Bislang mehr als 100 Mal war die Berliner Polizei wegen der Letzten Generation im Einsatz. Die Klima-Gruppe hatte angekündigt, die Hauptstadt „lahmzulegen“.
Zehnter Protest-Tag in Folge100 Polizeieinsätze wegen Letzter Generation in Berlin – Passant will Aktivisten anzünden
Die Klimagruppe Letzte Generation hat am Freitag erneut mit mehreren Blockaden den Verkehr in Berlin behindert. Es ist der zehnte Tag in Folge in Berlin, in der die Klimagruppe aktiv ist. Die Letzte Generation hatte angekündigt, Berlin „lahmlegen“ zu wollen, seitdem gab es zahlreiche Aktionen und Proteste in der Hauptstadt. Seit Beginn der Protest-Welle habe es bislang mehr als 100 Einsätze der Polizei gegeben, bestätigte eine Berliner Polizeisprecherin dieser Zeitung.
Rund 500 Polizistinnen und Polizisten seien im Einsatz, um die Aktionen zu verhindern oder zügig aufzulösen, teilte die Polizei auch am Freitagmorgen auf Twitter mit. Das Geschehen sei erneut dynamisch, sagte die Polizeisprecherin. Zunächst gab es etwa ein Dutzend Blockaden.
Betroffen seien am Freitag verschiedene Bundesstraßen und Verkehrsknoten, die stadteinwärts führten, sowie die Autobahn 100, teilte die Gruppe Letzte Generation mit. Sie fordert ein entschiedeneres Vorgehen gegen den Klimawandel und verlangt die Einsetzung eines Gesellschaftsrats mit gelosten Mitgliedern. Seit vergangener Woche hat sie den Protest in der Hauptstadt verstärkt.
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Protest in Berlin: Klima-Aktivisten kritisieren mutmaßliche Polizeigewalt
Aktivistinnen und Aktivisten der Letzten Generation protestieren bereits seit mehreren Tagen in der Hauptstadt. Am Montagnachmittag zeigten sie sich in einem ersten Fazit zufrieden mit den Aktionen: „Neben der Anzahl der Blockaden war auch der Zuspruch so groß wie nie zuvor. Unsere höchsten Erwartungen wurden deutlich übertroffen“, hieß es in einer Pressemitteilung.
Die Gruppe kritisierte aber, dass es mutmaßlich zu Polizeigewalt gekommen sei: „Neben der sehr professionellen Polizeiarbeit“ sei es am Montag erneut zur absichtlichen Zufügung von Schmerzen gekommen, wenn Personen der Aufforderung, die Straße zu verlassen, nicht nachgekommen seien. „Dieses Vorgehen fällt klar unter die UN-Definition von Folter“, schrieben die Aktivisten in einer Stellungnahme. „Mindestens eine junge Frau wurde dabei so schwer verletzt, dass sie ins Krankenhaus gebracht werden musste“, hieß es weiter.
Zu den Vorwürfen bezog die Berliner Polizei unter anderem am Donnerstag Stellung. „Von Letzter Generation erhobene Vorwürfe, Bedienstete des Polizeigewahrsams hätten sie bedroht, beleidigt & verletzt, konnten bisher nicht verifiziert werden, gleichwohl haben wir von Amts wegen Ermittlungen eingeleitet. Betroffene können selbstverständlich Anzeige erstatten“, teilte die Berliner Polizei via Twitter mit. Bereits am Montag hieß es, dass Ermittlungen auch gegen Beamte eingeleitet wurden.
Wut auf Aktivisten: Passant wollte Hand eines „Klima-Klebers“ anzünden
In sozialen Netzwerken kursieren zudem immer wieder Videos und Bilder, wo deutlich wird, dass den Aktivistinnen und Aktivisten auch Wut und Hass entgegenschlägt. Zu einem besonderen Einsatz wurde die Polizei am Donnerstag gerufen: Ein 23 Jahre alter Passant versuchte mutmaßlich einen Aktivisten anzuzünden. Gegen 10 Uhr ging der Passant auf der Sonnenallee mit einem entzündeten Feuerzeug auf den Aktivisten zu und versuchte offenbar die Flamme an die festgeklebte Hand des Aktivisten zu halten, was durch den Klebstoff zu einer Entzündung hätte führen können.
„Die Einsatzkräfte griffen schnell ein und konnten den Mann stoppen“, sagte ein Berliner Polizeisprecher zu dem Vorfall am Freitagmittag. „Die Kollegen haben ihn darauf fixiert und festgenommen. Der Passant muss sich wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verantworten. Der Klima-Aktivist, ein 39-Jähriger, blieb unverletzt.
Klimaprotest in Berlin: Abgeordnete kritisieren Letzte Generation für Aktionen
Ein Vorschlag der Union für eine härtere Bestrafung von Klima-Aktivisten, die Straßen blockieren und Kunstwerke attackieren, ist von allen anderen Fraktionen im Bundestag abgelehnt worden. Dennoch übten auch Abgeordnete von SPD, FDP, Grünen und der AfD am Donnerstag teils scharfe Kritik an den Straßenblockaden der Letzten Generation, die in dieser Woche in Berlin wieder zu erheblichen Verkehrsstörungen geführt hatten.
„Das alles dient nicht dem Klima, sondern es dient der Selbstinszenierung von Menschen mit übersteigertem Sendungsbewusstsein“, urteilte Stephan Thomae (FDP). Die Letzte Generation müsse sich fragen, „wann aus Gerechtigkeit Selbstgerechtigkeit wird oder Selbstgefälligkeit“, sagte Helge Lindh (SPD). Der AfD-Abgeordnete Thomas Seitz sprach von „Klima-Verbrechern“.
Er finde die von den Aktivisten der Letzten Generation gewählte Protestform kontraproduktiv, sagte der Grünen-Abgeordnete Lukas Benner. Der öffentliche Aufruhr stehe jedoch in keinem Verhältnis zu dem, was diese forderten - etwa ein 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Personennahverkehr oder ein Tempolimit. Die Klima-Aktivisten „erkennen unsere Rechtsordnung an“, sagte Clara Bünger (Linke). Außerdem schütze das Grundgesetz auch Versammlungen, bei denen es zu einer bewussten Behinderung anderer Menschen kommen könne.
Die Union hatte in ihrem Antrag gefordert, den Strafrahmen für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren anzuheben, um die besondere Gefährlichkeit der Straßenblockaden angemessen zu ahnden. „Der Tatbestand soll so ausgestaltet werden, dass die Täter bereits dann bestraft werden, wenn die Blockade dazu geeignet ist, Leib und Leben eines Menschen zu gefährden“, hieß es in dem Antrag weiter. Günter Krings (CDU) sagte, Menschen, die sich für ihre Klimaschutz-Forderungen auf Straßen festkleben, handelten „arrogant und zynisch“. Schließlich gehe es um die Bewegungsfreiheit von Millionen Menschen. (mab mit das/dpa)