Olaf Scholz war erst wenige Stunden im Amt, da stand schon sein erster Termin als oberster Corona-Krisenmanager des Landes an. Beim Treffen mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten ging es am Donnerstag um die nächsten Schritte zur Eindämmung der Pandemie, die sich durch das Auftreten der neuen Omikron-Variante weiter zu verschärfen droht.
Keine Schonfrist für die neue Regierung um Olaf Scholz
Das Treffen mit den Länderchefs unmittelbar nach Aufnahme der Regierungsgeschäfte ist ein Signal, das überfällig und dringend notwendig ist. In den Wochen vor seinem Amtseid hatten Scholz – und auch die anderen Ampel-Koalitionäre – mal irritierende, mal viel zu zaghafte Botschaften gesendet. So war die Aufhebung der bundesweiten epidemischen Lage per Beschluss von SPD, Grünen und FDP im Bundestag Ende November ein Fehler und sorgte zunächst einmal für beschränkte Handlungsspielräume in den Ländern. Führung und eindeutige Kommunikation waren quälend lange Wochen Fehlanzeige, obwohl die Inzidenzen in die Höhe schossen und Intensivstationen meldeten, keine Patienten mehr aufnehmen zu können.
Für Olaf Scholz und sein Kabinett gibt es angesichts der Pandemie die für eine neue Regierung übliche Schonfrist nicht. Fast alle Ministerinnen und Minister, vor allem aber natürlich der Kanzler selbst und der neue Gesundheitsminister Karl Lauterbach, müssen vom Start weg als Krisenmanagerinnen und -manager agieren und funktionieren.
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Scholz hat sich im Wahlkampf gerne als die männliche Ausgabe von Angela Merkel inszeniert, was in Bildern gipfelte, die ihn mit zur „Merkel-Raute“ zusammengeführten Händen zeigten. Davon muss sich Scholz nun schleunigst befreien. In der Bekämpfung der Pandemie kann er sich fortan nicht mehr als Kopie hinter seiner Vorgängerin verstecken.
Dass er Karl Lauterbach gegen wesentliche Teile seiner Partei als Gesundheitsminister durchsetzte, zeigt, dass Scholz grundsätzlich gewillt ist, seine Richtlinienkompetenz als Kanzler anzuwenden. Gemeinsam mit Lauterbach und den Ländern muss er nun aber schon sehr schnell unter Beweis stellen, dass das erste ambitionierte Ziel der Ampel-Koalition auch umgesetzt wird: Bis Weihnachten sollen 30 Millionen Menschen in Deutschland geimpft werden. Eine Bewährungsprobe, die keinen Zeitverzug duldet, genauso wie die Vorbereitung und die zuvor notwendige Diskussion einer möglichen Impfpflicht für Erwachsene im Frühjahr.
Worten müssen Taten folgen
Die Ampel-Koalition wird nach ihren ersten 100 Tagen vor allem daran gemessen werden, wie gut sie das Land durch die sich erneut verschärfte Corona-Krise geführt hat. Das Krisenmanagement bis zum Frühjahr wird mitentscheidend dafür sein, wie erfolgreich die weiteren wichtigen Vorhaben der Regierung in Zeiten von Klimawandel, Digitalisierung, internationalen Krisen und immer stärkeren sozialen Ungleichheiten sein werden. Sollbruchstellen sind vor allem zwischen der SPD, deren prominenter Gesundheitsminister als einer der Anführer zum „Team Vorsicht“ gehört, und der FDP, die sich bis zuletzt gegen freiheitseinschränkende Maßnahmen und gegen Lockdowns von Wirtschaft und Schulen positioniert hat, genügend vorhanden.
„Mehr Fortschritt wagen“, wie der Titel des rot-grün-gelben Koalitionsvertrags in Anspielung auf Willy Brandts berühmte Regierungserklärung „Mehr Demokratie wagen“ von 1969 heißt, wird nur dann zu einem Erfolgsprojekt, wenn die Pandemie bis Mitte des kommenden Jahres unter Kontrolle ist. Voraussetzung dafür ist, dass OIaf Scholz von Beginn an Verantwortung übernimmt und Worte in Taten umsetzt.