AboAbonnieren

Inzidenz fällt laut RKIGesundheitsämter und Labore am Limit – Zweifel an Zahlen

Lesezeit 3 Minuten
Soldat Gesundheitsamt Grevenbroich

Soldaten helfen in vielen Gesundheitsämtern wie hier in Grevenbroich aus.

Berlin – Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz ist zum zweiten Mal in Folge gesunken. Das RKI gab den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Mittwochmorgen mit 442,9 an (Vorwoche: 404,5; Vormonat: 118,0). Am Montag war ein Höchstwert von 452,4 erreicht worden, am Dienstag hatte der Wert leicht darunter bei 452,2 gelegen.

Auch der sogenannte 7-Tage-R-Wert - eine Art Ansteckungsindikator - ist mit 0,89 vergleichsweise niedrig. Ein R-Wert von 0,89 bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 89 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor etwa 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er anhaltend unter 1, sinken die Fallzahlen. Zum Vergleich: Vor einer Woche gab das RKI den Wert noch mit 1,01 an.

Es ist allerdings unklar, ob Inzidenz und R-Wert noch das tatsächliche Infektionsgeschehen widerspiegeln. Denkbar wäre beispielsweise auch, dass die hohe Zahl positiver Corona-Nachweise das Erfassungs- und Meldesystem ans Limit bringt. So warnte der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) am Dienstag davor, dass Labore in manchen Regionen „schlichtweg an den Grenzen des Leistbaren“ seien, was das Auswerten von Corona-Tests angeht. Dazu gehörten Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Die Gefahr besteht, dass bei einer Auslastung nahe oder regional oberhalb der Maximalgrenze schon bei kleineren Ausfällen von Personal oder Geräten die Befundlaufzeiten auf mehrere Tage steigen, was es unbedingt zu vermeiden gilt“, sagte Evangelos Kotsopoulos vom ALM-Vorstand.

Zu beachten ist wiederum aber auch, dass die vom RKI gemeldeten Inzidenzen im Vergleich zum Vortag nicht nur in Bundesländern mit hohen Werten wie Bayern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen gesunken sind, sondern in einer deutlichen Mehrheit der Länder.

Gesundheitsämter kommen nicht mehr hinterher

Auch die Verbandschefin der Amtsärzte wies darauf hin, dass viele Gesundheitsämter derzeit beim Bearbeiten von positiven Corona-Nachweisen nicht mehr hinterherkämen. „Ich gehe davon aus, dass die gemeldeten Zahlen nur ein Teil der positiven Nachweise sind“, sagte die Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), Ute Teichert. Die Gesundheitsämter können demnach - mit regionalen Unterschieden - eingehende Meldungen von Corona-Fällen nicht mehr zeitnah an das zuständige Robert Koch-Institut (RKI) weitergeben, eine Untererfassung sei die Folge.

So viel Todesfälle wie seit Februar nicht mehr

Die Zahl der binnen eines Tages gemeldeten Toten erreichte unterdessen den höchsten Stand seit neun Monaten. Die Gesundheitsämter übermittelten dem RKI binnen 24 Stunden 446 Fälle von Menschen, die an oder mit Corona gestorben sind. Ein höherer Wert wurde zuletzt am 20. Februar erreicht (490). Mit Blick auf den aktuellen Wert ist zu bedenken, dass sich die Zahl der Todesfälle verzögert zur Zahl der Neuinfektionen entwickelt, da zwischen Infektion und Tod einige Zeit vergeht. Es dürften also in den kommenden Tagen noch höhere Werte erreicht werden.

Momentan ist die Zahl der täglich übermittelten Corona-Toten noch weniger als halb so groß wie zum Höhepunkt der zweiten Corona-Welle Ende vergangenen Jahres - und das, obwohl es momentan wesentlich mehr Ansteckungen gibt als damals. Experten führen das auf den positiven Effekt der Impfung zurück, die wirksam vor schweren Krankheitsverläufen schützt. Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI im Laufe des Dienstags 67.186 neue Corona-Fälle - in etwa so viele wie vor einer Woche. (dpa)