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Krankenhausplan KölnZwei von drei Anlaufstellen für Eierstockkrebs in der Region schließen

Lesezeit 7 Minuten
Marienhospital Brühl, Krankenhausbedarfplan, Krankenhausplan NRW

Das Marienhospital Brühl verliert die Knieprothetik, behält aber seine Hüft-Abteilung.

Der Krankenhausplan NRW wird die Kliniklandschaft der Region ab April maßgeblich umbauen. Wir geben einen Überblick für Patienten.

Wenn Minister Karl-Josef Laumann (CDU) über seinen Krankenhausplan spricht, dann hört man deutlich den Stolz aus seiner Stimme. Er blättert dann zeitlich gern zurück auf die ersten Seiten des Mammut-Projekts 2017. Er erwähnt die Vielzahl an Gesprächspartnern, die Verästelungen des Gesundheitssystems, das nur jeweils in den Kreisen und Bezirken vor Ort in seiner feinen Ausgliederung wirklich kompetent überblickt werden kann. Und zieht dann das Ergebnis hervor wie ein Meisterstück, an dem er unzählige Arbeitsstunden getüftelt und gefeilt hat. Vom Groben ins Feine, wie Laumann es bei seiner Pressekonferenz in der Bezirksregierung Köln beschreibt. „Als Schlosser weiß ich, so herum geht es immer, umgekehrt nimmer“.

Nun steht ein Plan, der für die gut 300 Krankenhäuser in NRW zum Teil schmerzliche Verluste von Fachabteilungen bedeutet. Vielleicht, so die Hoffnung von Laumann und seinem Ministerium, wird er aber sowohl die Qualität der Versorgung der Patienten verbessern als auch die hohen Kosten des Gesundheitssystems abfedern.

Ausgangspunkt: Viele Kliniken bieten alles an

Ein Gutachten zu Beginn des Projekts ergab laut Laumann vor allem, dass häufig beispielsweise fünf Kliniken in einer Stadt Hüft-OPs angeboten hatten, Kardiologie, dazu aber auch die Entfernung eines Leberkarzinoms. Auffallend sei gewesen, dass jeweils zwei Häuser die allermeisten Fälle auf sich vereinten, die restlichen drei nur sehr selten im jeweiligen Fachgebiet Patienten behandelten. „Wer sich informierte, hat schon früher gerade bei schweren Krankheiten ein Fachzentrum mit viel Erfahrung aufgesucht, auch wenn das nicht um die Ecke lag, statt die fußläufige Klinik zu wählen. Ich will, dass alle Patienten künftig von der Qualität dieser Zentren profitieren“, sagte Laumann.

Der Prozess dauerte lange. Thomas Wilk, Regierungspräsident der Bezirksregierung Köln wirft zur Untermalung der Opulenz ein paar Zahlen in den Raum: Mehr als 300 Krankenhäuser, 64 Leistungsgruppen, 1400 beantragte Leistungsgruppen, 6200 Einzelentscheidungen. An seinem Ende steht nun vor allem eine Konzentration. Künftig werden nicht mehr alle Kliniken in der Region bislang gewohnte Leistungen anbieten.

Zehn Kliniken in Nordrhein-Westfalen haben nach Auskunft des NRW-Gesundheitsministeriums bislang Klage gegen den Krankenhausplan eingereicht. Fünf Klagen kommen dabei aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf, drei aus Arnsberg, zwei aus Detmold. Aus Köln und Münster lägen bislang keine Klagen vor. „Wir rechnen aber mit noch mehr Widerspruch“, sagte eine Sprecherin bei einer Pressekonferenz in der Bezirksregierung Köln. Minister Karl-Josef Laumann (CDU) warnte Kliniken davor, auch in Zukunft weiter Leistungsbereiche anzubieten, die gemäß Krankenhausplan nicht mehr zugewiesen wurden. „Das werde ich nicht tolerieren. In jedem Fall werde ich dann dafür sorgen, dass keine Kasse für derlei Eingriffe oder Behandlungen bezahlt“, sagte Laumann. Lediglich in Notfällen wie bei einem Herzinfarkt oder Schlaganfall dürften Ärzte auch ohne entsprechenden Leistungsbereich handeln, müssten aber auch dann baldmöglichst an den Spezialisten weiterleiten.

