Jens Spahn hat sich in einem Interview zur Migration geäußert und längere Arbeitszeiten für Beschäftigte gefordert. Es gibt Kritik.
„Was für eine Respektlosigkeit“„Freizeitpark Deutschland“, Geflüchtete nach Afrika – Spahn sorgt für Wirbel
Unionsfraktionsvize Jens Spahn plädiert dafür, alle irregulär in die EU gelangenden Flüchtlinge nach Ghana, Ruanda oder in osteuropäische Nicht-EU-Länder abzutransportieren. „Wenn wir das vier, sechs, acht Wochen lang konsequent durchziehen, dann werden die Zahlen dramatisch zurückgehen“, sagte der CDU-Politiker der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ in einem am Sonntag veröffentlichten Interview.
Viele Menschen würden sich gar nicht mehr auf den Weg in Richtung Europäische Union machen, „wenn klar ist, dass dieser binnen 48 Stunden in einen sicheren Drittstaat außerhalb der EU führt“, führte Spahn aus.
Jens Spahn: „Dann ist das Ziel der Flüchtlingskonvention erfüllt“
Der Drittstaaten-Vorschlag bildet den Kern des Migrationskonzeptes in dem am vergangenen Montag vorgelegten Entwurf des neuen CDU-Grundsatzprogramms. Ziel seien „vertragliche Vereinbarungen, wonach Flüchtlinge dort ein Asylverfahren bekommen und im Falle der Schutzgewährung dort sicher bleiben können“, erläuterte Spahn. „Ruanda wäre wohl dazu bereit, Ghana möglicherweise auch.“ Auch mit osteuropäischen Ländern wie Georgien und Moldau solle gesprochen werden.
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In der Genfer Flüchtlingskonvention stehe nicht, dass Schutz vor Kriegsverfolgung in der EU gewährt werden müsse, betonte Spahn. Wenn dafür gesorgt sei, dass Verfolgte in Drittstaaten „einen sicheren Schutzraum bekommen, dort gut versorgt werden und ohne Angst leben können, dann ist das Ziel der Flüchtlingskonvention erfüllt“.
Spahn fordert längere Arbeitszeiten: „Freizeitpark Deutschland“
Der CDU-Politiker forderte zudem längere Arbeitszeiten zur Wohlstandssicherung in Deutschland. „Helmut Kohl hat in den 90er-Jahren mal vom Freizeitpark Deutschland gesprochen. Wenn ich mich umschaue, halte ich den Begriff zur Beschreibung unserer Probleme nicht für komplett abwegig“, sagte Spahn.
„Gerade herrscht der Eindruck, uns fehle der Biss. Dabei müssen wir den Biss nur freisetzen“, sagte Spahn. Dafür müsse auch das Bürgergeld reformiert werden: „Die Sanktionen sind zu zahm. Wer Jobs als Arbeitsfähiger ablehnt, sollte deutlich weniger Geld bekommen. Das ist eine Gerechtigkeitsfrage.“
Das gelte auch „für die stark steigende Zahl an Ausländern bei den Bürgergeldempfängern“, betonte Spahn. „Die gesellschaftspolitische Sprengkraft wird vor allem in der SPD noch immer unterschätzt.“ Er kenne niemanden, der etwas gegen Leute habe, die nach Deutschland kommen und arbeiten. „Deshalb ist es einfach der beste Weg, möglichst viele Menschen in einen Job zu bringen. Und dafür braucht es neben dem Fördern wieder mehr Fordern“, sagte Spahn.
Jens Spahn: Kritik von Hubertus Heil und aus eigener Partei
Dafür gab es prompt Kritik von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. „In Deutschland gibt es 46 Mio. Erwerbstätige, über 35 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, so viel wie noch nie. Sie halten das Land am Laufen“, schrieb der SPD-Politiker im sozialen Netzwerk X. „Herr Spahn von der CDU fabuliert vom ‚Freizeitpark Deutschland‘. Was für eine Respektlosigkeit gegenüber den Fleißigen“, fügte Heil an.
Kritik gab es für Spahn auch aus der eigenen Partei. Es sei wichtig „Probleme zu benennen, aber wertschätzend zu bleiben“, schrieb der Europa-Abgeordnete Dennis Radtke bei X in Richtung Spahns. „Viele mühen sich und kommen trotzdem kaum über die Runden. Für diese Menschen sollten wir als CDU der Anwalt sein“, führte Radtke aus. Kritik am Bürgergeld sei „berechtigt“, aber Deutschland sei „kein Land der Faulpelze“, so der CDU-Politiker. (mit dpa/afp)