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Ministerin in KritikEx-Leiter der Cyber-Abwehrstelle verklagt Nancy Faeser

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Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministererin, steht bei einem Besuch im Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) neben Arne Schönbohm, Präsident des BSI.

Nancy Faeser (SPD) hatte Arne Schönbohm, Präsident des BSI im vergangenen Jahr untersagt, seine Amtsgeschäfte weiterzuführen.

Erst setzte Satiriker Böhmermann Arne Schönbohm dem Verdacht aus, eine gefährliche Nähe zum russischen Geheimdienst zu pflegen, dann warf Nancy Faeser ihn raus. Nun holt Schönbohm zum Gegenschlag aus.

Der ehemalige Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Arne Schönbohm hat das Bundesministerium des Innern (BMI) auf die Zahlung von 5000 Euro Schadenersatz verklagt. Dies geht aus der Klage Schönbohms gegen Ministerin Nancy Faeser hervor, die der 54-jährige leitende Beamte am vergangenen Mittwoch beim Kölner Verwaltungsgericht gegen die Bundesrepublik Deutschland einreichte.

Recherchen dieser Zeitung und Aktenvermerke legen nahe, dass die SPD-Politikerin Faeser versucht hat, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) zu instrumentalisieren, um nach Munition für den Rauswurf des missliebigen Leiters der Cyber-Abwehrstelle mit seinen knapp 2000 Mitarbeitern zu suchen. Im Kern sei es darum gegangen, die Darstellungen des TV-Moderators Jan Böhmermann zu bestätigen. Dieser hatte in einem Beitrag im ZDF Magazin Royale dem damaligen BSI-Präsidenten mittelbar eine gefährliche Nähe zum russischen Geheimdienst vorgeworfen. In der Sendung wurde Schönbohm auch als Cyberclown verhöhnt. Ohne nähere Prüfung stellte Dienstherrin Faeser den BSI-Chef mit CDU-Parteibuch kalt.

Suche nach belastenden Unterlagen verlief ergebnislos

Was fehlte, waren Beweise für die angebliche russische Geheimdienst-Connection. Dennoch und obwohl der geschasste Cyberabwehrchef schon früh in Berlin auf Aufklärung der Vorwürfe drängte, ließen sich die Vorgesetzten monatelang Zeit.

Im März 2023 soll Faeser dann laut Vermerk eines leitenden Mitarbeiters in auffällig gereiztem Ton belastende Fakten über den in Ungnade gefallenen BSI-Chef. Martin von Simson, Chef der Zentralabteilung im Bundesinnenministerium (BMI), konnte allerdings in den Unterlagen über Schönbohm nichts finden, was eine Amtsenthebung hätte begründen können.

Faeser wies daraufhin ihre Leute im BMI an, in Unterlagen der Bundesverfassungsschützer nach Hinweisen zu suchen, die Schönbohm angebliche Verbindung zu Russlands Geheimdiensten nachweisen könnten. Auch hier: Fehlanzeige.

Doch der Inlandsdienst ließ nicht locker. BfV-Vizepräsidentin Felor Badenberg, heute Justizministerin in Berlin, verlängerte seinerzeit beispielsweise Observationsmaßnahmen gegen Bekannte Schönbohms, die dubiose Kontakte zu Putins Agent geknüpft haben sollen. So wurde angeblich Hans-Wilhelm Dünn, Präsident des Vereins Cybersicherheitsrat, längere Zeit beschattet und offenbar auch abgehört.

Schönbohm zum Chef der Bundesakademie degradiert

Ein hoher Beamter des BMI hielt diese Maßnahmen schon im Frühjahr für unverhältnismäßig. „Die Frau Ministerin hat total überzogen, sie hat mit Kanonen auf Spatzen schießen lassen. Dafür muss sie sich jetzt verantworten!“ Neben dem Russland-Fake hatte das Ministerium anfangs etliche weitere Disziplinarverstöße aufgeführt, die aber allesamt in sich zusammenfielen. Zudem musste Faesers Haus letztlich schriftlich einräumen, dass an der Russland-Nähe Schönbohms nichts dran sei. Zu jenem Zeitpunkt aber hatte die Ministerin den BSI-Präsidenten seines Postens enthoben und zum Chef der unbedeutenden Bundesakademie für Öffentliche Verwaltung degradiert.

Schönbohm sieht in Nancy Faeser die Hauptschuldige für das Mobbing gegen ihn. Gleichwohl dehnt er seine Klage auf die gesamte Spitze des Ministeriums aus. Die Staatssekretäre Hans-Georg Engelke und Markus Richter sowie Abteilungsleiter Martin von Simson sollen für den Verrat an dem abgesetzten Cyberabwehrchef zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Anwalt bemängelt fehlende Loyalität der Dienstherrin

Laut Schönbohms Anwalt Christian Winterhoff beziehen sich die Vorwürfe auf die Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinem Untergebenen. „Herr Schönbohm hat bereits im vergangenen Oktober auf schnelle Aufklärung gedrängt, allerdings wurde das Verfahren durch seine Vorgesetzten verschleppt. Damit hat das Ministerium gegen die rechtlichen Vorgaben verstoßen, binnen drei Monaten die disziplinarischen Vorermittlungen abzuschließen.“ Zudem bemängeln die Anwälte, dass sich die Dienstherrin nie öffentlich vor ihren BSI-Präsidenten gestellt hat.

Verwaltungsrechtler Professor Winterhoff hat zunächst im Namen seines Mandanten auf Schadenersatz in der Höhe von 5000 Euro durch den Bund geklagt. „Diese Summe kann sich im Laufe des Verfahrens deutlich erhöhen“, erklärt der Anwalt.

Ex-BSI-Chef Schönbohm fordert zudem Schadenersatz vom ZDF wegen der Berichterstattung durch dessen TV-Satiriker Jan Böhmermann. Inzwischen hat der Mainzer Sender die Forderung abgelehnt. Markus Hennig, Medienanwalt des einstigen BSI-Präsidenten, kündigte im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ eine Klage gegen das Zweite Deutsche Fernsehen an. Die Schadenssumme liege demnach nicht unter 100.000 Euro. „Gerade die öffentlich-rechtlichen Medien unterliegen besonderen journalistischen Qualitätsstandards, diese sind im Fall meines Mandanten völlig missachtet worden“, führte Hennig aus. Die Vorwürfe seien allesamt falsch gewesen, „das wusste Herr Böhmermann genauso wie das ZDF. Trotzdem wurde die Sendung ausgestrahlt. Wie eitel muss man sein, um die Wahrheit trotz aller Risiken bewusst derartig zu verdrehen?“ Die Klage richtet sich zunächst gegen das ZDF. Erst später soll entscheiden werden, ob auch der TV-Moderator persönlich verklagt wird.