Die Bundesklinikreform seines SPD-Kollegen Karl Lauterbach sieht Laumann als gute Ergänzung zu seinem Plan. „In einigen Punkten ist uns die Reform zu eng.“ Gerade bei den Fallzahlen dürfte es keine Deckelung für erfolgreiche Kliniken geben. Zudem bräuchten die Länder die Möglichkeit, vor allem in ländlichen Gebieten eine Grundversorgung und Geburtskliniken zu sichern auch wenn diese nicht lukrativ seien. „Grundsätzlich ist die Reform aber gut mit unserem Plan kompatibel. Sollte meine Partei nach der Bundestagswahl in Regierungsverantwortung kommen, werde ich deshalb alles dafür tun, damit Lauterbachs Gesetz nicht kaputt gemacht wird.“

Was ändert sich für Patientinnen und Patienten? Wir haben einige Leistungsbereiche für den Raum Köln exemplarisch betrachtet.

Deutlich weniger Anlaufstellen für die Revision von Hüft- und Knieprothesen

Das Gesundheitsministerium entdeckte hier bei seinen Nachforschungen eigenen Angaben zufolge eine „deutliche Überzeichnung durch die beantragenden Krankenhäuser“. Von den 50 Kliniken, die im Regierungsbezirk Köln ursprünglich die Revision der Hüftendoprothesen anbieten wollten, haben nun nur 22 einen Zuschlag erhalten. In Köln blieben das St. Antonius, das Evangelische Krankenhaus Kalk, das Evangelische Krankenhaus Köln-Weyertal sowie das Krankenhaus Porz am Rhein auf der Strecke. Aber auch in Leverkusen, Eschweiler, Düren, Bedburg, Bergheim, Brühl, Hürth, Euskirchen, Erkelenz, Waldbröl, Gummersbach, Bergisch Gladbach, Jülich, Wipperfürth, Aachen, Frechen sowie Wermelskirchen scheiden Kliniken aus der Revision der Hüftendoprothese aus.

Bei der Revision von Knieprothesen lässt sich ein ähnliches Bild zeichnen. Auch hier stellte das Gesundheitsministerium eine Überversorgung mit Standorten im Regierungsbezirk fest. Von 45 Antragstellern bleiben nach der Umsetzung des Krankenhausplans lediglich 19 übrig. In Köln bleiben beispielsweise von sieben Kliniken das Eduardus-Krankenhaus, das Severinsklösterchen Krankenhaus der Augustinerinnen sowie das St. Franziskus-Krankenhaus für die Revision der Knieprothesen übrig.

Nur noch jeder vierte Leberstandort im Regierungsbezirk bleibt erhalten

Viel Einsparpotenzial sah das Ministerium auch bei den Lebereingriffen im Regierungsbezirk Köln. Versorger mit nur wenigen Fallzahlen pro Jahr wurden aus der Leistungsliste gestrichen, nach Auskunft des Ministeriums schon wegen der hohen Mortalität, die eine Behandlung in hochspezialisierten Zentren nötig mache. Von 24 Versorgern bleiben nun nur noch sechs übrig. In Köln wird beispielsweise nur noch die Uniklinik sowie das Krankenhaus Köln-Merheim Lebereingriffe vornehmen. Im Rhein-Erft-Kreis, im Rhein-Sieg-Kreis, in Euskirchen sowie in Rhein-Berg müssen alle Anbieter ihre Leberabteilung schließen. Eingriffe sind neben Köln lediglich noch in Aachen, Bonn sowie Leverkusen möglich.

Zwei von drei Behandlungshäuser von Eierstockkrebs schließen

Auch bei der Behandlung von Eierstockkrebs müssen sich Patientinnen auf weniger Anlaufstellen gefasst machen. Von 23 Leistungsanbietern bleiben nach Willen des Ministeriums künftig nur noch sieben. Das ist ein Minus von 70 Prozent. In Köln bleiben das Uniklinikum sowie das St.-Elisabeth-Krankenhaus (größter Anbieter in der Region) als Anlaufstellen. Im Rhein-Sieg-Kreis, im Rhein-Erft-Kreis sowie in Euskirchen wird es keinen Versorger mehr geben. Bonn, Aachen, Leverkusen und Bergisch Gladbach behalten ihre Anlaufstellen.

