Berlin – Finanzminister Christian Lindner will hunderte Millionen Euro bei Hartz IV einsparen, das berichtet der „Spiegel“ und beruft sich dabei auf den Haushaltsentwurf für 2023. Sparpotenzial sehe Lindner demnach in einem Fördertopf für Langzeitarbeitslose, der gekürzt werden soll.
Zu spüren bekommen würden Arbeitssuchende die Kürzungen bereits bald. Die „Leistungen zur Eingliederung in Arbeit“ – so die offizielle Bezeichnung – sollen demnach von 4,8 auf 4,2 Milliarden Euro gekürzt werden – ein Minus von insgesamt 609 Millionen Euro. Doch das sei nur der erste Schritt.
Droht dem Sozialen Arbeitsmarkt das Aus?
Denn anschließend solle bis 2029 das Budget für die Mittel für mehrjährige Förderungen verschlankt werden. Die Planung sehe vor, so heißt es im Spiegel, dass die Fälligkeiten entsprechender Verpflichtungsermächtigungen auf jährlich nur noch 5 Millionen Euro reduziert würde.
Sollte die Kürzung tatsächlich umgesetzt werden, wäre das ein harter Schlag für den sogenannten Sozialen Arbeitsmarkt (auch bekannt als Förderung nach Paragraf 16i des Zweiten Sozialgesetzbuchs).
Linke und CDU äußern sich bestürzt über Christian Lindners Pläne
Die Pläne des FDP-Chefs, der an diesem Wochenende seine Freundin Franca Lehfeldt auf Sylt heiratet, stoßen bei gleich mehreren Oppositionsparteien auf Unverständnis. CDU und Linke reagierten empört. Eine derartige Kostenreduktion wäre eine „krasse Bankrotterklärung“, sagte die Jessica Tatti, die sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion. „Statt zwanghaft an der Schuldenbremse festzuhalten, muss die Bundesregierung in dieser Krise endlich die massiven Übergewinne der Konzerne besteuern.“
Tatti appelliert an die Ampel-Koalition, SPD und Grüne seien nun gefordert, Lindners Plänen einen Strich durch die Rechnung zu machen. „Wenn Hubertus Heil, wenn SPD und Grüne da mitmachen, verspielen sie auch noch den letzten Rest an sozialpolitischer Glaubwürdigkeit“, so die Linken-Abgeordnete.
Kritik an Lindner auch auf Twitter
Klare Worte wählte auch der Sozialexperte des Oppositionsführers, Kai Whittaker von der CDU. Er nannte die offenbar geplanten Kürzungen „brutal“. „Insbesondere trifft das Langzeitarbeitslose, deren Eingliederung in den Arbeitsmarkt und soziale Teilhabe nun schwieriger wird“, sagte er dem „Spiegel“.
Laut des Berichts ließ das Bundesfinanzministerium eine Anfrage zu den Streichungen zunächst unbeantwortet. Inzwischen hat sich Arbeitsminister Hubertus Heil zu den Zahlen geäußert. Die für 2023 vorgesehenen Mittel bewegten sich auf dem Niveau der Ausgaben von 2019, erklärte eine Sprecherin des SPD-Politikers. Über die endgültige Ausstattung entscheide zudem der Bundestag. Dort wird zunächst allerdings erst einmal nur der Etat für 2023. Danach verhandelt Finanzminister Christian Lindner (FDP) erneut mit den Fachministern, die längerfristigen Zahlen sind also unverbindlich.
Heil will sich für „dauerhafte Mittelausstattung des sozialen Arbeitsmarkts stark machen“
Heil werde „sich weiterhin für eine aktive Arbeitsmarktpolitik und für eine entsprechende dauerhafte Mittelausstattung des sozialen Arbeitsmarkts stark machen“. Wichtig sei, dass der soziale Arbeitsmarkt entfristet werde.
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt kündigte an, über die Kürzung müsse diskutiert werden. „Schon, wenn man es nur wirtschaftlich betrachtet und sagt, wir brauchen diese Arbeitskräfte, ist es wichtig, dass man dafür sorgt, dass sowas wie Eingliederungshilfen weiter passiert“, sagte die Grünen-Politikerin im Deutschlandfunk.
Zuletzt hätten so knapp 50.000 Menschen den Weg aus langjähriger Arbeitslosigkeit gefunden. Als langzeitarbeitslos gelten Arbeitslose, die ein Jahr oder länger keinen Job haben. Vor der Corona-Krise war ihre Zahl kontinuierlich leicht gesunken. Seit 2020 steigt sie nach Daten der Bundesagentur für Arbeit wieder an.
Kritik an Linders Kürzungsplänen auf Twitter
Neben CDU und Linken hagelt es allerdings bereits jetzt schon Kritik, auch auf den sozialen Medien. Vieler Nutzer auf Twitter sind empört. „Drastische Kürzungen für Langzeitarbeitslose? Herr @c_lindner – das meinen wir nicht mit bedarfsgerechter Anpassung der Regelsätze!! Das ist der falsche Ansatz, um zu sparen. Das trifft die, die in vielem beschnitten sind und gerade jetzt, jeden Cent umdrehen müssen“, schreibt ein User stellvertretend für viele.
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Andere halten auch den Zeitpunkt der Pläne zur Kürzung der Bezüge von Arbeitslosen für zynisch. „Während #Lindner und seine Gattin vom Zentralorgan der #FDP bei der #Lindnerhochzeit im Luxus schwelgen, will der Finanzminister drastische Kürzungen im Sozialen durchpeitschen. Merken wir eigentlich noch irgendwas?“, schreibt ein Nutzer.
Auf Sylt heiratet Lindner am Donnerstag seine langjährige Freundin, die TV-Reporterin Franca Lehfeldt. (pst mit dpa)