Christian Lindner wollte mit seiner Rede während der Bauernproteste die Landwirte auf seine Seite ziehen. Ein Versuch, der krachend scheitert.
Kommentar zur Rede bei BauernprotestenChristian Lindner agiert als Musterbeispiel für Rückgratlosigkeit
Schon auf der Bühne dürfte Christian Lindner gemerkt haben, dass seine Rede bei den Bauernprotesten in Berlin nicht die erwartete Wirkung gezeigt hat. Buhrufe und ein gellendes Pfeifkonzert gegen den FDP-Politiker, mehrmals wird Lindner von Zwischenrufen unterbrochen. Dabei wollte er zeigen, dass er eigentlich auf der Seite der Bäuerinnen und Bauern steht.
„Die Klimakleber haben das Brandenburger Tor beschmiert. Die Bauern haben das Brandenburger Tor geehrt“, sagt der Finanzminister direkt am Anfang seiner Rede. Er will ein gemeinsames Feindbild kreieren. Nicht die gestrichenen Subventionierungen durch die Ampel-Regierung sind das Problem, sondern faule Bürgergeldempfänger, Linksextreme und Asylbewerber.
Christian Lindners Rede bei den Bauernprotesten: Das vermeintliche Feindbild der „Klimakleber“
Applaus bekommt Lindner für seine aggressive Rhetorik nicht. Im Gegenteil, die Buhrufe werden ununterbrochen fortgesetzt. Der FDP-Politiker nutzt den Auftritt nicht, um den wütenden Bauern eine gemeinsame Lösung anzubieten, er wettert teilweise gegen Beschlüsse, die er als Finanzminister selbst mitgetragen hat. Und er leugnet Blockaden durch die Bauernproteste, um die Demonstrierenden auf seine Seite zu ziehen.
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Es ist der neueste Versuch des Finanzministers, sich einer potenziellen Wählergruppe anzubiedern. Die FDP ist seit Monaten im Umfragetief, sieht die Gründe darin aber nicht in der eigenen Politik, sondern in den Entscheidungen der Ampel-Partner. Statt zu den Koalitionspartnern zu stehen, kommt aus den Reihen der Liberalen kurz nach neuen Beschlüssen Kritik. Beschlüsse, die sie oft selbst mit ausgearbeitet haben.
„Bürgergeld, Linksextremismus“ Christian Lindner hetzt Bauern bei Rede am Brandenburger Tor auf
Lindner arbeitet sich an den vermeintlichen Feindbildern der liberalen Wählergruppe ab. Er fordert während seiner Rede mehrfach härtere Sanktionen gegen Bürgergeldempfänger, die ihre Auflagen nicht erfüllen und warnt vor einer linksextremistischen Unterwanderung der „Letzten Generation“. Zur Tatsache, dass rechtsextremistische Gruppen die Bauernproteste für ihre Zwecke missbraucht haben, verliert er kein Wort.
Dieser leicht zu durchschauende Versuch, die Krise für den Gewinn neuer Wähler zu nutzen, ist gefährlich. Lindners Rhetorik ist aggressiv, im stürmischen Berlin brüllt er politische Buzzwords wie „Bürgergeld“ oder „Klimakleber“ der demonstrierenden Masse entgegen. Es wirkt zeitweilig so, als wolle er die Bauern gegen diese Gruppen aufhetzen.
Christian Lindner: Wohin will er mit der Ampel-Regierung und der FDP?
Die Abneigung der FDP gegen Klimaschutzgruppen und Teile des neuen Bürgergeldkonzepts ist nicht neu. Linder treibt mit seiner Rede aber einen weiteren Keil zwischen seine Partei und die anderen Ampel-Partner. Während die Fraktionsspitzen von SPD, FDP und Grünen wenige Kilometer entfernt mit Landwirtschaftsvertretern über eine Lösung diskutieren, verliert Lindner darüber kein Wort.
Mit dem Satz „Lieber nicht regieren, als falsch“ hatte Lindner 2017 die Koalitionsverhandlungen mit Union und Grünen beendet. Die Frage ist, was für Lindner dann richtig regieren bedeutet. Denn während SPD und Grüne verstanden haben, dass ein Drei-Parteien-Bündnis auch Abstriche bei den persönlichen Zielen bedeutet, scheint die FDP das anders zu sehen und beharrt auf ihren Standpunkt.
Häufig sind die Koalitionspartner gegenüber den Liberalen eingeknickt – damit Lindner ihnen bei der nächsten Gelegenheit in den Rücken fällt.