Die Polizei ist am Rande einer Bonner Fahrrad-Demonstration rüde gegen einen 14-Jährigen vorgegangen, der Kunststücke auf dem Rad gemacht hatte.
Ärger über Einsatz in Bonn14-Jähriger fährt bei Fahrrad-Demo auf einem Reifen – Polizei lässt Luft ab
Bei einer Demo der Fahrrad-Bewegung „Critical Mass“ in Bonn ist es am Freitag zu einem Vorfall zwischen Teilnehmern und der Polizei gekommen. Ein Video über den Konflikt sorgte auf Twitter für erheblichen Wirbel.
In dem etwa zweiminütigen Clip ist zu sehen, wie ein Motorradpolizist einen 14-jährigen Radfahrer kontrolliert. Der Beamte stellt sich zunächst neben den Jungen und legt dann während seiner Ansprache ohne erkennbaren Grund mit einer kräftigen Bewegung seinen Arm um dessen Schultern. Die umstehenden Begleiter des Radfahrers fordern den Polizisten lautstark auf, die Berührungen zu unterlassen. „Er will nicht angefasst werden von Ihnen“, ruft einer. Auch der Junge versucht sich aus der Umklammerung zu lösen.
Der Junge ist Mitglied der „United Riderz“
Unterstützt von einem Kollegen zerrt der Beamte den Teenager daraufhin von seinem Rad. Dieser fällt hin, der zweite Beamte hält ihn fest. Der Polizist nimmt ein Werkzeug aus seiner Gürteltasche, steckt es in das Ventil des Hinterreifens und lässt die Luft raus. Der Junge liegt derweil weiter am Boden, ohne jede Gegenwehr. „Was machen Sie da?“, fragt einer der Umstehenden den Polizisten. „Das ist Sachbeschädigung“. Sie verlangen Dienstnummer und Personalien von dem Beamten. Der lehnt ab. Danach schiebt er das Rad weg. Als der Junge hinterherlaufen will, wird er von einem anderen Polizisten zu Boden gestoßen.
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Der Junge ist offenbar Mitglied der „United Riderz“, einer Fahrradgruppe, die mit Kunststückchen wie Wheelies, bei denen nur auf dem Hinterreifen gefahren wird, oder kleinen Stunts für Aufsehen sorgt. Sie sind nach Angaben des Veranstalters regelmäßig bei den Demos von „Critical Mass“ dabei. An diesem Tag hätten sie sich mit sechs Leuten an der Fahrt durch die Bonner Innenstadt beteiligt, sagt Semih im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der 22-Jährige ist ebenfalls Mitglied der Riderz und Augenzeuge des Geschehens. „Der Polizist hat uns zuvor zwei oder drei Mal ermahnt, das wir das mit den Wheelies sein lassen sollen. Deshalb habe ich einerseits auch Verständnis für das Verhalten“, sagte er. „Andererseits war es dann aber auch übertrieben.“ Er spricht von Polizeigewalt. Er könne vor allem nicht verstehen, warum der Beamte sich nicht habe ausweisen wollen.
Polizei Bonn bestätigt den Zwischenfall
Die Polizei Bonn hat auf Anfrage dieser Zeitung den Zwischenfall bestätigt. Inzwischen sei Online eine Anzeige eingegangen, allerdings nicht von dem Betroffenen selbst. Aufgrund des hohen öffentlichen Interesses habe man die Angelegenheit zur Prüfung noch am Montag der Staatsanwaltschaft übergeben, sagte der Bonner Polizeisprecher Robert Scholten. Die Ermittlungen habe aus Neutralitätsgründen die Polizei Köln übernommen.
Auch Polizeisprecher Scholten sagte, dass der betreffende Beamte den Jugendlichen zuvor mehrmals wegen der Wheelies ermahnt habe. Das Luftablassen aus dem Reifen sei allerdings keine Sachbeschädigung, sondern als minder schweres Mittel durch das Polizeigesetz gedeckt. Dass der Polizist die Herausgabe seiner Personalien verweigerte, müsse man gesondert betrachten. „Vorbehaltlich der Prüfung des Sachverhalts sollten sich Polizisten auf Anfrage immer ausweisen“, sagte Scholten. So will es auch ein Runderlass des NRW-Innenministeriums. Demnach haben Polizeivollzugsbeamte den Dienstausweis „bei Amtshandlungen auf Verlangen vorzuzeigen“.
Die Veranstalter der Critical Mass Bonn haben deutliche Kritik am Verhalten der Polizei geübt. In einer Stellungnahme auf der Internetseite werten sie die Art und Weise, wie der Junge angefasst worden sei, als „klare Grenzüberschreitung“. Warum zudem ein Wheelie eine Gefährdung sein soll, die Polizei zugleich aber mit 300 Kilogramm schweren Motorrädern durch die Menge und über Bürgersteige presche, sei nicht zu verstehen. „Rechtlich mag Euer Vorgehen gedeckt sein, aber das ist nicht die Art, wie wir miteinander umgehen wollen“, heißt es. Gleichzeitig tauge der Fall nicht zur Skandalisierung. „Hier von ‚Polizeigewalt‘ zu sprechen, ist komplett überzogen! Hat der Polizist sich falsch verhalten? Ja! Ist es ein Skandal? Nein!“
Mit einem Ergebnis der Prüfung durch die Staatsanwaltschaft rechnet die Bonner Polizei noch in der laufenden Woche.