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BürgergeldCDU will Arbeitspflicht - Bund müsste dafür allein für Köln 200 Millionen Euro berappen

Lesezeit 3 Minuten
Karl-Josef Laumann (CDU), Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, unterstützt Reformen beim Bürgergeld.

Karl-Josef Laumann (CDU), Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, unterstützt Reformen beim Bürgergeld.

Die CDU will das Thema zur Lokomotive für den Wahlkampf machen. Verschweigt sie dabei absichtsvoll die Folgekosten?

Die Einführung einer Arbeitspflicht für Bürgergeldempfänger könnte Steuerzahler nach Berechnungen der Opposition im Düsseldorfer Landtag teuer zu stehen kommen. Lena Teschlade, Sozialexpertin der SPD, warnte in einem Brief an NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) vor erheblichen Belastungen: „Ich habe mir erlaubt, die Kosten für die geforderten Maßnahmen einmal anhand meiner Heimatstadt Köln durchzurechnen. Selbst bei großzügiger Betrachtung kommt man auf 200 Millionen Euro im Jahr. Da stellt sich mir die Frage: Woher soll das Geld kommen?“, so Teschlade.

Die CDU hat angekündigt, das Bürgergeld bei einem Sieg nach der Bundestagswahl am 23. Februar wieder abzuschaffen und durch eine „neue Grundsicherung“ ersetzen. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte, dass jeder, der in Deutschland Bürgergeld beziehe und arbeiten könne, eine Arbeit aufnehmen muss: „Ansonsten darf es keine Sozialleistungen mehr geben“, sagte Linnemann. Die Diskussion nahm an Fahrt auf, als der Essener Sozialdezernent Peter Renzel ein Konzept dazu vorlegte. Danach sollen alle Personen, die zumindest eingeschränkt arbeitsfähig sind, zu gemeinnütziger Arbeit von drei Stunden pro Tag verpflichtet werden.

SPD-Expertin Teschlade wirft der CDU vor, aus wahltaktischen Gründen eine populistische Diskussion anzufachen, bei der die Kosten des Vorschlags absichtsvoll verschwiegen würden. „In Köln wären zirka 40.000 Arbeitsgelegenheiten für Bürgergeldempfänger notwendig. Diese müssen bei einer maximal möglichen 30-Stunden Woche mit zwei Euro pro Stunde vergütet werden“, so die Kölner Abgeordnete: Hinzu kämen Kosten für die Organisation und Bereitstellung der Arbeitsgelegenheiten. „Selbst wenn ich Urlaube, Krankheitszeiten und Feiertage abziehe, landet man bei Aufwendungen von rund 200 Millionen Euro pro Jahr.“ Die Linken im Bundestag hatten die Mehrausgaben, die bundesweit entstehen würden, in dieser Woche mit 7,1 Milliarden Euro beziffert. Danach müsste der Staat für Einrichtung und Betrieb gemeinnütziger Jobs durchschnittlich 657 Euro pro Monat und Stelle aufwenden. Davon würde nur etwa ein Fünftel an die betreffenden Arbeitslosen gehen - die restlichen Kosten entstünden durch den Verwaltungsaufwand.

Eine Frau tippt auf einem Tablet auf einen Link zum Beantragen des Bürgergeldes im Kundenbereich in einem Jobcenter.

Eine Frau tippt auf einem Tablet auf einen Link zum Beantragen des Bürgergeldes im Kundenbereich in einem Jobcenter.

NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bekräftigte sein Ziel, möglichst viele SGB II-Leistungsempfänger in Arbeit zu vermitteln. Die Reformvorschläge sollten den Leistungsbezug „verbindlicher und fordernder“ gestalten, sagte ein Sprecher dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die von der SPD genannten Summen würden außer Acht lassen, dass sich durch gemeinnützige Tätigkeiten auch Einsparungen erzielen ließen, beispielsweise wenn Bürgergeldempfänger dadurch schneller einen Job im ersten Arbeitsmarkt fänden. „Davon abgesehen verursacht auch heute schon nahezu jede Eingliederungsmaßnahme und die damit verbundene Bürokratie Kosten. Der Vorschlag, von SGB II-Empfängern eine gemeinnützige Tätigkeit einzufordern, sollte daher nicht durch das Kostenargument vorschnell zerredet werden“, so der Laumann-Sprecher.

Der NRW-Arbeitsminister hatte sich im Sozialausschuss des Landtags dafür ausgesprochen, sogenannten „Totalverweigerern“ sämtliche Leistungen zu streichen. Deutschlandweit soll es 13.000 Menschen geben, die sich gegen jeden Vermittlungsversuch sperren. Das Bundesverfassungsgericht hatte allerdings im November 2019 entschieden, dass eine Kürzung von 100 Prozent nicht möglich sei. Dem Urteil zu folge dürften Sanktionen nicht zu weit gehen: Um das Existenzminimum zu sichern, seien maximal Kürzungen in Höhe von 30 Prozent vertretbar.