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Kommentar zur Corona-LageAllem Frust zum Trotz: Wir müssen da jetzt durch!

Lesezeit 4 Minuten
Merkel Seehofer ap

Angela Merkel nach der Marathonsitzung, in der die "Osterruhe" beschlossen wurde.

Liebe Leserinnen,

liebe Leser,

caf

Carsten Fiedler, Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“

die Nerven liegen blank. Was die Politiker in Bund und Ländern seit Wochen und Monaten gegen die Corona-Pandemie unternommen – oder leider eben auch nicht unternommen – haben: Es wirkt einfach nicht. Oder jedenfalls nicht so, dass die Gefahren für die Bevölkerung und das Gesundheitssystem beherrschbar erschienen.

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Jetzt sprechen die Verantwortlichen nicht mehr von der dritten Welle, in der wir uns unleugbar befinden angesichts täglich steigender Infektionszahlen und Inzidenzen. Nein, von einer „neuen Pandemie“ ist inzwischen die Rede. Mir kommt das als ein gefährliches Schrauben an den Begriffen vor. Neue Pandemie – das hieße, dass uns viele der Abwehrinstrumente aus der „alten“ Pandemie aus der Hand geschlagen wären. Aber das stimmt nicht oder jedenfalls noch nicht, zum Glück. Die Impfstoffe wirken auch gegen die Mutationen, selbst wenn diese sehr viel infektiöser sind und offenbar auch zu schwereren Verläufen der Covid-19-Erkrankungen führen.

Die Schreckensnachrichten sind ohnehin schon schlimm genug, wenn man etwa daran denkt, dass die erstmals in Brasilien festgestellte Mutante über die Urlauberinsel Mallorca auf dem Vormarsch Richtung Deutschland sein könnte. Da braucht es nun wirklich keine zusätzlich schrillen Töne aus der Politik, die dann leicht nach einem Ablenkungsmanöver klingen – so, als sollten damit Planlosigkeiten, Chaos und Versäumnisse bei der Impf- und Teststrategie kaschiert werden.

Die Mallorca-Misere ist ohnehin symptomatisch für das Auseinanderdriften von Lagebeschreibungen und Reaktionen. Klar, wenn die Balearen offiziell kein Risikogebiet mehr sind, muss die Bundesregierung Reisebeschränkungen aufheben. Das ist konsequent und folgerichtig. Aber ob es in der Folge richtig ist, dass Bundesbürgerinnen und –bürger den Run auf die Ferienflieger starten, das das darf doch sehr bezweifelt werden.

Der entscheidende Erfolgsfaktor zur Bewältigung der ersten Pandemiewelle war, dass die Menschen der Kurzformel der Kanzlerin gefolgt sind: Die Lage ist ernst, nehmen Sie sie auch ernst.

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Heute ist die Lage deutlich ernster als vor einem Jahr. Aber nehmen wir das noch so wahr? Und vor allem: Nehmen wir es ernst? Die Beschlüsse der Bund-Länder-Runde, wieder einmal Ergebnis eines langen, mehr und mehr verzweifelten Ringens, sind von sich aus nicht dazu angetan, den Stimmungsschwenk hinzubekommen: Wer soll denn glauben, dass zum Beispiel dieser Ostershutdown zum ersehnten Wellenbrecher wird? Wenn es gut läuft, wird der Wellenberg nicht ganz so hoch ausfallen.

Andererseits stehen wir wieder einmal vor einer Situation, in der Nichtstun eben auch keine Alternative ist. Nur ist das Vertrauen geschwunden, dass verantwortliches politisches Handeln auch den gewünschten Erfolg bringt. Den wir allerdings auch nicht nur von der Politik erwarten dürfen. Das sollte man ja bei allem Frust über die Fehler der Politik nicht vergessen: Was auch immer sie uns verordnet, auferlegt und abverlangt – wir haben die Bekämpfung des Virus, dessen Wirkweisen und Mechanismen wir ja unterdessen doch recht gut kennen, ein gutes Stück weit auch selbst in der Hand. So etwas wie ein trotziges Ich-lasse-mir-doch-meine-Freiheiten-nicht-nehmen-Gebaren schert das Virus wenig. Es reagiert nicht auf Stimmungen und Emotionen, sondern allein auf unser Verhalten.

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Was mich betrifft, werde ich mit zusammengebissenen Zähnen in diese fünf stillen Tage gehen, die uns da jetzt bevorstehen. Und im Bewusstsein, dass es auch weiterhin auf Vernunft, Solidarität und Rücksicht ankommt. Aber auch auf ein Krisenmanagement, das endlich, endlich wieder seinen Namen verdient. Nach der Osternotbremse muss die Politik Vollgas geben beim Impfen und Testen, sonst steht eine Riesenkarambolage bevor – nicht nur den Politikerinnen und Politikern, die im September zur Bundestagswahl antreten.

Bleiben Sie gesund! Achten Sie auf sich und Ihre Nächsten!

Ihr Carsten Fiedler

Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“