Die Grünen hatten ihre Ministerinnen und Minister schon in der vergangenen Woche bekannt gegeben. Nun hat die CDU das Kabinett komplettiert.
Überraschungen gibt es im Schulministerium sowie beim Ressort Landwirtschaft und Finanzen.
Alle sechs Ministerinnen und sechs Minister der schwarz-grünen Landesregierung im Porträt.
Düsseldorf – Dorothee Feller wird neue Schulministerin in NRW. Das gab NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Mittwoch bei der Vorstellung der Kabinettsliste bekannt. Feller wird die Nachfolge der glücklosen Vorgängerin Yvonne-Gebauer (FDP) antreten, die das Haus ab 2017 geleitet hatte. Die Besetzung des Schulministeriums war wie ein Staatsgeheimnis gehütet worden. Dem ersten Schwarz-Grünen Kabinett in der Landesgeschichte werden künftig sechs Frauen und sechs Männer angehören.
So sieht das Kabinett aus:
Schule und Weiterbildung: Dorothee Feller (CDU). Die Juristin war seit 2017 Chefin der Bezirksregierung in Münster. Dabei soll ihr die Verbesserung der Bildungschancen ein wichtiges Anliegen gewesen sein. Die 56-Jährige aus Dorsten verfügt über breite Verwaltungserfahrung, sie war in ihrer Ausbildung in verschiedenen Dezernaten der Bezirksregierung sowie im Innenministerium eingesetzt.
Feller stehen schwere Aufgaben bevor: Schwarz-Grün will 10.000 neue Lehrerinnen und Lehrer einstellen und künftig alle Lehrkräfte nach A 13 besolden. Im Herbst wird Feller unter Beweis stellen müssen, ob sie als Krisenmanagerin in der Pandemie ein besseres Bild abgibt als ihre Vorgängerin.
Inneres: Herbert Reul (CDU). Der 69-Jährige wurde 2017 von Armin Laschet (CDU) als Innenminister nach NRW geholt. Seitdem verfolgt er einen Nulltolleranz-Kurs und kümmerte sich um die Aufstellung der Polizei, die mehr Personal und eine bessere Ausstattung erhielt.
Reul ist in der NRW-CDU exzellent verdrahtet. Er war früher Generalsekretär, bis heute ist er Chef des CDU-Bezirks Bergisch Land. Obwohl der gelernte Lehrer ursprünglich nicht dafür war, Wüst zum Laschet-Nachfolger zu machen, galt der beliebte Leichlinger schon früh als gesetzt, weil er den CDU-Markenkern „Innere Sicherheit“ personifiziert. Als Staatssekretärin wird ihn die Leiterin der Abteilung Polizei in NRW, Daniela Lesmeister, unterstützen.
Arbeit, Soziales und Gesundheit:Karl-Josef Laumann (CDU). Der Münsterländer gehört zu den „Polit-Dinos“ in der Landespolitik. Laumann war schon in der Regierungszeit von Jürgen Rüttgers (2005 bis 2010) Chef des „MAGS“. Der 64-Jährige ist zugleich Vorsitzender der einflussreichen Arbeitnehmer-Organisation CDA.
Der gelernte Schlosser mit Hauptschulabschluss genießt auch bei der Opposition großen Respekt. Er hat die schwere Aufgabe, den künftigen Corona-Kurs von Schwarz-Grün mitzugestalten.
Heimat, Kommunales, Digitalisierung und Bau: Ina Scharrenbach (CDU). An der 45-Jährigen gelernten Bankkauffrau aus Kamen ging kein Weg vorbei. Sie hatte hinter Wüst den 2. Platz auf der CDU-Landesliste kandidiert und ist Chefin der mächtigen Frauen-Union. Mit Scharrenbach bindet Wüst eine seiner schärfsten Konkurrentinnen mit ein.
Die selbstbewusste Ministerin hätte sich vorstellen können, selbst für das Amt des Ministerpräsidenten zu kandidieren. Allerdings fehlte ihr dazu das von der Verfassung vorgeschriebene Landtagsmandat. Scharrenbachs Ansehen litt in der „Mallorca-Affäre“, weil sie in der Hochphase der Flut an einem Geburtstagstreffen auf der Balearen-Insel teilnahm.
Chef der Staatskanzlei, Europa und Bundesangelegenheiten, Medien: Nathanael Liminiski. Der Chef der Staatskanzlei bleibt Wüst künftig im Ministerrang an seiner Seite erhalten. Zusätzlich wurde ihm das Aufgabenfeld Europa und Bundesangelegenheiten übertragen, das bisher von Stephan Holthoff-Pförtner eher unauffällig geführt wurde.
Liminski ist der wohl wichtigste Strippenzieher in der Regierungszentrale. Im Vorfeld der Bekanntgabe der Kabinettsliste war spekuliert worden, dass der 36-Jährige Schulminister werden könnte. Dies hatte wegen der Nähe Liminskis zur katholischen Kirche für Proteste gesorgt.
