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FraktionssitzungenDebatte um Schwarz-Grün und Ampel – Krisensitzung bei der FDP

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Grünen-Chefin Mona Neubaur

Düsseldorf – Nein, es soll keine Selfies vom ersten Sondierungstreffen mit der CDU geben. Mona Neubaur legt keinen Wert darauf, dass gemeinsame Fotos von ihr und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst demnächst in den sozialen Netzwerken verbreitet werden. Man muss sich ja nicht alles von Annalena Baerbock und Robert Habeck abgucken. Düsseldorf ist eben nicht Berlin. „Wir machen keine mediale Inszenierung“, stellt die Spitzenkandidatin der NRW-Grünen fest.

Das hört sich spaßbefreit an, soll aber vor allem eins ausdrücken: Dass die Grünen es ernst damit meinen, auszuloten, mit wem man am besten regieren kann. Da sollen Bilder keine vorschnellen Botschaften aussenden.

Am Tag zwei nach den Landtagswahlen kamen die neu gewählten Fraktionen erstmals im Plenargebäude zusammen. Den Grünen wurde von der Landtagsverwaltung vorübergehend ein neuer größerer Saal im Erdgeschoss zugewiesen, weil die Fraktion von 14 auf 39 Abgeordnete angewachsen ist.

Neubaur gut vorbereitet

Vor der Tür steht Neubaur mit ihrem vierköpfigen Verhandlungsteam und beantwortet die Fragen der Journalisten. Ja, man habe die Einladung der CDU zu einem ersten Treffen bekommen und werde jetzt das erste Gespräch mit den Christdemokraten führen, bestätigt die Parteichefin der Grünen: „Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen - auch in schwierigen Zeiten.“

Mona Neubaur wirkt gut vorbereitet. Sie habe die Programme der anderen Parteien im Wahlkampf genau gelesen und wissen, wo mögliche Knackpunkte liegen könnten. Das Land brauche eine Regierung „auf der Höhe der Zeit mit einer starken grünen Handschrift in der Politik“. Auch bei der CDU sehe sie Veränderungsbereitschaft. Ob es am Ende zu einer Zusammenarbeit reichen wird, müsse man sehen. Bei den ersten Gesprächen rechnet Neubaur mit einer „gemeinsamen Analyse“. Das heiße nicht, dass schon erste Punkte „abgehakt“ würden.

CDU: Koalition „auf Augenhöhe schmieden"

Die Grünen hatten am Sonntag 18,2 Prozent der Stimmen erhalten. Wann genau das erste Gespräch zwischen CDU und Grünen stattfinden soll, war am Dienstag noch unklar. Für die CDU trat Fraktionschef Bodo Löttgen vor die Presse. Es gehe darum, eine Koalition auf Augenhöhe zu schmieden, betonte der frühere Personenschützer. Zu den Schwerpunktthemen zählten der Kampf gegen den Klimawandel, moderne Arbeitsplätze und Mobilität, bezahlbares Wohnen und beste Bildung. Das Wahlkampfprogramm der Grünen habe er noch nicht vollständig gelesen, räumte Löttgen ein.

Der neuen CDU-Fraktion gehört nun auch NRW-Innenminister Herbert Reul an, dem augenzwinkernd angeboten wurde, der jungen Gruppe in der Fraktion beizutreten. Der 69-jährige ist nun tatsächlich der älteste Fraktions-Abgeordnete. Am 1. Juni wird er als Alterspräsident die konstituierende Sitzung des neu gewählten Landtags eröffnen.

Löttgen

Koalition auf Augenhöhe schmieden: CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen 

Löttgen beklagte, dass unter den 76 CDU-Abgeordneten, die ausnahmslos mit Direktmandat in den Landtag einziehen, nur 16 Frauen sind. „Das entspricht nicht dem Anspruch einer Volkspartei und nicht unserem Anspruch, breite Schichten der Gesellschaft abzubilden“, sagte der Politiker aus dem Sauerland. Die CDU hatte bei den Landtagswahlen 35,7 Prozent der Stimmen bekommen.

SPD-Flutexperte Kämmerling verfehlt Landtagsmandat

Die SPD-Fraktion hat sich nach der Landtagswahl um sechs Abgeordnete verkleinert. Zu den Mitgliedern, die den Einzug verfehlten, gehört auch der bisherige Obmann im Untersuchungsausschuss zur Flut, Stefan Kämmerling, der die CDU mit kritischen Fragen zur Mallorca-Affäre stark unter Druck gesetzt hatte.

Die frühere NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die nicht mehr zur Wahl angetreten war und ebenfalls aus dem Parlament ausscheidet, lobte Kämmerling. Es sei wichtig, dass man in der politischen Auseinandersetzung auch mal „Attacke fahren“ könne, sagte Kraft.

SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty wurde vorläufig in seinem Amt bestätigt. Dafür sprachen sich die Abgeordneten einstimmig aus. Die Sozialdemokraten waren bei der Landtagswahl auf einen historischen Tiefstand von 26,7 Prozent gesackt. Insgesamt schrumpfte die SPD-Fraktion um 13 auf 56 Abgeordnete.

Stamp: Wir haben keine Personaldebatten

In der dezimierten FDP-Fraktion, die nur noch aus zwölf Parlamentariern besteht, wurden der Fraktionsvorsitzende Christof Rasche und Fraktionsgeschäftsführer Henning Höne mit elf Stimmen bei einer Enthaltung für ein Jahr in ihren Ämtern bestätigt. Parteichef Joachim Stamp erklärte, dass er nicht zurücktreten werde. „Für uns ist völlig klar, dass wir hier jetzt einen intensiven Strategieprozess führen werden in den nächsten Wochen und Monaten unter meiner Leitung“, sagte Stamp. „Wir haben keine Personaldebatten.“

Am Montagabend hatte der FDP-Landesvorstand bis nach Mitternacht über die Ursachen für den Absturz bei der Landtagswahl diskutiert. Dabei war neben der schlechten Kommunikation zu den Corona-Maßnahmen an den Schulen, die von Schulministerin Yvonne Gebauer eingeräumt wurde, auch über die Wahlplakate diskutiert. So habe der Slogan „Wenn Deine Oma online ist, kann das Amt das auch“, die älteren Wähler vergrault, hieß es. Stamp und Rasche wurde vorgeworfen, sie hätten sich nicht rechtzeitig von der CDU abgesetzt.

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Spätestens, nachdem Wüst im Herbst vergangenen Jahres seinen Vorgänger Armin Laschet (CDU) abgelöst habe, sei es dafür Zeit geworden. Der CDU sei es gelungen, Erfolge der Liberalen für sich zu verbuchen.

Die Ampel-Koalition war in der Sitzung des FDP-Landesvorstands kein ernsthaftes Thema. Viele Liberale fürchten, die Partei könnte in fünf Jahren die Rückkehr in den Landtag verfehlen, wenn es zu einem solchen Bündnis kommen sollte. Stamp sprach sich dafür aus, Gespräche mit den anderen Parteien anzunehmen. „Wir unterhalten uns immer mit allen demokratischen Parteien - allerdings wissen wir nicht, worum es gehen soll. Es gibt einen klaren schwarz-grünen Regierungsauftrag. Das sind die Wahlgewinner“, sagte der Politiker. „Was klar ist, wir werden eine offensive Oppositionspolitik machen.“ Bei der Wahl hatte die FDP 5,9 Prozent der Stimmen erhalten.