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Gespräche zwischen SPD und CDUWird die GroKo zum Notnagel für NRW?

Lesezeit 5 Minuten
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Möglich, aber unwahrscheinlich: Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sprach mit SPD-Chef Thomas Kutschaty über die Option Groko.

  1. Schon am Sonntag sollen die Parteigremien über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen abstimmen.
  2. In NRW können CDU und Grüne traditionell gut miteinander.
  3. Zwei Elfer-Teams verhandeln, für die Grünen ist aus Köln Integrationsexpertin Berivan Aymaz dabei.
  4. Ganz ausschließen will niemand auch eine Große Koalition - für Kutschaty ist sie aber unattraktiv.

Düsseldorf – Wenn alle Stricke reißen, könnte es in NRW auch eine Große Koalition geben. Das war die Botschaft, die nach dem Treffen von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und SPD-Chef Thomas Kutschaty zwar nicht explizit ausgesprochen wurde, aber aus den üblichen, freundlich vorgetragenen Floskeln abgeleitet werden kann.

„Es ist wichtig, dass man einfach miteinander auch jenseits von Wahlkämpfen einen kollegialen, fairen und professionellen Austausch hat und pflegt“, sagte Wüst, als er vor die Journalisten trat. Auch Kutschaty sprach von einem guten Gespräch: „Wir haben diverse große Herausforderungen angesprochen, die in den nächsten Jahren zu bewerkstelligen sind“, sagte der Politiker aus Essen. Wäre eine GroKo ausgeschlossen, hätten die Statements wohl weniger harmonisch geklungen.

Treffen in Saal 11 heißt: keine große Bedeutung

Das Treffen im Saal 11 im Erdgeschoss des Düsseldorfer Landtags fand in kleiner Runde statt. Das verdeutlicht schon, dass dem Austausch keine größere Bedeutung zugerechnet wurde. Die Parteichefs hatten jeweils nur einen Vertrauten an ihrer Seite. Wüst kam mit dem Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski. Kutschaty hatte SPD-Generalsekretärin Nadja Lüders mitgebracht.

Rund 70 Minuten nahmen sich die Mini-Delegationen Zeit, um bei Lachsbrötchen und Obstsalat miteinander zu plaudern. Wahrscheinlich hätte es auch schneller gehen können, aber eine gewisse Mindestlänge von Kooperationsgesprächen gehört wohl zum politischen Anstand. Am Wahlabend hatten Wüst und Kutschaty vor ihren Anhängern angekündigt, sie würden mit allen demokratischen Parteien Gespräche führen. Das Thema ist jetzt abgehakt.

Weder bei der CDU noch bei der SPD glaubt man daran, dass die Große Koalition als Bündnisoption in NRW noch ernsthaft auf den Tisch kommt. Denn dann müssten zuvor sowohl die Gespräche über Schwarz-Grün als auch die über die Bildung einer Ampel aus SPD, Grünen und FDP gescheitert seien. Sollten die Verhandlungen von CDU und Grünen ihr Ziel verfehlen, wird sich Kutschaty kaum die Chance entgehen lassen, sich zum Ministerpräsidenten eines Dreierpakts küren zu lassen. In einer Groko bliebe der SPD nur die Rolle des Juniorpartners einer von Hendrik Wüst geführten Landesregierung – das ist keine attraktive Option.

Sondierungsgespräche starten am Dienstag

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis ging die CDU aus der Landtagswahl mit leichten Zuwächsen mit 35,7 Prozent (2017: 33,0) als Wahlsiegerin hervor. Die SPD rutschte mit 26,7 Prozent auf ihr schlechtestes Ergebnis bei einer NRW-Landtagswahl ab. Die Grünen konnten ihren Stimmenanteil im Vergleich zu 2017 auf 18,2 Prozent fast verdreifachen. Die FDP verlor so stark wie noch nie bei einer NRW-Landtagswahl und erzielte nur noch 5,9 Prozent. Die AfD verschlechterte sich um zwei Punkte auf 5,4 Prozent.

