Chatnachrichten mit Volksverhetzung und rechtem Gedankengut sollen auch in „geschlossenen Chatgruppen“ betraft werden.
Hetze in Reihen der PolizeiNRW will Gesetzeslücke schließen und rechtsextreme Inhalte in Chats bestrafen
Sie hatten Hitler-Bilder gepostet, üble Flüchtlingshetze oder KZ-Karikaturen, in denen Muslime in die Gaskammer wandern. Der im September 2020 bekannt gewordene Skandal um rechtsextreme Chats auf der Polizeiwache Mülheim/Ruhr und in Essen sorgte für reichlich Schlagzeilen.
Wenngleich es zumindest in einigen wenige Fällen disziplinarrechtliche Maßnahmen gab und 21 dieser Verfahren noch anhängig sind, wurden die strafrechtlichen Ermittlungen mittlerweile eingestellt. Und zwar aus formaljuristischen Gründen: Für einen Schuldspruch wegen Volksverhetzung oder dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen hätten diese rechtsextremen Dateien in der Öffentlichkeit breit gestreut werden müssen. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, teilte die Staatsanwaltschaft Duisburg mit.
Reul: „Verfassungstreu bis unter die Hirnrinde“
Um diese Gesetzeslücke zu schließen, haben NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) und Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) am Dienstag in Düsseldorf eine Bundesratsinitiative zur Verschärfung des Strafgesetzbuches sowie des Wehrstrafgesetzbuches für Soldaten angekündigt. „Der Austausch rassistischer, antisemitischer oder fremdenfeindlicher Inhalte soll für Amtsträgerinnen und Amtsträger demnach auch in sogenannten geschlossenen Chatgruppen strafbar werden“, sagte Limbach. Die Kommunikation solcher Inhalte unter Staatsdienern sei „keine bloße Meinungsäußerung mehr unter Kolleginnen und Kollegen“.
Hierbei gehe es „übrigens auch um die Wahrung der Integrität des öffentlichen Dienstes“, ergänzte Reul. Es gehe um das „höchste Gut, das wir haben, um Vertrauen“. Personen, die für den Staat arbeiten, müssten deshalb „bis unter die Hirnrinde verfassungstreu, demokratisch und lupenrein sein“.
Geld- oder Freiheitsstrafe geplant
Bei den rechtsextremen Vorkommnissen in Mülheim und Essen hatte es sich um mehrere geschlossene Chatgruppen gehandelt. Die Gruppen hatten nach Angaben einer Behördensprecherin maximal 15 Teilnehmer, „die alle untereinander bekannt und freundschaftlich verbunden waren“: „Keiner musste damit rechnen, dass die geteilten Inhalte der breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und eine Verbreitung entsprach auch nicht dem Willen der Chatteilnehmer.“
Bei der strafrechtlichen Bewertung soll dies nach dem Willen der NRW-Regierung zukünftig aber keine Rolle mehr spielen. Die bundesweit gültigen Gesetze sollen so präzisiert werden, dass sie auch bei geschlossenen Chats greifen. Wenn Amtsträger darin Volksverhetzendes verbreiten oder wenn sie verfassungswidrige Kennzeichen verwenden, sollen sie mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden können. Voraussetzung ist, dass die Äußerungen in Chats fallen, die auch dienstlich genutzt werden.
Bund soll Strafgesetzbuch ergänzen
Konkret soll ein Abschnitt zu „Straftaten im Amt“ im Strafgesetzbuch neu gefasst werden. Außerdem sollen über eine Änderung im Wehrstrafgesetz auch Soldatinnen und Soldaten abgedeckt werden. Der Gesetzesantrag aus NRW geht zunächst in den Bundesrat. Es habe in der Justizministerkonferenz bereits Forderungen gegeben, dass der Bund tätig werde, sagte Limbach. Da aber nichts geschehen sei, habe man auf Idee von Innenminister Herbert Reul (CDU) hin eine Eigeninitiative aus NRW gestartet.