- Was hätte die Deutsche Bahn nicht alles tun können als Reaktion auf den Zug-Post von Greta Thunberg?
- Ihr eine Bahncard 100 auf Lebenszeit schenken, zum Beispiel. Das wäre mal ein geschickter PR-Coup gewesen. Was sie stattdessen tut, ist viel schlimmer als nur blamabel.
- Ein Kommentar.
Ein Unternehmen wie die Deutsche Bahn, das fast ausschließlich mit Verspätungen und Zug-Ausfällen auf sich aufmerksam macht, wäre ziemlich gut beraten, die besten PR-Leute dieser Republik zu rekrutieren. Aber vielleicht haben die gar keine Lust, für die Bahn zu arbeiten. Zur Öffentlichkeitsarbeit der Bahn an diesem Wochenende jedenfalls, als die bekannteste Klimaschützerin der Welt eine Steilvorlage für kostenlose Werbung in eigener Sache gegeben hat, kann man nur sagen: blamabel, blamabler, Deutsche Bahn! Schlimm daran ist aber nur am Rande, dass die Bahn diese Gelegenheit verpatzt hat: Das ist schließlich ganz allein ihr Problem. Schlimm an der Reaktion der Bahn auf den Tweet von Greta Thunberg ist etwas ganz anderes.
In ihrer ersten Reaktion auf den Tweet der Umweltschützerin, die ein Foto von sich in „überfüllten Zügen” postet, dankt die Bahn noch für die Unterstützung im Kampf gegen den Klimawandel. Nur um kurz darauf mit einem zweiten Post nachzulegen, der nicht nur unnötig, sondern geradezu verleumderisch ist.
Auch wenn der Post vordergründig freundlich ist, unterstellt die Deutsche Bahn damit, dass Greta Thunberg eine Heuchlerin und Lügnerin sei. Eine, die Erste Klasse fährt und dabei von vorne bis hinten bedient wird, nur um dann ein Foto zu inszenieren, auf dem sie entbehrungsreich auf dem Boden sitzt. So wie viele andere Bahnfahrer besonders an den überfüllten Zug-Wochenenden auch. Fake-Greta also!
Nun gilt seit jeher der Grundsatz: Wer anderen Schlechtigkeit unterstellt, sollte dann auch unbedingt recht haben. Sonst wird es peinlich. Nun stimmt es zwar, dass Greta in einem Zug Erste Klasse gefahren ist. Allerdings ist auch richtig, dass sie zuvor während zwei anderer Zugfahrten eben auf dem Boden sitzen musste, wie sie in ihrer Reaktion auf den Bahntweet erklärt.
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Das wusste die Bahn leider nicht, was sie aber nicht daran hindert, Greta als Heuchlerin darzustellen. Was deshalb schlimm ist, da die Unterstellung der Bahn Wasser auf die Mühlen derjenigen ist, die „Fuck Greta”-Aufkleber auf ihre Autos kleben und jeden Fehltritt der 16-Jährigen mit Häme und Wut im Netz kommentieren. Und möglicherweise freuen sich diejenigen, die Thunberg zwar längst nicht hassen, aber der Meinung sind, dass diese Schulschwänzerin ohnehin zu viel Aufmerksamkeit bekommt. Selbstverständlich kann man davon ausgehen, dass die Greta-Hasser-Szene den Post, in dem die 16-Jährige die Schilderung der Deutschen Bahn geraderückt, auch nicht lesen oder weiterverbreiten wird. Sie bleibt also bei vielen: Fake-Greta!
Thunberg wiederum erklärt in ihrer Antwort mit Engelsgeduld, wie es zu dem Foto auf dem Boden kam und dass sie überfüllte Züge sogar für ein „großartiges Zeichen” für die Popularität jenes Verkehrsmitteln hält. Und damit hat sie auch völlig recht. Denn selbst wenn man sich als Reisender gelegentlich über volle Züge ärgert, nicht zuletzt über sich selbst, weil man verbaselt hat, sich einen Sitzplatz zu reservieren: Schlimmer noch wäre es, die Züge wären leer, weil alle Auto fahren. Thunbergs Antwort beweist Unaufgeregtheit. Anstand auch.
Und die Bahn? Was hätte sie nicht alles tun können? Greta eine Bahncard 100 auf Lebenszeit schenken, egal welcher Klasse? Das wäre ein schlauer und lässiger PR-Coup gewesen. Sie hätte es auch einfach bei ihrem ersten Dankes-Tweet belassen können. Für die Bahncard wäre es übrigens noch nicht zu spät. Und für eine Entschuldigung sowieso nicht.