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Behördenüberlastung nach Flut?Vorwürfe haben die Landesregierung erreicht

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NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU)

Düsseldorf – Der Vorgang hat Herbert Reul sichtlich verärgert. „Als Minister kann ich dazu nichts sagen, obwohl ich gerne würde“, sagte der CDU-Politiker im Düsseldorfer Landtag. In einer Aktuellen Stunde stand dort die Kündigung eines Abteilungsleiters der Kölner Bezirksregierung auf der Tagesordnung. Der hatte die hohe Arbeitsbelastung bei der Bearbeitung der Flut-Hilfen als Grund für die Trennung angegeben.

Ein Vorgang, der politischen Sprengstoff birgt. Denn die Landesregierung hatte den Bezirksregierungen angekündigt, sie bei der Bewältigung der Flutfolgen personell zu unterstützen. Hat Schwarz-Gelb das Versprechen gebrochen?

Pikanter Vorgang

Der Kündigungsvorgang ist auch deshalb pikant, weil es sich bei dem Abteilungsleiter um den früheren Bürgermeister von Bergisch Gladbach, Lutz Urbach, handelt. Der gehört, wie Reul, der CDU an, und beide haben ihre Heimat im CDU-Bezirk Bergisches Land. In seinem Kündigungsschreiben, das er persönlich an seinen Parteifreund Reul geschrieben hatte, beschwerte sich Urbach über die angeblich untragbaren Arbeitsbedingungen in der Bezirksregierung. Darin war von einer „Ausbeutung“ des Personals die Rede, die die Mitarbeiter krank mache. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte exklusiv über das Schreiben berichtet.

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Urbach hatte seinen Job nur wenige Monate ausgeübt, ehe er feststellte, dass die Tätigkeit ihm zu viel werden würde. In der Bezirksregierung und im Innenministerium sorgte das Bekanntwerden des Kündigungsschreibens – einer Steilvorlage für die Opposition - für massive Verstimmung.

Reul wies den Vorwurf einer strukturellen Arbeitsüberlastung bei den Mittelbehörden zurück. „Ja, die Bezirksregierungen haben wahnsinnig viel zu tun“, sagte der Politiker aus Leichlingen. Von einem „Organisationsversagen“ zu sprechen, sei aber eine „Frechheit“. „Im Jahr 2022 werden die Bezirksregierungen im Land insgesamt über 700 Haushaltsstellen mehr haben als vor Corona und vor der Flut“, sagte Reul. Zudem habe der NRW-Finanzminister zugestimmt, zur Bewältigung der Flutfolgen mit sofortiger Wirkung 203 Stellen einzurichten, die jetzt besetzt werden könnten.

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Die Opposition im NRW-Landtag sieht die Flutfolgen als zu schleppend bearbeitet an.

Christian Dahm, Vize-Chef der SPD-Landtagsfraktion, erklärte, das Krisenmanagement der Landesregierung bei der Flut-Katastrophe sei „unverantwortlich“. Die Personalprobleme seien seit langem bekannt, aber Schwarz-Gelb habe nicht gehandelt. „Stattdessen haben Sie ihre Ministerien um mehr als 1000 Stellen vergrößert“, sagte Dahm. Man habe die Hilfen für den Wiederaufbau einer personell nicht dafür gewappneten Behörde „aufgedrückt“.

Orientierung für Menschen und Kommunen

Horst Becker, früherer Verkehrsstaatssekretär der Grünen, kritisierte, dass in NRW klare Richtlinien für den Wiederaufbau fehlten. In Rheinland-Pfalz seien Zonen, in den zerstörte Häuser wieder aufgebaut werden könnten, klar definiert. „Dergleichen ist bis heute in NRW nicht zu sehen“, sagte Becker. Dabei sei es dringend nötig, den Menschen und den Kommunen eine nachvollziehbare Orientierung zu geben, so der Politiker aus Lohmar. Becker forderte die Landesregierung zudem auf, Klarheit über die Zukunft des Kiesabbaus in NRW zu schaffen: „Was machen Sie bei der Blessemer Kiesgrube? Gilt auch weiter ,Kohle machen mit Kies‘, oder nimmt hier endlich der Schutz von Mensch und Natur Vorrang ein?“

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Der CDU-Abgeordnete Daniel Sieveke warf SPD und Grünen vor, die Flut als Wahlkampfthema auszuschlachten: „Sie nutzen das Unglück für eine parteipolitische und persönliche Profilierungsoffensive.“ Dies sei „menschlich schäbig“ und ein „absolutes politisches No Go“.Unwetter mit massivem Dauerregen hatten Juli in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen eine Hochwasserkatastrophe ausgelöst. Ganze Landstriche wurden von den Wassermassen verwüstet. Nach ersten Schätzungen entstanden allein in NRW Schäden in Höhe von etwa 13 Milliarden Euro, 49 Menschen starben.