighter startklar. (Symbolbild) Die Bundesregierung ist nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock offen für die Lieferung von Eurofigter-Kampfjets an Saudi-Arabien.

Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Sara Nanni, erinnerte im „Spiegel“ daran, dass sich die Bundesregierung noch im Sommer dazu bekannt habe, keine Eurofighter an das Land zu liefern. Das sei aus guten Gründen geschehen. „Ich erwarte, dass die Bundesregierung dabei bleibt. Es ist keine fünf Jahre her, da hat die von den Saudis geführte Allianz gegen den Jemen großflächig bombardiert.“ Zukünftige Kriege der Saudis würden ähnlich aussehen.

Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien sind wegen der Menschenrechtslage umstritten

Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien sind wegen der Menschenrechtslage in dem Königreich und wegen des auch militärischen Eingreifens in regionale Konflikte umstritten. Die Bundesregierung hatte im Juli entschieden, die Lieferung von Eurofightern an den reichen Golfstaat bis zum Ende der Wahlperiode im Herbst 2025 zu unterbinden.

Die Kampfjets sind ein europäisches Gemeinschaftsprojekt, an dem Deutschland beteiligt ist und deswegen ein Vetorecht bei Exportentscheidungen hat. Gefertigt werden sie in Großbritannien, das zu einer Lieferung bereit wäre. Unbestätigten Berichten zufolge soll es um 48 Jets gehen.

Fabio De Masi kritisiert Annalena Baerbock

Kritik an der sich andeutenden Entscheidung der Bundesregierung und an Annalena Baerbock im Konkreten kam auch vom ehemaligen Linken-Politiker Fabio De Masi, der sich jüngst der neu gegründeten Partei von Sahra Wagenknecht angeschlossen hatte. „Feministische Außenpolitik! Euro-Fighter für Saudi Arabien“, schrieb De Masi und wies auf eine entsprechende Passage zu Exportgenehmigungen im Koalitionsvertrag hin.

Die Bundesregierung hatte die Zustimmung für Eurofighter-Lieferungen an Saudi-Arabien bislang auch nicht erteilt, weil die Ampel-Parteien insbesondere auf Betreiben von Baerbocks Grünen in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hatten, „keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten“ zu erteilen, „solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind“.

Saudi-Arabien um Vermittlung bemüht

Saudi-Arabien war einer der Hauptakteure in diesem Krieg. Inzwischen bemüht es sich aber um eine politische Lösung des Konflikts. Zudem gab es in den vergangenen Monaten eine Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien, die letztlich in die Aufnahme diplomatischer Beziehungen münden könnte.

Politikwissenschaftler Carlo Masala nahm De Masis Äußerungen auf X zum Anlass, Baerbocks Außenpolitik in dieser Sache zu verteidigen. Es sei „immer wieder witzig“ zu beobachten, „wie die meisten, die feministische Außenpolitik doof finden und mehr Pragmatismus fordern, es jetzt doof finden, wenn Pragmatismus regiert“, so Masala mit Blick auf De Masis Äußerungen. (mit dpa)