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Bauteile für modernste Kampfjets der WeltRheinmetall baut neue Fabrik in NRW – Wüst beim Spatenstich

Lesezeit 4 Minuten
Annette Lehnigk-Emden, Präsidentin des Bundesamtes für Ausrüstung Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, spricht mit Hendrik Wüst (M, CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, und Ingo Gerhartz, Generalleutnant und Inspekteur der Luftwaffe, beim symbolischen ersten Spatenstich auf dem Niederrhein-Airport Weeze.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (M.) betonte beim symbolischen ersten Spatenstich auf dem Niederrhein-Airport Weeze die Dringlichkeit von Investitionen in Militärgüter.

Der Bau einer neuen Fabrik von Rheinmetall in Weeze hat begonnen. Dort entstehen Teile für den hochmodernen Kampfjet F35.

14 Schaufeln ragten am Dienstagmorgen am Flughafen Weeze aus einem aufs Gras geschütteten Sandhügel heraus. Noch vor zwei Jahren hätte man für den symbolischen Spatenstich einer neuen Rüstungsfabrik vermutlich deutlich weniger Werkzeuge gebraucht. Doch seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine präsentiert sich die politische Prominenz deutlich offener mit den Riesen der deutschen Rüstungsindustrie: Neben Rheinmetall-Chef Armin Papperger schippten Ministerpräsident Hendrik Wüst, NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und ein Admiral mit Vertretern der US-Rüstungsindustrie sowie der Generalkonsulin der Vereinigten Staaten Sand in Richtung der zahlreichen Kameras.

Am Niederrhein nahe der holländischen Grenze produziert der Düsseldorfer Rüstungskonzern bald Rumpfmittelteile für den amerikanischen Kampfjet F-35. Es soll eine der modernsten, „wenn nicht sogar die modernste“ deutsche Fertigungsstätte für die Luftfahrt sein, verspricht Armin Papperger. Die modernste Fabrik für den modernsten Kampfjet der Welt, der von den US-Rüstungsfirmen Lockheed Martin und Northrop Grumman zusammengebaut wird.

Weeze: Im Niederrrhein-Airport Weeze stehen die Entscheidungsträger der Rheinmetall-Fabrik, wo die F35B Kampfjet Rumpfmittelteile gebaut werden, nach dem symbolischen Spatenstich zusammen. Darunter Mona Neubaur und Hendrik Wüst.

Viele Spaten, viel Ehre: Gruppenbild für die neue Rheinmetall-Fabrik. Auch Deutschland hat schon 35 F-35 Kampfjets bestellt

Mindestens 400 Rumpfmittelteile sollen in den nächsten Jahrzehnten aus den Fabrikhallen in Weeze rollen, im Jahr 2025 will Rheinmetall mit der Produktion beginnen. Dafür möchte das Unternehmen mindestens 400 Mitarbeiter einstellen; Pappberger hofft, dass sich auch Zulieferer an dem Standort niederlassen und dadurch weitere 1500 Arbeitsplätze entstehen.

Rund 200 Millionen Euro investiert Rheinmetall in die Fabrik, 100 Millionen für den Bau, 100 Millionen für Equipment. Auch der Bund steuert Geld aus dem rund 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für die Bundeswehr bei. Denn auch die Luftwaffe will aufrüsten: Ende des letzten Jahres bestellte Deutschland 35 der atomwaffenfähigen Kampfflugzeuge. Sie sollen bis 2030 die in die Jahre gekommenen Tornados ablösen und sind Teil des nuklearen Abschreckungskonzepts der Nato, bei dem Verbündete Zugriff auf Atombomben der USA haben.

Wüst: „Wer Demokratien entwaffnet, macht Recht und Freiheit schutzlos“

Hendrik Wüst wird in seiner Rede nicht müde, das Wort „Zeitenwende“ zu betonen. „Sein wir ehrlich: Es hat in den letzten 30 Jahren eine solche Investition für Rüstung nicht gegeben. Es hat auch kaum die Zustimmung in der Gesellschaft dafür gegeben“, sagte der Ministerpräsident. „Wir haben uns lange geleistet, einen Bogen um Rüstung zu machen.“ Das habe sich mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine geändert. Das Gefahrenspektrum, so Wüst, sei heute so breit und unkalkulierbar wie nie zuvor. „Als Antwort brauchen wir eine starke Verteidigung“, so der Ministerpräsident. „Demokratien müssen wehrhaft sein. Wer Demokratien entwaffnet, macht Recht und Freiheit schutzlos.“

Ein Kampfflugzeug vom Typ F-35 fliegt über eine US-Air Base.

Und so sieht am Himmel dann aus: Ein Kampfflugzeug vom Typ F-35. In Weeze sollen die Rumpfmittelteile gebaut werden.

Ähnliche Worte fand auch Mona Neubaur: Es sei ein gutes Signal, dass sie als grüne Industrieministerin heute hier stehe. Sowohl Neubaur als auch Wüst bedanken sich bei Rheinmetall dafür, dass sich der Konzern als weltweit agierendes Unternehmen entschieden hatte, die neue Fabrik in Nordrhein-Westfalen zu bauen. Dies sei ein „Signal für unsere Zukunft als innovatives und klimafreundliches Industrieland“, so Wüst.

Papperger betonte zudem die historische Bedeutung des Standorts Weeze: „So wie der einstige britische Fliegerhorst Weeze im Kalten Krieg eine Stütze der Nato-Luftverteidigung war, so wird auch die Rheinmetall-Fertigungsstätte Weeze in Zukunft eine bedeutende Rolle für die F35-Nutzerstaaten haben“, kündigte der Vorstandsvorsitzende von Rheinmetall an.

Ein Ex-Schmuddelkind auf der Überholspur

Rheinmetall, das größte rein deutsche Rüstungsunternehmen, galt lange Zeit als Schmuddelkind der Industrie. Wegen umstrittenen Rüstungsexporten in Drittländer, die beispielsweise am Jemen-Krieg beteiligt sind, stand das Unternehmen häufig in der Kritik. Seit dem Beginn des Ukraine-Krieges versucht der Rüstungsriese offenbar, sein unpopuläres Image aufzubessern: Das Stiefkind wird zum „Garant für Sicherheit in Europa.“

Erst kürzlich schaffte Rheinmetall den Sprung in den Dax. Bei der Hauptversammlung im Mai präsentierte sich der Konzern vor seinen Aktionären optimistisch: „Sie können davon ausgehen, dass das Jahr 2023 das beste Jahr der Firmengeschichte im Bereich der Auftragseingänge wird“, kündigte Papperger damals an. Allein in den letzten beiden Wochen hat Rheinmetall offenbar Aufträge im Rahmen von acht Milliarden Euro von der Bundesrepublik Deutschland bekommen.

Nach dem obligatorischen Spatenstich stellt sich der Rheinmetall-Chef den Fragen einzelner Journalisten. Ob er Genugtuung verspüren würde, jetzt, wo von allen Seiten mächtige Menschen auf den Rüstungskonzern zugehen, fragt ein Reporter des ZDF Papperger. „Keine Genugtuung“, antwortet dieser. Er sei seit Jahrzehnten davon überzeugt, dass die Arbeit von Rheinmetall richtig sei. „Ich freue mich, dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Lohn kriegen, den sie die letzten 25 Jahre verdient hätten.“