Die Affäre belastet die schwarz-grüne Landesregierung. Kam die Besetzung eines Top-Postens in der Justiz durch Vetternwirtschaft zustande?
Top-Noten für Limbach-BekannteOVG-Affäre: Gutachter hält Beurteilungsverfahren für rechtswidrig
Bei der Aufarbeitung der Affäre um die Besetzung des Chefpostens beim Oberlandesgericht durch den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtags könnte ein Wendepunkt eingetreten sein. SPD und FDP stellten am Dienstag ein Gutachten vor, aus dem hervorgeht, dass es im Besetzungsprozess mit der Wunschkandidatin des Ministers zu einem Verfahrensfehler gekommen sein soll. „Dieser rechtliche Mangel kann nicht geheilt werden“, sagte SPD-Obfrau Nadja Lüders. „Nach unserer Auffassung muss die Stelle neu ausgeschrieben werden“, so die Politikerin aus Dortmund.
In dem Untersuchungsausschuss geht es um die Frage, ob eine Duz-Freundin und Ex-Kollegin von NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) aus politischen Gründen auf den OVG-Chefposten gehievt werden sollte, obwohl andere Bewerber möglicherweise fachlich besser geeignet gewesen sind. Die Bekannte hatte sich nach der Landtagswahl mit dem neuen Justizminister zu einem Abendessen verabredet und ihm dabei ihr Interesse an der Stelle vorgetragen. Im weiteren Verlauf hatte sie tatsächlich das Rennen gemacht. Das schwarz-grüne Kabinett beschloss im Juni 2023, den Posten an sie zu vergeben.
Möglich wurde diese Entscheidung durch eine äußerst positive Beurteilung der Bewerberin durch das Düsseldorfer Innenministerium, wo sie seit 2020 in einer Spitzenfunktion tätig ist. Laut dem Gutachten kam es bei der Ausstellung dieser Beurteilung aber zu einem rechtswidrigen Vorgang. Es geht um die Frage, ob Innen-Staatssekretärin Daniela Lesmeister berechtigt war, das Zeugnis auszustellen, ohne ihren Vorgänger Jürgen Mathies miteinzubinden.
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Laut einer Beurteilungsrichtlinie des Innenministeriums aus dem Jahr 2010 ist die Einbindung des Vorgängers erforderlich, wenn der Vorgesetzte die Leistungen „nicht aus eigener Kenntnis“ beurteilen kann. Das ist nach Ansicht der Opposition hier der Fall. Denn Lesmeister war zu dem Zeitpunkt, als sie ihr Votum abgab, erst zwei Monate im Amt. Ihr Vorgänger Mathies hatte hingegen zwei Jahre mit der Bewerberin zusammengearbeitet – und hätte sich aus Sicht von SPD und FDP fundiert äußern können.
Bei dem Gutachter Jürgen Lorse handelt es sich um einen langjährigen ehrenamtlichen Richter beim OVG in Münster. Er ist Autor des Fachbuchs „Die dienstliche Beurteilung“ und gehört der SPD an. Die Expertise wurde dem PUA zugeleitet.
Daniela Lesmeister erklärte bei ihrer Vernehmung, bei der fraglichen Beurteilungsrichtlinie handele es sich lediglich um eine „Kann-Bestimmung “. Die gute Beurteilung sei aus der „eigenen Wahrnehmung des Leistungsbilds“ hervorgegangen: „Wer mich kennt, weiß, dass ich mir so etwas nicht vorschreiben lassen würde.“ Sie habe nicht gewusst, auf welche konkrete Position sich die Mitarbeiterin mit der Beurteilung bewerben wollte, und „nach bestem Wissen und Gewissen“ gehandelt.
Im U-Ausschuss wurde auch der frühere NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) vernommen. Er gab an, an der Entscheidungsfindung zur Besetzung des OVG-Postens nicht teilgenommen zu haben.