Kritiker der Ex-Linken-Politikerin werfen Sahra Wagenknecht Russland-Nähe vor, auch in ihrem neuen Bündnis gibt es Annäherungen an Moskau.
„Keine klassische Linke“So berichten russische Medien über die neue Wagenknecht-Partei
Die frühere Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht hat am Montag ihre neue Partei auf der Bundespressekonferenz vorgestellt, das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW). Gemeinsam mit Wagenknecht verlassen neun Politikerinnen und Politiker, darunter auch die frühere Vorsitzende Amira Mohamed Ali, die Linkspartei. Auf die neue Partei-Gründung reagierten auch die russischen Nachrichtenagenturen.
Wagenknecht, die zwar auch viel Popularität unter Wählerinnen und Wählern genießt, steht immer wieder in der Kritik, einen Russland-nahen Kurs zu betreiben. Auch in den Eckpunkten ihrer neuen Partei sind Russland-offene Positionen zu erkennen: So soll etwa die BSW-Außenpolitik in der „Tradition des Bundeskanzlers Willy Brandt und des sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow“ stehen, Stationierung von Soldaten an russischen Grenzen werde abgelehnt und für die Energiesicherheit wolle man sich auch auf russische Versorgung stützen. Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs positioniert sich Wagenknecht gegen deutsche Waffenlieferungen.
Sahra Wagenknecht: Russische Medien sehen „keine klassische Linke“
In den russischen Medien wurde die Partei-Abspaltung Wagenknechts genau beobachtet. In einer Zusammenfassung der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA heißt es, dass „die Angst der deutschen Eliten verständlich“ ist, da neben der AfD nun auch mit dem „Bündnis Sahra Wagenknecht“ eine neue „antisystemische Partei“ an den Start gehe: „Im deutschen Haus ist eh alles durcheinander“, heißt es in dem Bericht zur politischen Lage in Deutschland.
Wagenknecht habe laut Staatsagentur „linke, sogar teilweise kommunistische Ansichten, aber sie teilt nicht die klassische moderne linke Agenda, die im Westen propagiert wird.“ Weiter heißt es, dass „Wagenknecht nicht den heuchlerischen Kampf für die Rechte aller möglichen Minderheiten“ unterstütze. Sie sei zudem als „Extremistin und Putin-Anhängerin abgestempelt“ worden, nur weil ihre Positionen sich nicht mit dem „deutschen Mainstream decken“ würden. Was genau denn der deutsche Mainstream sei, lässt die staatliche Nachrichtenagentur offen.
Für die anderen deutschen Parteien erwartet RIA ein trauriges Ergebnis: Die Linkspartei werde nach Wagenknechts Abgang nicht mehr in den Bundestag einziehen, die SPD weiter Stimmen verlieren: Die „Systemparteien“, so bezeichnet die russische Nachrichtenagentur die klassisch demokratischen Parteien in Deutschland, seien am Stimmenverlust selbst schuld, da sie ihr „Gesicht verloren“ hätten, etwa in Fragen der Außenpolitik, die „eindeutig pro-atlantisch und antirussisch“ sei.
Bündnis Sahra Wagenknecht wird wohl Wählerstimmen aus allen Lagern gewinnen
Auch die russische Nachrichtenagentur Tass, die ebenfalls staatlich kontrolliert ist und zu den wichtigsten Sprachrohren gehört, hat die Parteigründung Wagenknechts thematisiert. Im Bericht von Montag betont Tass, dass Wagenknecht „wiederholt die Wirtschaftssanktionen gegen Russland sowie die Migrationspolitik der Bundesregierung kritisiert und sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen“ hat.
Laut Tass könnten sich 27 Prozent der deutschen Wählerinnen und Wähler vorstellen, die Wagenknecht-Partei BSW zu wählen, eine Quelle nannte die russische Nachrichtenagentur allerdings nicht. Laut einer deutschen Umfrage des Instituts INSA, das die „Bild“ in Auftrag gegeben hatte, käme das Bündnis auf etwa zwölf Prozent der Wählerstimmen. Auch laut Tass werden sich durch BSV vor allem die Probleme der Linkspartei und der SPD verschärfen.
Das neue Wagenknecht-Bündnis ist zunächst als Verein gegründet worden, der als Vorstufe für eine Partei dient. Die tatsächliche Parteigründung ist für Anfang 2024 geplant, heißt es. Die erste Gradmessung für das BSW könnte dann die Europawahl am 9. Juni 2024 sein.