Kultur und Wissenschaft: Ina Brandes (CDU). Bei der 44-Jährigen war klar, dass sie Ministerin werden sollte, aber niemand wusste genau, welches Ressort sie bekommen würde. Die Baumanagerin aus Dortmund war erst im vergangenen Jahr Verkehrsministerin von NRW geworden – als Nachfolgerin von Hendrik Wüst, der im Oktober zum Ministerpräsidenten gewählt worden war.
Weil das Verkehrsressort jetzt an die Grünen gegangen ist, musste für die Seiteneinsteigerin ein neuer Job gefunden werden. Brandes dürfte es bei ihrer neuen Aufgabe nicht leicht haben. Sie löst die parteilose Isabel Pfeiffer-Poensgen ab, die in der Kulturszene anerkannt und sehr beliebt war.
Finanzen: Marcus Optendrenk. Marcus Optendrenk ist ein finanzpolitisches Urgestein der NRW-CDU. Der Niederrheiner war bereits in der Zeit von 2005 bis 2010 Büroleiter des damaligen Finanzministers Helmut Linssen. Nach seinem Einzug in den Landtag wurde er 2012 finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion und setzte sich für ein Einhalten der Schuldenbremse und einen ausgeglichenen Haushalt ein.
Im Regierungsteam von Armin Laschet wurde er 2017 nicht berücksichtigt. Deshalb übernahm er den Vorsitz im Hauptausschuss des Landtages. Seine Berufung ist eine Überraschung. Beobachter hatten erwarten, dass Wüst ein politisches Schwergewicht wie den Bundespolitiker Ralph Brinkhaus ins Ministeramt holen würde.
Landwirtschaft: Silke Gorißen. Die Berufung von Silke Gorißen zur Landwirtschaftsministerin hatte niemand auf dem Zettel. Sie ist bislang Landrätin im Kreise Kleve. Die 50-Jährige wurde 2020 von den Bürgern in der Stichwahl ins Amt gewählt.
Bislang hatte das Agrarressort dem Umweltministerium angehört, das jetzt von den Grünen geführt wird. Gorißen wird auch für den Bereich Forst und Verbraucherschutz zuständig sein.
Bereits bekannt waren die Ministerinnen und Minister der Grünen:
Wirtschaft, Industrie, Energie und Klimaschutz: Mona Neubaur (Grüne). Die Spitzenfrau der Grünen hatte bereits im Wahlkampf angekündigt, dass sie im Falle einer Regierungsbeteiligung ein Ministerium dieses Zuschnitts übernehmen wolle. Als Vorbild für den Zuschnitte ihres Hauses diente das Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Klimaschutz von Robert Habeck.
Neubaur, die gebürtig aus Bayern stammt, war bis zum Wochenende Landeschefin ihrer Partei. Die 44-Jährige soll neben dem Ministerjob auch Stellvertreterin von Wüst als Ministerpräsident werden.
Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration: Josefine Paul (Grüne). Die 40-Jährige führte zuletzt gemeinsam mit Verena Schäffer die Landtagsfraktion der Grünen an. Paul übernimmt das Haus von FDP-Chef Joachim Stamp, allerdings wurde das Ressort um den Bereich Gleichstellung erweitert.
Zu Pauls politischen Schwerpunkten gehören Diversität und Queer-Politik: Schon während ihrer Studienzeit koordinierte die Historikerin das Fachforum „LesBiSchwul“ der Grünen Jugend in Münster.
Justiz: Benjamin Limbach (Grüne). Die Benennung des 52-Jährigen zum neuen Justizminister war eine Überraschung. Er ist der Sohn von Jutta Limbach, ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtes. Benjamin Limbach war bis 2018 in der SPD, wechselte dann aber zu den Grünen.
In seiner Rede auf dem Parteitag der Grünen in Bielefeld kündigte er an, den Alltag in den Gefängnissen modernisieren zu wollen. So soll der Strafvollzug „familiensensibler“ werden. Die Grünen wollen mit der Besetzung des Ministeriums ihren Anspruch als Bürgerrechtspartei unterstreichen.
Umwelt und Verkehr: Oliver Krischer (Grüne). Der 52-Jährige war bislang Parlamentarischer Staatssekretär im Berliner Wirtschaftsministerium. Da es schwer fällt, im Schatten von Robert Habeck sichtbar zu werden, konnte Neubaur ihn zu einer Rückkehr in die Landespolitik überreden, das gelang wohl auch, weil sie ihn mit einem Super-Ressort lockten konnte.
Der Politiker aus Düren hat sein Handwerk als wissenschaftlicher Mitarbeiter des früheren Fraktionschef Reiner Priggen gelernt. Krischer und Neubaur hatten Seite an Seite um den Erhalt des Hambacher Forstes gekämpft und sind enge Vertraute.