Wie am Montag bekannt wurde, wollen nun CDU und Grüne am Dienstag Sondierungsgespräche in Düsseldorf aufnehmen. Die Verhandlungen finden ab 14.30 Uhr im Künstlerverein Malkasten statt. Bereits am Sonntag sollen dann die Parteigremien über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen abstimmen. Bei den Grünen kommt ein kleiner Parteitag, bei der CDU der erweiterte Landesvorstand zusammen. „Wir sind uns bewusst, dass die jetzt folgenden Gespräche keine einfachen werden und von allen Beteiligten zum Teil weite Wege verlangen“, erklärte die Spitzenkandidatin. Die CDU habe „sehr ernsthaftes Interesse an der Bildung einer Koalition signalisiert“.

Sowohl bei der CDU als auch bei den Grünen hält man die inhaltlichen Hürden einer Zusammenarbeit grundsätzlich für überwindbar. Läuft alles glatt, könnte die neue Landesregierung noch vor der Sommerpause, die Ende Juni beginnt, ernannt werden.

Zwei Elfer-Teams verhandeln

Zu der Sondierungsrunde kommen beide Teams mit elf Verhandlern. Bei der CDU sitzen neben Wüst und Liminski die Kabinettsmitglieder Herbert Reul (Inneres), Karl-Josef Laumann (Arbeit, Gesundheit und Soziales), Ina Scharrenbach (Bauen und Heimat) und Lutz Lienenkämper (Finanzen) mit am Tisch. Aus dem Parteivorstand ist Elisabeth Winkelmeier-Becker mit dabei. Auch die Integrationsstaatsekretärin Gonca Türkeli-Dehnert wurde berufen, ebenso wie Generalsekretär Josef Hovenjürgen und Fraktionschef Bodo Löttgen.

Während die CDU auf ihr bewährtes Personal setzt, gibt es bei der Besetzung des Sondierungsteams der Grünen Überraschungen. Neben der erwarteten Verstärkung aus Berlin durch Oliver Krischer (Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium von Robert Habeck) und Irene Mihalic (Innenexpertin) wurde als Fachmann für den ländlichen Raum der Bürgermeister von Emsdetten, Oliver Kellner in die Runde berufen. Den „Ritterschlag“ von Neubaur erhielt zudem die EU-Politikerin Terry Reintke, die sich für Gleichstellung engagiert.

Klocke überraschend nicht zu Verhandlungen eingeladen

Aus Köln ist die Integrationsexpertin Berivan Aymaz mit dabei, aus Bonn Oberbürgermeisterin Katja Dörner. Der frühere Partei- und Fraktionschef Arndt Klocke, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, ist hingegen überraschend nicht in die Runde berufen worden. Auch andere Fachpolitiker der Fraktion gingen leer aus.

Bei den Grünen hieß es, Neubaur wolle mit dem Team die „ganze Breite“ der Partei abbilden. Auf diese Weise könnte das Votum der Sondierungsgruppe mit einer stärkeren Legitimation ausgestattet werden. „Sollte die Runde tatsächlich Koalitionsverhandlungen mit der CDU empfehlen, müssten bei dem kleinen Parteitag die Basisvertreter überzeugt werden“, sagte ein Insider. „Da sind die Fans eines schwarz-grünen Bündnisses bislang in der Minderheit.“

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Das persönliche Verhältnis zwischen Wüst und Neubaur gilt als störungsfrei bis gut. Gute Kontakte zwischen CDU und Grünen haben Tradition in NRW. Schon der früherer NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (regierte von 2005 bis 2010) pflegte – sehr zur Verärgerung seines Koalitionspartners FDP - einen guten Draht zur Ökopartei. Der frühere Landesvater traf sich bisweilen in Köln-Neuehrenfeld mit der damaligen Grünen Fraktionschefin Sylvia Löhrmann zum Abendessen.