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„Schallende Ohrfeige“Union verurteilt Ampel scharf für Heizungsgesetz – FDP-Politiker geben Grünen die Schuld

Lesezeit 4 Minuten
Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, nimmt neben Klara Geywitz (SPD), Bundesministerin für Bau und Wohnen, bei einer Pressekonferenz.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) wollten das Gebäudeenergiegesetz eigentlich vor der Sommerpause im Bundestag beschließen. Daraus wird nichts.

Der vorläufige Stopp des Gesetzgebungsverfahrens zum Gebäudeenergiegesetz freut vor allem die Opposition. Ein FDP-Politiker stellt eine steile These auf.

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) wird nicht mehr vor der Sommerpause im Bundestag verabschiedet. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erklärte am Mittwochabend das Vorgehen im aktuellen Verfahren für gesetzeswidrig und stoppte die für Donnerstag angesetzte zweite und dritte Lesung im Bundestag. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann hatte gegen das Verfahren geklagt. Die Kritiker des GEG finden deutliche Worte – die FDP macht in Teilen die Grünen für die Niederlage verantwortlich.

„Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist eine schwere Niederlage für die Bundesregierung von Olaf Scholz. Dem unsäglichen Umgang der Bundesregierung mit dem Parlament und der Öffentlichkeit wurde nun ein Riegel vorgeschoben“, schrieb der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz auf Twitter. Klimaschutz ginge nicht mit der Brechstange, sondern nur durch „gute und gründliche Beratung im Bundestag“.

Heizungsgesetz: Abstimmung vor der Sommerpause gestoppt – Wolfgang Kubicki gibt Grünen die Schuld

CSU-Generalsekretär Martin Huber wurde nochmal deutlicher und sprach von einer „schallenden Ohrfeige für die Bundesregierung“. Er forderte: „Das Heizgesetz muss weg und komplett neu aufgesetzt werden.“ Vertreter der Union hatten in den vergangenen Wochen wiederholt das Vorgehen im Streit um die Novelle des „Heizungsgesetzes“ kritisiert, hielten sich mit konkreten Vorschlägen allerdings zurück.

Der FDP-Vizevorsitzende Wolfgang Kubicki sieht in dem Karlsruher Urteil im Eilverfahren eine „verdiente Quittung für die Grünen, die in dieses Verfahren einen unerklärlichen Druck hineingegeben haben“, wie er der Funke-Mediengruppe sagte.

Gebäudeenergiegesetz: Frank Schäffler schießt sich auf Grüne ein und macht sie für das Erstarken der AfD verantwortlich

Der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler, einer der schärfsten Kritiker des GEG, lobte die Entscheidung. „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Es war falsch, den Grünen hier auf den Leim zu gehen“, schrieb er auf Twitter. Schäffler war in den vergangenen Wochen ebenfalls in die Kritik geraten, nachdem publik wurde, dass die von ihm großspurig angekündigten „100 Fragen zum Heizungsgesetz an Robert Habeck“ nie beim Bundeswirtschaftsministerium eingegangen waren.

Schäffler sieht in dem Urteil dennoch vor allem eine schwere Niederlage für die Grünen und stellt einen Bezug um Erstarken der AfD her: „Der Beschluss des [Bundesverfassungsgerichts] ist eine herbe Klatsche für die parlamentarische Demokratie. Die Grünen um Robert Habeck müssen sich fragen, ob sie nicht ursächlich verantwortlich für das Erstarken der politischen Ränder sind.“

Nach Niederlage vor Bundesverfassungsgericht: SPD und Grüne reagieren gelassen auf Verschiebung der Abstimmung

SPD und Grüne reagierten zunächst gelassen auf die Entscheidung aus Karlsruhe und kündigten schnell die nächsten Schritte an. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte der „Rheinischen Post“: „Die Entscheidung ist selbstverständlich zu respektieren. Den Inhalt des Gesetzes betrifft sie nicht. Ausdrücklich weist das Gericht auf die Möglichkeit einer Sondersitzung hin, über die nun beraten werden muss.“

Das Bundesverfassungsgericht räumt in seinem Urteil tatsächlich die Möglichkeit einer Sondersitzung des Deutschen Bundestags noch im Juli ein, sollte ansonsten das Inkrafttreten der Gesetzesnovelle am 1. Januar 2024 gefährdet sein. Das Parlament geht eigentlich am Freitag bis September in die Sommerpause, die Ampel-Parteien hatten explizit auf einen Gesetzesbeschluss in dieser Woche gesetzt.

Schlupfloch für das Heizungsgesetz: Kommt es zur Sondersitzung in der Sommerpause?

Der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion, Andreas Jung, sprach sich allerdings gegen diese Möglichkeit aus: „Das verloren gegangene Vertrauen kann nicht mit dem Durchdrücken des unveränderten Gesetzes in einer Sondersitzung im Sommer wiederhergestellt werden“, sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende der Deutschen Presse-Agentur.

Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich will am Donnerstag entscheiden, wie es weitergeht: „Wir nehmen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Kenntnis und werden diese Woche im Bundestag nicht mehr entscheiden“, erklärte Mützenich in Berlin. „Über das weitere Vorgehen und wann die 2./3. Lesung des GEG stattfinden wird, beraten die Fraktionsvorsitzenden der Ampel am Donnerstag.“

Die Kölner Bundestagsabgeordnete und Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge bestätigte, dass das Gesetz nicht mehr bis zum Ende der Woche verabschiedet werde: „Wir haben Respekt vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Der Beschluss über das Gebäudeenergiegesetz wird in dieser Woche nicht stattfinden. Wir werden schnell in der Ampel über den neuen Termin zur abschließenden Beratung entscheiden.“

Heizungsgesetz verschoben: Nächste schwere Niederlage für Ampel-Koalition?

Das Gebäudeenergiegesetz gilt als wichtiges Projekt von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD). Erst ein Gipfeltreffen von Olaf Scholz, Habeck und Finanzminister Christian Lindner (FDP) konnte den Streit um das GEG teilweise beilegen. Vor allem die Liberalen hatten einige Passagen immer wieder scharf kritisiert.

Unklar ist, welche Auswirkungen die Verschiebung des Gesetzesbeschlusses auf die Ampel-Koalition hat. Sollte das Gesetz erst im September beschlossen werden, bliebe Kommunen und Energieversorgern noch weniger Zeit, um die Vorgaben der GEG-Novelle umzusetzen.

Das GEG soll das Heizen in Deutschland klimafreundlicher machen, unter anderem geplant ist der sukzessive Austausch von alten Gas- und Ölheizungen durch klimafreundlichere Alternativen wie beispielsweise Wärmepumpen. Streit hatte es vor allem über den Zeitpunkt der Umrüstung gegeben. FDP und Union hatten vor zu hohen Kosten für Bürgerinnen und Bürger gewarnt. (shh, mit dpa)