Die Liste der Änderungswünsche ist lang: Ende September forderte der Bundesrat die Ampelkoalition auf, den Gesetzentwurf zur Cannabislegalisierung an fast 50 Stellen zu überarbeiten. Das kann die Regierung allerdings gelassen sehen, schließlich benötigt das Gesetz im Bundesrat keine Zustimmung. Doch auch bei den Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP hält sich die Begeisterung über den federführend von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erarbeiteten Gesetzentwurf sehr in Grenzen.
Zu bürokratisch, zu restriktiv – so lautet die Einschätzung. Noch gibt es keine konkrete Abstimmung zwischen den Abgeordneten der Koalitionsparteien, welche Paragrafen bei den Beratungen im Bundestag noch geändert werden sollen. Doch einige Punkte zeichnen sich bereits ab.
Kiffen rund um viele Gebäude verbieten? – „Praxistauglich und weltfremd“
„In fast jeder Zeile des Gesetzentwurfs wird deutlich, dass Lauterbach die Legalisierung eigentlich gar nicht will“, heißt es hinter vorgehaltener Hand in den Koalitionsfraktionen. Es müsse nun darum gehen, die schlimmsten Hindernisse zu beseitigen. Immer wieder genannt wird dabei unter anderem die vorgesehene 200-Meter-Regel. Sie besagt, dass das öffentliche Kiffen nur erlaubt sein soll in Gegenden, die außerhalb eines Radius von 200 Metern um den Eingangsbereich von Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Sportstätten sowie Kinderspielplätzen liegen.
„Praxisuntauglich und weltfremd“, so das Urteil. Denn damit sei das Kiffen in Städten praktisch flächendeckend verboten, schließlich sei dort eine der im Gesetz genannten Einrichtungen immer in der Nähe. Für unsinnig wird auch gehalten, dass die starre Abstandsregel auch für die Lage der Cannabis-Anbauvereine gelten soll, die damit weitgehend aus Ballungsgebieten verbannt würden.
„Gerade in Städten kommt es doch oft vor, dass zwei Gebäude dicht beieinander liegen, aber der Weg zwischen den Eingängen Hunderte Meter weit ist“, so der Einwand. Abgelehnt wird zudem die Vorschrift, nach der in den Vereinen selbst (und 200 Meter darum) kein Cannabis konsumiert werden darf.
Selbst angebautes Cannabis soll nicht geteilt werden dürfen
Auf scharfe Kritik stößt darüber hinaus, dass Cannabis aus dem privaten Eigenanbau nicht geteilt werden darf, nicht einmal zum gemeinsamen Kiffen mit Freunden in der eigenen Wohnung. „Cannabis aus dem privaten Eigenanbau darf nicht an Dritte weitergegeben werden“, heißt es unmissverständlich im Gesetzentwurf.
Das war im Referentenentwurf aber noch anders geregelt: Demnach sollte die unentgeltliche Weitergabe an volljährige Personen „im Bereich der Wohnung der anbauenden Person zum unmittelbar auf die Weitergabe folgenden gemeinschaftlichen Konsum“ erlaubt sein.
Bei den Grünen heißt es zur Verschärfung, Ziel der Cannabislegalisierung sei es doch, den Schwarzmarkt trocken zu legen. Dann müsse aber gerade auch Gelegenheitskiffern, die kein Interesse an einem Anbauverein oder am Eigenanbau hätten, ein legaler Beschaffungsweg eröffnet werden. „Die Kriminalisierung der Weitergabe aus dem Eigenanbau ist kontraproduktiv“, so die Kritik.
In den Koalitionsfraktionen gibt es zudem die Sorge, der Gesetzentwurf für die sogenannte zweite Säule der Cannabis-Legalisierung – Modellversuche für den legalen Verkauf in lizenzierten Geschäften – werde von Lauterbach bewusst verschleppt und damit in dieser Wahlperiode nicht mehr umgesetzt. Um dem vorzubeugen wird überlegt, die grundsätzliche Möglichkeit für Pilotprojekte schon in den aktuellen Gesetzentwurf („erste Säule“) einzubauen.
Gefordert wird zudem, dort einen höheren THC-Grenzwert für den Straßenverkehr festzulegen. Denn der aktuelle Grenzwert von 1,0 Nanogramm pro Milliliter Blutserum wird unter Umständen auch Tage nach einem Joint noch überschritten. „Das ist Prohibition durch die Hintertür und darf nicht so bleiben“, heißt es in den Koalitionsfraktionen.