Wer künftig mit Herzbeschwerden eine Klinik mit interventionellen Kardiologie sucht, der verliert zumindest in Köln ein wenig an Auswahl. Von ursprünglich neun Anbietern werden künftig nur noch sechs das Leistungsgebiet anbieten. Das Eduardus-Krankenhaus schließt seine Interventionelle Kardiologie binnen eines Jahres ebenso wie das St. Antonius sowie Weyertal.

Anbieter von Hüft- und Knie-OPs mehr als halbiert

Stark ausgedünnt wird auch die Anzahl von Hüftprothesen-Anbietern im Versorgungsgebiet Köln. Von 30 Anbietern bleiben nur 13. In Köln bleiben von dreizehn Anbietern noch sechs. Neben dem Hüft-Spezialisten Eduardus (größter Anbieter) die Uniklinik, das Severinsklösterchen, St. Franziskus, Merheim sowie das Dreifaltigkeits-Krankenhaus. Eine Sprecherin des Evangelischen Krankenhauses Köln Kalk, das als Versorger ausscheiden soll, warnte dazu gegenüber dieser Zeitung davor, dass sich „die Erreichbarkeit von Versorgungsoptionen für unsere Patientinnen und Patienten, auch in Notfällen verändern“ werde. Bei den Knieprothesen sieht die Konzentration ähnlich aus. Von ursprünglich 25 Antragstellern bleiben künftig 13. Von zehn Kölner Kliniken behalten nur die Uniklinik, das Eduardus-Krankenhaus, das Severinsklösterchen, St. Franziskus, Merheim sowie das Dreifaltigkeits-Krankenhaus ihre Knie-Abteilungen.

Schon heute Anfahrtszeiten von 30 Minuten bis zur nächsten Klinik

Während in Köln die Lage auch nach der Umsetzung des Krankenhausplans relativ entspannt bleiben dürfte, sieht das in ländlichen Gebieten in der Region zuweilen etwas anders aus. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion hat die Landesregierung mitgeteilt, dass Patientinnen und Patienten im Oberbergischen Kreis bei einem Notfall bereits jetzt zwischen 20 und 30 Minuten fahren müssen, um die nächste Klinik zu erreichen. Lisa Kapteinat, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Landtag, fordert: „Diese Entwicklung darf sich durch den Krankenhausplan nicht verschlechtern. Dort und in allen anderen ländlichen Regionen in NRW ist die Landesregierung in der Verantwortung, eine Erreichbarkeit von bis zu 20 Minuten flächendeckend sicherzustellen.“ Sollten Krankenhäuser wegen der unzureichenden Investitionsmittel des Landes zusätzlich schließen, müsse Laumann „umgehend reagieren“. Laumann selbst sagt, man habe bei der Planung sichergestellt, dass über 90 Prozent aller Menschen in NRW in 20 Minuten eine Klinik erreichen können. Er räumt aber auch schwierige Lagen ein. Im Rhein-Sieg-Kreis beispielsweise mangle es an Geburtskliniken.

Finanzmittel für den Umbau sind knapp

Wer sich in diesen Tagen nach Einwänden gegen den Krankenhausplan NRW umhört, der stößt vor allem auf das Argument Geld. Die Spezialisierungspflicht begrüßt fast jeder, allerdings verschlinge so ein Umbau auch Investitionen und hier ist dem ein oder anderen der Minister nicht großzügig genug. „Laumanns Krankenhausplanung wird scheitern, wenn nicht endlich mehr Investitionsmittel für die Krankenhäuser bereitgestellt werden“, sagt zum Beispiel Lisa Kapteinat dieser Zeitung. Das Ministerium sieht 2,5 Milliarden Euro für die Umstrukturierungen vor, die Kliniken benötigten laut Kapteinat aber bereits jetzt mindestens sieben Milliarden Euro. Die Finanzierungslücke trifft auf ein ohnehin prekäres System: Laut Kapteinat säßen die Häuser auf einem Investitionsstau von bis zu 17 Milliarden Euro aus den vergangenen Jahren.