„Nie wieder Angriffskrieg, nie wieder Völkermord“, sagt Lettlands Präsident. Die Demokratien müssten jetzt gegen den russischen Agressor zusammenstehen.
Gedenkstunde im BundestagLettlands Präsident fordert Tribunal gegen Russland
Lettlands Präsident Egils Levits hat ein internationales Sondertribunal gefordert, um die juristischen Aspekte des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine aufzuarbeiten. „Man braucht nur den politischen Willen dafür“, sagte Levits in einer Gedenkstunde im Deutschen Bundestag zum Volkstrauertag.
In seiner Rede lobte Levits den deutschen Umgang mit der Vergangenheit als beispielhaft und als Garant für ein demokratisches Europa. In Russland hingegen sei die „Wiedergeburt der kruden Ideologie des russischen Imperialismus“ ausschlaggebend für den Angriffskrieg auf die Ukraine.
„Die deutsche Vergangenheitsbewältigung ist zu einem globalen Vorbild geworden, Russland ist das krasse Gegenbeispiel“, sagte Levits. Der 65-jährige Jurist stammt aus einer jüdischen Familie in Riga, die 1973 aus der damaligen Sowjetunion ausgewiesen wurde. Bis 1991 lebte und arbeitete er in der Bundesrepublik, dann kehrte er ins unabhängig gewordene Lettland zurück.
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„Nie wieder Angriffskrieg, nie wieder Völkermord“
Das nationalsozialistische Deutschland und die stalinistische Sowjetunion hätten sich als Besatzungsmächte in Lettland abgewechselt, sagte Levits. „Beide Besatzungsmächte haben Menschen in Lettland ermordet und deportiert. Warum sind die Deutschen heute unsere Freunde, unsere festen Partner? Warum können wir mit ihnen eine gemeinsame Zukunft bauen, während Russland Angst und Schrecken verbreitet?“
Deutschland habe durch den Umgang mit seiner Vergangenheit ein demokratisches Fundament aufgebaut, sagte Levits. In Russland sei das nicht möglich, denn „die Wahrheit würde die Fundamente der autokratischen Macht angreifen“.
Am Volkstrauertag am 13. November wird den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft gedacht. In Berlin fand anlässlich des Gedenktages eine zentrale Gedenkstunde im Plenarsaal des Bundestages statt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach das Trauergedenken, Levits war der diesjährige Gedenkredner. Die Demokratien müssten jetzt gegen den russischen Agressor zusammenstehen und die Ukraine mit Geld und Waffen unterstützen. „Nie wieder Angriffskrieg, nie wieder Völkermord“, schloss er seine Ansprache.
Der Präsident des Volksbundes Kriegsgräberfürsorge, Wolfgang Schneiderhan, hatte zuvor anlässlich des Volkstrauertags an diesem Sonntag auf die Langzeitfolgen des Angriffskriegs gegen die Ukraine für die russische Gesellschaft hingewiesen.
Russlands Gesellschaft muss die Folgen des Kriegs verarbeiten
„Man sagt, es sei Putins Krieg“, sagte Schneiderhan dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Das stimme zwar, dennoch seien es auch russische Männer, die in diesem Krieg Verbrechen begingen. „Damit ist das Problem der zukünftigen russischen Gesellschaft angesprochen, die mit dieser Verantwortung fertig werden muss“, sagte der General a. D. der Bundeswehr.
„Die deutsche Geschichte ist eine Lehrmeisterin, was das bedeutet und wie lange es dauert“, so Schneiderhan. Einer pauschalen Ablehnung Russlands und seiner Bevölkerung wolle er aber nicht zustimmen. Es sei wichtig, Lehren aus der Geschichte zu ziehen: „Putin hat aus dem Ende der Sowjetunion eine völlig andere Lehre gezogen als wir“, sagte Schneiderhan.
„Wir erleben seit Monaten einen Krieg in Europa“, sagte Schneiderhan. „Wir sehen, dass Städte zerstört werden, gezielt Infrastruktur vernichtet wird, Zivilisten ermordet werden, wie verzweifelte Menschen fliehen müssen.“
Das Gedenken am Volkstrauertag an die Toten der beiden Weltkriege, an die Einsatztoten im Ausland, an die Opfer von Hass und Hetze, von Krieg und Gewalt sei auch immer eine Mahnung an die Lebenden.
„Politik und Gesellschaft müssen wissen, ob sie diesen Tag so wollen“, sagte der Präsident des Volksbundes. „Wir wünschen auch ein zeitgemäßes Gedenken, keine erstarrten Rituale. Es muss für junge Menschen auch nachvollziehbar sein.“ Deswegen bringe der Volksbund junge Menschen auf den Kriegsgräberstätten zusammen. „Dort sehen sie die Folgen von Krieg und Gewalt. Das lässt niemanden unbeeindruckt“, so Schneiderhan.