- NRW-Familienminister Joachim Stamp hat eine überfällige Kurskorrektur vorgenommen, indem er den eingeschränkten Regelbetrieb für KIndergarten-Kinder ab dem 8. Juni verkündet hat.
- Die Eltern, die ihm anti-emanzipatorische Politik vorgeworfen haben, sollen sich jetzt, so der Appell, ohne Murren einen deutlich eingeschränkten Service in Kauf nehmen.
- Bemerkenswert: Mit dem Ende des Kita-Lockdowns hat die Landesregierung auch en passant die Angst vor dem Katastrophenfall für beendet erklärt.
- Ein Kommentar.
Die Kindertagesstätten in NRW sollen ab dem 8. Juni einen eingeschränkten Regelbetrieb aufnehmen. Das kündigte NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) am Mittwoch in Düsseldorf an. Die Nachricht sorgt bei den Kita-Eltern für große Erleichterung. Ein Ende der Zu-Hause-Betreuung ist damit endlich in Sicht. Auch für die Kinder geht damit die oft nur schwer erträgliche Isolation in den heimischen vier Wänden zu Ende.
Das Aufatmen ist groß. Das liegt vor allem daran, weil Stamp die Eltern in NRW bislang mit einem ganz anderen Szenario beschieden hatte. Erst im September sei an den Kitas mit eine vorsichtigen Rückkehr in die Normalität zu rechnen, erklärte der Liberale noch vor zwei Wochen. Viele Eltern im Land schlugen sich die Hände vor die Stirn. Während die Landesregierung Möbelhäusern, Restaurants und Fitnessstudios die Öffnung erlaubte, schien sie ausgerechnet für die Kleinen keine echte Lockerungsperspektive anbieten zu können.
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Stamp nimmt mit seiner überfälligen Kurskorrektur nun den Druck aus der Leitung. Den Sinneswandel begründet er mit den sinkenden Infektionszahlen, neuen Erkenntnissen des Robert-Koch-Instituts und Studien in Dänemark und Norwegen, die belegen sollen, dass von Kindertagesstätten keine besonderen Ansteckungsgefahren ausgehen. Auch der Blick auf die Popularitätswerte der FDP dürfte den Politiker aus Bonn mit angetrieben haben. In NRW besetzen die Liberalen mit dem Wirtschafts-, Schul- und Familienministerium die drei Schlüsselressorts bei der Bewältigung der Pandemie. Wenn sie im Krisenmanagement versagen, birgt das ein enormes Risiko für die FDP. Die Chancen auf eine erneute Regierungsbeteiligung der FDP nach der nächsten Landtagswahl sänken in den Keller.
Stamps Parteikollegin, Schulministerin Yvonne Gebauer, weht wegen des holprigen Umgangs mit der Corona-Krise derzeit der Wind ins Gesicht. Auch Stamp bekommt den Protest aus dem bürgerlichen Lager zu spüren. Die „Homeoffice-Eltern“ – und insbesondere oft die berufstätigen Mütter – fühlten sich von ihm im Stich gelassen. Viele hatten den Eindruck, die Landesregierung erwarte von ihnen, dass sie ihre Karriere zurückstellen, um an den Herd zurückkehren zu können. Der Vorwurf, für eine anti-emanzipatorische Politik zu stehen, traf Stamp schwer.
Nun hofft der Minister darauf, der Kritik noch rechtzeitig den Stecker gezogen zu haben. Dabei appelliert er an die Solidarität der Eltern, im eingeschränkten Regelbetrieb deutlich geringere Betreuungszeiten ohne Murren in Kauf zu nehmen. Die maximale Notbetreuung für Kinder von Eltern, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, könne übrigens angesichts der entspannten Corona-Lage nicht länger gerechtfertigt werden, sagte Stamp in einem Nebensatz. Eine bemerkenswerte Feststellung: Mit dem Ende des Kita-Lockdowns erklärt die Landesregierung auch die Angst vor dem Katastrophenfall für beendet.