NRW-Innenminister Herbert Reul stellte mobile Kameras vor, die es möglich machen, auf 100 Meter Entfernung eine Briefmarke zu lesen.
Zur Aufklärung von StraftatenPolizei in NRW rüstet mit hochauflösenden, mobilen Kameras auf
Der Herr im blauen Anzug sieht auf dem Computer-Bildschirm zwei Verdächtige. Die Männer stehen vor einem geöffneten Kofferraum, dann wird offenbar Bargeld gegen Ware ausgetauscht. Mit einem Joystick zoomt der Beobachter näher heran, kann das Kennzeichen jetzt gut erkennen. „Die Bilder sind ja gestochen scharf“, freut sich Herbert Reul. Der NRW-Innenminister steht an einem Leitstellenarbeitsplatz, an dem er das Leistungsvermögen einer Neuanschaffung mit dem Abkürzung „MoViBeAn“ vorführen soll.
Kameras sind auf Anhängern montiert
„MoViBeAn“ – das steht für mobile Videobeobachtungsanlage. Die NRW-Polizei will sich mit den Hightech-Augen künftig einen besseren Überblick über Situationen verschaffen, in denen mit Straftaten zu rechnen ist. Jede Anlage ist mit sechs Kameras ausgestattet, die eine 40-fache Vergrößerung ermöglichen. „Selbst auf 100 Meter Abstand können wir klar erkennen, ob eine Tüv-Plakette abgelaufen ist“, sagt Christoph Meurers, Dezernatsleiter beim Landesamt für Polizeiliche Dienste (LZPD) in Duisburg, wo die Präsentation stattfand. Er gehört zu dem Team, das neue Einsatzmittel der NRW-Polizei entwickelt. In den Labors wurden bereits Roboterhunde, Aufklärungsdrohnen und der Polizeiwagen der Zukunft ermittelt.
Die mobilen Kameras sind auf einem Anhänger montiert, der problemlos in der Nähe von Brennpunkten geparkt werden kann. Sie können bis zu zehn Tage ohne Stromzufuhr autark betrieben werden. Die NRW-Polizei hat zunächst zehn Module im Gesamtwert von rund einer Million Euro gebaut. „Augen und Gehirn“ sind feuerfest und sabotagesicher auf einem fünf Meter hohen Mast untergebracht. „Wenn es brenzlig wird, sind wir schneller vor Ort“, sagt Innenminister Reul. Die Bilder können bei Ermittlungen als Beweismaterien verwendet werden.
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Reul ist sich sicher, dass das neue Instrument die Aufklärung von Straftaten ein „großes Stück weiterbringen“ kann. Denkbar sei der Einsatz auf Weihnachtsmärkten, um Taschendieben das Handwerk zu legen. Auch in Fußballstadien könnten die Geräte zum Einsatz kommen, um zum Beispiel das Abbrennen von Pyrotechnik besser nachverfolgen zu können, hieß es. Auch bei Ermittlungen im Rocker-Milieu oder bei der Bekämpfung der Clan-Kriminalität könnte die Beobachtung wichtige Erkenntnisse liefern. Die Daten dürfen für 14 Tage gespeichert werden.
Polizei hofft auf abschreckende Wirkung
Bei Demonstrationen und anderen Veranstaltungen, die dem Versammlungsgesetz unterliegen, dürfen die Anlagen nicht zum Einsatz kommen. Das gilt nicht für Partys und spontane Feiern auf öffentlichen Plätzen. „An Silvester könnte mobile Kameras auch auf der Kölner Domplatte aufgebaut werden“, sagt Dezernatsleiter Meurers. „Wir setzen auch auf die abschreckende Wirkung. Idealerweise werden allein durch die Präsenz der Kameras Straftaten verhindert.“
Die rechtliche Grundlage für die Videobeobachtung ist Paragraf 15 und 15a des Polizeigesetzes. Dort heißt es, dass die Polizei öffentlich zugängliche Orte mittels Bildübertragung beobachten darf, sofern „an diesem Ort wiederholt Straftaten begangen wurden und die Beschaffenheit des Ortes die Begehung von Straftaten begünstigt“. In einigen Städten gibt es bereits stationäre Videobeobachtung, unter anderem in Köln. Die Bonner Polizei hatte bereits 2019 eigene mobile Kameramodule konzipiert – die Erkenntnisse der Nutzung dienten jetzt der Fortentwicklung der Anlagen.
Bei den verdächtigen Männern, die Reul auf dem Bildschirm sah, handelte es sich natürlich nicht um echte Kriminelle, sondern um verkleidete Polizisten. Um dem Datenschutz gerecht zu werden, wurde die Szene von einer mobilen Kamera übertragen, die in der Polizeischule Brühl postiert war.