Die Folgen der Flut sind auch nach 18 Monaten nicht komplett aufgearbeitet. Die Kontrollen an der Kiesgrube Blessem stehen jetzt im Fokus.
Zeugenbefragung im Flut-AusschussWie konnte es zur Tragödie von Blessem kommen?
Die Bilder gingen um die Welt. Der Krater der eingestürzten Kiesgrube in Erftstadt-Blessem wurde zum Symbol der Flut-Katastrophe vom Sommer 2021 bei der in NRW 49 Menschen starben. Am Freitag setzt der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA), der die Ursachen für die Flut-Tragödie aufdecken soll, seine Arbeit fort.
Im Fokus stehen die dramatischen Ereignisse in Blessem. René Schneider, Obmann der SPD-Fraktion im Ausschuss, ist sich sicher: „Der Kiesabbau hätte an dieser Stelle nie genehmigt werden dürfen.“
Zehn Beschuldigte unter Verdacht
Für die ersten Zeugen, die am Freitag im PUA vernommen werden, könnte es ungemütlich werden. Vernommen werden zunächst drei Mitarbeiter der Bezirksregierung Arnsberg, die für die Genehmigung und die Überwachung der Grube zuständig waren. Danach wird der Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Köln befragt, der die Ermittlungen zur Aufklärung der Unglücksursache leitet.
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Insgesamt gibt es zehn Beschuldigte, darunter auch der technische Geschäftsführer des Grubenbetreibers Rheinische Baustoffwerke GmbH (RBS) sowie vier weitere Mitarbeiter der RWE-Power-Tochtergesellschaft.
SPD-Obmann Schneider sagte am Mittwoch vor Journalisten in Düsseldorf, er gehe davon aus, dass ein massive Kontrollversagen der Aufsichtsbehörden das Unglück begünstigt habe. In Blessem waren drei Wohnhäuser und ein Teil der historischen Burg zerstört worden. Wie durch ein Wunder gab es keine Todesopfer. Der ganze Ortsteil wurde zeitweise wegen der drohenden Einsturzgefahr komplett evakuiert.
Ein Zwischenbericht von Polizei und Staatsanwaltschaft hatte ein schlechtes Licht auf die Bezirksregierung Arnsberg geworfen, die in NRW für die Aufsicht über den Bergbau zuständig ist. Danach hatte offenbar niemand darauf gedrungen, dass ein ausreichender Hochwasserschutz am südlichen Rand der Grube sichergestellt wurde. Begehungen bei Ortsterminen zwischen 2015 und April 2021 sollen schlampig durchgeführt worden sein, Kontrollen verliefen nur oberflächlich. In einem Vermerk aus dem Jahr 2017 heißt es, dass der Schutzwall „den Anforderungen an einen umlaufenden Hochwasserschutz“ entspreche.
Damm war nicht stabil genug
Tatsächlich war der Damm aber offensichtlich nicht stabil genug, um die Wassermassen aufzuhalten. Bereits in den 90er Jahren war der Wall durch Erdrutsche beschädigt worden. Zudem waren die Grubenböschungen offenbar zu steil und für stürzten daher durch die Erosionen beim dem bei dem Wassereinbruch in die Tiefe.
Nach der Katastrophe hatte die Landesregierung angekündigt, den Hochwasserschutz der Tagebaue in NRW unter die Lupe zu nehmen. Im September 2021 waren 13 Tagebaue unter Bergaufsicht identifiziert wurden, die in überschwemmungsgefährdeten Gebieten liegen. Alle Betriebe wurden um einer Gefährdungseinschätzung gebeten. Eine Aufforderung, die trotz der eindringlichen Warnung durch die Ereignisse in Blessem zum Teil einfach ignoriert wurde. Nur sechs Betriebe gaben Auskunft über mögliche Hochwasser-Risiken.
Die SPD fordert, dass künftig keine Tagebaue in Überschwemmungsgebieten mehr genehmigt werden sollen. Bis heute, 18 Monate nach der Katastrophe, wurde die Genehmigungspraxis aber nicht verändert. Auch bei der angekündigten Optimierung der Pegelmesssysteme kommt die schwarz-grüne Landesregierung nach Einschätzung der Opposition nicht voran. Vor Sommer 2023 wird es keine neuen Messstellen in NRW geben, weil ein Konzept für die möglichen Standorte noch nicht fertiggestellt ist.