Islamisten aus Zentralasien gelten als brandgefährlich. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) will sie jetzt genau in den Blick nehmen.
„Hohes Gefährdungspotenzial“Reul ermahnt NRW-Ermittler Terror-Gefahr zur EM ernster zu nehmen
NRW-Innenminister Herbert Reul fordert die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern auf, die Anschlagsgefahr in Deutschland durch Islamisten aus Zentralasien stärker in den Blick zu nehmen. Das geht aus einem Schreiben des CDU-Politikers an die Innenministerkonferenz (IMK) hervor, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ in Kopie vorliegt. Aufgrund des „hohen abstrakten Gefährdungspotenzials, auch im Zusammenhang mit der Fußball-Europameisterschaft“, sei eine Befassung der IMK mit dem Thema bei der Frühjahrstagung dringend erforderlich, heißt es.
In den letzten Jahren hätten die deutschen Sicherheitsbehörden in mehreren Ermittlungskomplexen festgestellt, „dass vermehrt islamistisch-terroristische Personen aus dem zentralasiatischen Raum“ in Deutschland agieren würden. Dabei handele es sich um Personen aus Tadschikistan, Kirgisistan, Usbekistan und Turkmenistan mit aktuellem Wohnsitz oder Aufenthalt in Deutschland. Ein „örtlicher Schwerpunkt“ sei NRW. Die Verdächtigen verfügten über Verbindungen zur Terrorgruppe „Islamischer Staat Provinz Khorasan"(ISPK).
Hinweis auf Anschlag gegen den Dom
Die ISPK ist einer Untergruppe der Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Geheimdienste hatten im Dezember vergangenen Jahres Hinweise erhalten, dass Angehörige des ISPK Anschläge auf den Kölner Dom oder den Wiener Stephansdom geplant hatten. „Bislang konnten die deutschen Sicherheitsbehörden in enger Zusammenarbeit und zum Teil auch mit Unterstützung ausländischer Nachrichtendienste mögliche Anschlagsplanungen rechtzeitig erkennen, bewerten und durch ein konsequentes Vorgehen unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten verhindern“, schreibt Reul. Damit das „auch weiterhin bestmöglich“ gelinge, müssten die Sicherheitsbehörden bereits bestehende Auswertungs- und Analysetätigkeiten „genauer ausrichten“ und ihre Erkenntnisse „unverzüglich“ bundesweit bündeln.
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Nach Informationen westlicher Nachrichtendienste soll der IS-Ableger ISPK in Europa ein Netzwerk aus Unterstützern und Anhängern aufgebaut haben, um große Terroranschläge in Europa verüben zu können. Mögliche Attentäter werden gezielt über Chatgruppen angeworben. „Hier versucht der ISPK, insbesondere selbst-radikalisierte Einzeltäter und autonom agierende Kleinstgruppen zu Anschlägen zu animieren und in Teilen auch hierbei anzuleiten“, erläutert Reul.
Festnahmen in Wesel und Nörvenich
Aus dem Ausland erhalten Fanatiker, die auch in NRW leben, Anleitungen zur Sprengstoffherstellung und für den Bombenbau. So wurde 2022 ein Deutsch-Kosovare in Iserlohn verhaftet, der einen Anschlag mit einem Sprengstoffgürtel geplant haben soll. Im Zusammenhang mit den Anschlagsplänen auf den Kölner Dom waren in Wesel und Nörvenich zwei Tadschiken festgenommen worden.
Die die nächste Innenministerkonferenz erst kurz vor der Fußball-Europameisterschaft stattfindet, will Reul sofortige Maßnahmen durch einen Umlaufbeschluss in Gang setzen. Die „Aufhellung des Personenpotentials“ könne zu einer „frühzeitigen Initiierung ausländerrechtlicher Maßnahmen“ führen - und damit die „Sicherheit in Deutschland wesentlich steigern“, so der NRW-Innenminister. In eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Bund und Ländern müssten auch der Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst mit eingebunden werden.