Wer Opfer einen Messerattacke wird, schwebt schnell in Lebensgefahr. Unternimmt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) zu wenig, um Täter abzuschrecken?
Messer-Gewalt in NRW„Strafen sind für Täter eine Lachnummer“
Der Angriff kam für den Hausmeister völlig überraschend. Auf der Rennbahn in Köln-Weidenpesch wurde der 63-Jährige Josef G. von einem 29-Jährigen mit einem Messer attackiert. Das Opfer wurde am Hinterkopf, dem Schädel, am rechten Auge sowie an beiden Händen getroffen und schwer verletzt.
Die Tat sorgte im März in Köln für Schlagzeilen. „Immer wieder kommt es zu fatalen Messerattacken in NRW“, sagte Marc Lürbke, innenpolitischer Sprecher der FDP im Düsseldorfer Landtag, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Die Brutalität nimmt spürbar zu“, beklagt der Liberale.
NRW-Innenminister Herbert Reul hatte die Bekämpfung der Messergewalt in NRW zu einem wichtigen Ziel der Polizei erklärt. „Klapp- und Springmesser scheinen beim Feiern treuer Begleiter geworden zu sein“, sagte der CDU-Politiker kürzlich bei einer Veranstaltung in der Fortbildungsstelle des Polizeipräsidiums in Düsseldorf. In der Landeshauptstadt und in Köln wurden mittlerweile in Brennpunktbereichen Waffenverbotszonen eingerichtet. Reicht das aus?
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Ein Jahr Mindeststrafe gefordert
Lürbke fordert eine flächendeckende Abschreckung. Die schwarz-grüne Landesregierung müsse „umgehend dafür sorgen“, dass Ordnungswidrigkeiten rund um Messer deutlich schärfer sanktioniert und auch konsequent eingetrieben würden. „Wer ein Messer trägt und erwischt wird, sollte ausnahmslos mit einer schmerzhaften und empfindlichen Geldbuße von mindestens mehreren hundert Euro belegt werden“, so der Innen-Experte.
Verstöße gegen das Waffengesetz sollten zudem zu einem Verbrechenstatbestand mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr heraufgestuft werden. „Wer meint, zum Beispiel ein Butterfly-Messer mit sich herumtragen zu müssen, dem müssen die erheblichen und unerbittlichen Konsequenzen klar vor Augen geführt werden“. Nur dann sei die Abschreckung nicht länger eine „Lachnummer“, sondern könne „bei vielen endlich zum Umdenken beitragen“, sagte Lürbke.
Ein weiteres Problem: Weil die Justiz überlastet ist, dauert die Bestrafung von Tätern derzeit viel zu lange. „Gerade jugendliche Tätern müssen schnell die rote Karte des Rechtsstaats erhalten“, fordert Lürbke. „Wer in NRW künftig am Wochenende mit Messern hantiert oder eine Gewalttat begeht, der darf montags nicht in der Schule oder bei der Arbeit sitzen, sondern muss vor dem Richter stehen.“ Ohne zusätzliches Personal verkomme der Kampf gegen die Messergewalt „zur völligen Symbolpolitik“.
„Einfach nur saugefährlich"
Laut NRW-Kriminalstatistik sind die Täter sind zu 90 Prozent Männer. 2022 war jeder Zweite unter 30 Jahre alt, knapp ein Drittel der Täter sogar unter 18. Die Liberalen fordern verstärkte Präventionsarbeit in Jugendtreffs, Sportvereinen und Schulen. Überall dort wo, die Jugendlichen erreicht werden könnten, müsse die klare Botschaft vermittelt werden: „Ein Messer zu tragen ist nicht cool oder männlich. Es schützt auch nicht, sondern ist einfach nur saugefährlich“, so Lürbke.
Das NRW-Innenministerium verwies darauf, im Bereich „Tatmittel Messer“ seien die Zahlen weiter rückläufig. „Rund 4200 Fälle wurden in diesem Deliktsbereich registriert. Das ist ein Minus von fünf Prozent zum Vorjahr“, sagte ein Sprecher unserer Zeitung. Möglicherweise habe der Rückgang auch etwas mit der Einführung der Waffenverbotszonen zu tun. Solche Zonen sendeten das Signal, dass Messer unerwünscht seien.
Die Strafvorschriften zum Waffenrecht würden ausschließlich in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen, hieß es. Insoweit könne der Landesgesetzgeber hier keine eigenständigen Strafen erlassen. Der gültige Strafrahmen für das unerlaubte Mitführen von Messern sei „ausreichend“, so der Reul-Sprecher. Im Fall der Messerattacke von Köln-Weidenpesch ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen gefährlicher Körperverletzung.