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Kommentar zur NRW-WahlKlarer Auftrag für Schwarz-Grün

Lesezeit 4 Minuten
Wüst lacht

Gut gelaunt: Hendrik Wüst, amtierender und möglicherweise auch künftiger NRW-Ministerpräsident

NRW hat gewählt, und es gibt zwei strahlende Sieger: Die CDU mit Ministerpräsident Hendrik Wüst und die Grünen mit Spitzenkandidatin Mona Neubaur. Beide Parteien konnten ihr Ergebnis von 2017 verbessern, die Grünen sogar fast verdreifachen. Die SPD hingegen fuhr mit Spitzenkandidat Thomas Kutschaty das historisch schlechteste Ergebnis der Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr ein.

Die mehr als 13 Millionen Wahlberechtigten haben damit einen klaren Regierungsauftrag für Schwarz-Grün erteilt. Dennoch ist noch nicht endgültig klar, ob es zu diesem Bündnis kommt. Rein rechnerisch ist nach den Hochrechnungen auch eine Ampel noch nicht endgültig vom Tisch.

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Wüst, der erst im Herbst die Nachfolge von Armin Laschet angetreten hatte und kaum einen Amtsbonus aufbauen konnte, ging mit deutlich größerem Vorsprung als erwartet über die Ziellinie. Offensichtlich ist es ihm in relativ kurzer Zeit gelungen, ein Gefühl von Überdruss und Unzufriedenheit mit der größten Regierungspartei in NRW ins Gegenteil zu verkehren. Nach Laschets Niederlage bei der Bundestagswahl vom September lag die CDU im Land zeitweise bei nur noch 17 Prozent.

Endgültig freuen über den Machterhalt kann sich Wüst nach dieser beeindruckenden Aufholjagd jedoch noch nicht. Da Kutschaty bekräftigt hat, auch als Zweitplatzierter den Regierungschef stellen zu wollen, ist nicht auszuschließen, dass es in den kommenden Wochen doch noch zu einem Krimi um die Macht kommen könnte.

Die Grünen entscheiden, wer führt

Am Ende, so viel steht fest, werden die Grünen als Punktsieger der Wahl entscheiden, wer künftig die Staatskanzlei führt. Mona Neubaur findet sich in der Rolle der Königsmacherin von Düsseldorf wieder und wird schon als künftige Vize-Ministerpräsidentin gehandelt. Im künftigen Kabinett wird sie – nach dem Vorbild Robert Habecks im Bund – ein Superministerium für Wirtschaft und Klima beanspruchen. Basis dafür ist das mit Abstand beste Ergebnis, das die Grünen im Industrieland NRW je erzielt haben. Im Wahlkampf hatte Neubaur deutlich gemacht, dass ihr ein Zweierbündnis – also Rot-Grün oder Schwarz-Grün – lieber ist als eine Dreierkonstellation. Eine klare Präferenz vermied sie allerdings.

Für die FDP kam es am Ende viel schlimmer als erwartet. Die Liberalen mussten sogar lange um den Wiedereinzug in den Landtag zittern. Von den Wählerinnen und Wählern wurden sie insbesondere für ihre Schulpolitik abgestraft, ganz ähnlich wie die Grünen, die vor der Wahl 2017 die Schulministerin gestellt hatten.

Schwarz-Gelb hat klar eine erneute Mehrheit verfehlt. Der erste Auftrag zu Sondierungen geht eindeutig an den Wahlsieger Wüst – und zwar mit der Wahlsiegerin Neubaur. Doch so einfach werden ihre beiden Parteien nicht zusammenkommen. Wüst wird den Grünen eine goldene Brücke bauen müssen und dafür eigene Widerstände übers Geländer werfen müssen, etwa beim Bau neuer Windkraftanlagen, der Solardachpflicht und dem von den Grünen geforderten Stopp beim Flächenverbrauch.

Schwarz-Grün: ein mögliches Erfolgsmodell

Für das Land wäre Schwarz-Grün eine neue, unverbrauchte Option, möglicherweise ein Erfolgsmodell. Basis könnte das Bekenntnis beider Parteien zum Kohle-Ausstieg 2030 sein. Auch bei anderen Themen wie Schule und Bildung, Gesundheit und Sicherheit, ÖPNV und Bürokratieabbau gibt es Schnittmengen. Scheitern könnten die Verhandlungen, wenn die Grünen den Bogen überspannen und die CDU an den Rand der Selbstverleugnung treiben.

Hinzu kommt, dass in NRW die Positionen von SPD und Grünen einerseits und CDU und FDP andererseits weiter auseinanderliegen als in anderen Ländern und im Bund. An der traditionell eher linken Grünen-Basis gibt es laut Umfragen bislang eine klare Präferenz für Rot-Grün.Kein Zweifel: Diese Option wäre die Herzenskoalition von Kutschaty wie auch von Neubaur. Es wäre nun aber vermessen, wenn die SPD – wie es ihr Generalsekretär Kevin Kühnert am Wahlabend tat – aus ihrem Ergebnis einen Verhandlungsauftrag abzuleiten versuchte.

Gelingt Wüst ein schwarz-grünes Bündnis in NRW, zählt er endgültig zu den Hoffnungsträgern der Union. Bei der Auswahl des nächsten Kanzlerkandidaten der CDU/CSU wäre Wüst in aussichtsreicher Position. Für Kutschaty hingegen ist die Wahl eine große Enttäuschung. Sie ist auch ein Rückschlag für den SPD-Kanzler Olaf Scholz. Dessen Kurs im Ukraine-Krieg hat seiner Partei in NRW keinen Rückenwind gebracht.