Sinus-Jugendstudie 2024Jugendliche bleiben trotz Krisen und Kriegen optimistisch

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Mehrere Jugendliche laufen auf einer Straße.

Alle vier Jahre untersucht das SINUS-Institut die Lebensrealitäten der deutschen Jugend.

Die Mehrheit der Jugendlichen gab zwar an, dass es Ihnen gut geht, ist aber bei politischen Themen besorgter denn je.

Die Sinus-Jugendstudie untersucht alle vier Jahre die Lebenswelt der deutschen Jugend. Die Jugendlichen werden dazu befragt, was ihnen wichtig ist, wovor sie Angst haben und wie sie sich ihre Zukunft vorstellen. Das Fazit: Die Jugend hat seit der letzten Untersuchung im Jahr 2020 ihren Optimismus nicht verloren, ist aber besorgter denn je. Vor allem bei politischen Themen herrscht ein Gefühl von Machtlosigkeit.

Die 14- bis 17-Jährigen in Deutschland haben ihren Optimismus nicht verloren. Zu diesem Ergebnis kommt die diesjährige Sinus-Jugendstudie. Die Mehrheit der Jugendlichen gab an, es gehe ihnen gut: Grundbedürfnisse seien erfüllt und auch sozial fühlen sich die meisten gut eingebunden. Alle vier Jahre untersucht das SINUS-Institut die Lebensrealitäten der deutschen Jugend.

Politik habe nur eine niedrigen Stellenwert im Leben der befragten Jugendlichen

Trotzdem machen die diversen Krisen und Kriege auch vor der Lebensweltrealität junger Menschen nicht halt. Die Erkenntnis: Jugendliche sind besorgter denn je. Und trotzdem hat Politik einen nur niedrigen Stellenwert im Leben der befragten Jugendlichen. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Mit Ausnahme der Themen Klimakrise und Diskriminierung fühlen nur sich wenige Jugendliche von politischen Themen persönlich betroffen. Zwar gibt es unter den Jugendlichen kurzfristige Reaktionen auf Krisen, beispielsweise suchen sie das direkte Gespräch mit Menschen in ihrem Umfeld, langfristiges politisches Engagement bleibe aber aus.

28 Prozent der Erstwähler wählen Kleinstparteien

Nach Erkenntnissen der Studie verspüren die Jugendlichen keine Möglichkeit, sich in die Politik einbringen zu können. Erschwerend kommt hinzu, dass die Jugendlichen ihre eigene politische Kompetenz als zu gering einschätzen, um sich einbringen zu können. Ein ähnliches Spannungsverhältnis zeigt sich auch beim Thema Wahlen: Zwar befürwortet ein Großteil das Wahlrecht ab 16, fühlt sich aber gleichzeitig nicht ausreichend darauf vorbereitet.

Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament am vergangenen Sonntag durften erstmals auch 16-jährige wählen. In der Gruppe der Erstwähler gaben 16% ihre Stimme der AfD. 28% wählten Kleinstparteien, davon 9% Volt. Marc Calmbach vom Sinus-Institut findet das noch viel erstaunlicher als die Zustimmung zur AfD.

„Experimentelles demokratisches Wahlverhalten“ bei den Erstwählern

Daraus ließe sich eine themengetriebene Wahlentscheidung ableiten. Auch die Tatsache, dass es bei der Europawahl keine 5%-Hürde gebe, habe die Wahlentscheidung der Erstwähler beeinflusst, erklärt Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).

„Man kann fast von einem experimentellen demokratischen Verhalten sprechen, um mal zu testen: Was bringen mir die eigentlich?“ Ein überraschender Befund, der zeige, dass die Jugend keineswegs unpolitisch sei. Jugendliche seien grundsätzlich skeptischer gegenüber den jeweils regierenden Partien. Kleinstparteien und Oppositionelle seien grundsätzlich beliebter.

Jugendlichen orientieren sich stark an ihren Eltern

Lena Bloemacher, Bundesvorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend, warnt davor, die Wahlergebnisse dazu zu nutzen, eine komplette Altersgruppe zu verurteilen. Die Entscheidungen müsse man in einem Gesamtkontext betrachten, weil die Zustimmungswerte zur AfD nicht von anderen Altersgruppen abweichen. Bei den 30- bis 44-Jährigen gaben 20% der AfD ihre Stimme, 18% bei den 45- bis 59-Jährigen und 11% der über 60-jährigen.

Insgesamt orientieren sich die Jugendlichen stark an ihren Eltern. Welche Werte dort vertreten werden, beeinflusse die Jugendlichen, erklärt bpb-Präsident Krüger. Daraus ließe sich auch ein Rückschluss auf die Wahlergebnisse der AfD bei den 16- bis 24- jährigen bilden.

Wenn die Eltern AfD wählen, sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch die Kinder dort ihr Kreuzchen setzen. Insgesamt könne die Studie aber nur sekundär Aufschluss über das Wahlverhalten vom vergangenen Sonntag geben, erklärt er. Die Befragung der Jugendlichen fand im Sommer 2023 statt.

Neben Politik untersucht die Studie weitere Lebensbereiche der Jugendlichen wie Social Media, Sport, und Diversität. Die Untersuchung zeige, dass die Weltsicht der jungen Generation keineswegs dem Klischee der verwöhnten Jugend entspreche, so die Autoren. Vielmehr seien Realismus und Bodenhaftung entscheidend. (rnd)

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