Düsseldorf. – Das Treffen der Verhandlungsdelegationen findet im Saal „Merkur“ auf der ersten Etage des Düsseldorfer NH-Hotels statt. Fünf Grüne und fünf Sozialdemokraten tauschen sich darüber aus, ob und unter welchen Voraussetzungen Sondierungen zwischen SPD und Grünen Sinn ergeben würden. SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty würde mit den Grünen gerne eine Regierung bilden. Das Problem: Dazu fehlt den Parteien die erforderliche Mehrheit.
Während das Unwetter am Freitagnachmittag über der Landeshauptstadt tobt, geht es bei dem Spitzentreffen hinter verschlossenen Türen wohl eher um eine gemeinsame Lagebewertung als um den Austausch von Eckpunkten. „Die Gespräche verliefen ernsthaft und in einer freundlichen Atmosphäre“, sagt die Spitzenkandidatin der Grünen, Mona Neubaur, im Anschluss an die zweistündigen Gespräche. Mehr nicht. Kutschaty ergänzt, die SPD werde am Sonntag im Parteipräsidium besprechen, wie es jetzt weiter gehen soll.
Gespräch mit FDP war vertraulich
Kutschaty weiß, dass er mit Neubaur Geduld haben muss. Erst, wenn die Gespräche zwischen Grünen und CDU, die im nächsten Landtag gemeinsam über eine satte Mehrheit für ein Zweierbündnis verfügen, scheitern, kann er Neubaur mit einem Ampel-Bündnis locken. Am Donnerstag hatte der SPD-Vorsitzende bereits mit FDP-Chef Joachim Stamp in einem Vier-Augen-Gespräch die Erfolgschancen ausgelotet. Über das Ergebnis sei Vertraulichkeit vereinbart worden, heißt es.
Bereits im Landesvorstand der Liberalen am Montagabend hatte sich Euphorie für eine Ampel in Grenzen gehalten. Aber nichts ist unmöglich – CDU und SPD wollen am Montag sogar die Chancen einer großen Koalition ausloten.
SPD drohen weitere fünf Jahre Opposition
So, wie es derzeit aussieht, wird die SPD eher keine Regierung bilden können. Der Partei drohen weitere fünf Jahre in der Opposition. Am Samstag wollen Kutschaty und SPD-Generalsekretärin Nadja Lüders die Situation in einer Online-Schalte mit den Vorsitzenden der 54 Unterbezirke analysieren. Schon jetzt ist klar, dass es Kritik am SPD-Wahlkampf geben wird.
Einer, der Klartext spricht, ist der Bürgermeister von Herford, Tim Kähler. Der 54-Jährige gehört dem Vorstand der SGK an, dem Zusammenschluss der Kommunalpolitiker in der NRW-SPD. „Die Wahlniederlage der NRW-SPD war absehbar. Kutschaty hatte gehofft, er könne einfach im Windschatten von Olaf Scholz in die Staatskanzlei einlaufen“, kritisiert Kähler. Und fügt hinzu: „Der SPD-Wahlkampf war kein Sturm, sondern nur ein laues Lüftchen.“
Kutschaty habe Chancen verpasst
Woran lag das? „Der SPD ist es nicht gelungen, die CDU beim zentralen Thema Energieversorgung zu stellen. Die Leute machen sich doch alle Gedanken darüber, ob sie im nächsten Winter noch heizen können und was das dann kostest“, erläutert Kähler. Kutschaty habe die Chance verpasst, sich in Abgrenzung zu Wüst als den Kandidaten zu präsentieren, bei dem das Thema Energieversorgung in den besseren Händen ist.
„Warum ist Außenministerin Baerbock in der letzten Wahlkampfwoche nach Kiew gereist, und nicht Scholz und Kutschaty? Dort hätte die SPD freundlich adressieren können, dass ein Gas-Embargo derzeit zu hohe Risiken für die Menschen in NRW mit sich bringt. Das hätte den Nerv der Menschen getroffen“, so Kähler.
SPD-Wahlkampf zu zahm
Dem SGK-Vorstand ist der SPD-Wahlkampf insgesamt „zu zahm und zu wenig überraschend“ gewesen. „Es reicht nicht aus, ein netter Kerl aus dem Ruhrgebiet zu sein, der der Erste in einer armen Familie war, der das Abitur geschaffte hat.“
Die SPD müsse die Wahlkampf-Fehler jetzt schonungslos aufarbeiten: „Dazu gehört auch darüber nachzudenken, wer die SPD in die Zukunft führt. Das Beispiel von Mona Neubaur zeigt, dass man nicht im Parlament Politik machen muss, um bei einer Landtagswahl ein tolles Ergebnis erzielen zu können.“