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Trumps fragwürdige TruppenMit Kettensäge, Hitlergruß und Schlagstock

Lesezeit 5 Minuten
Steve Bannon spricht auf der Conservative Political Action Conference (CPAC) im Gaylord National Resort & Convention Center.

Steve Bannon spricht auf der Conservative Political Action Conference (CPAC) im Gaylord National Resort & Convention Center.

Bei der CPAC-Tagung in Washington demonstrieren Trumps Anhänger ihr enormes Selbstbewusstsein. Zur gleichen Zeit suchen moderate Republikaner bei einem Gegentreffen nach Wegen des Widerstands.

Am Tag nach dem Eklat wirkt Steve Bannon noch aufgekratzter als üblich. Mit seinem üblichen Outfit - ausgebeulte Khaki-Hosen, zwei übereinander gezogene schwarze Hemden sowie drei Kugelschreiber in der Knopfleiste und einem Mikrofon - steigt der rechtsnationale Aktivist vom Podium seines offenen Podcast-Studios in die Zuschauermenge herunter. „Das soll ein Nazi-Gruß gewesen sein?“, höhnt er. Seine Fans johlen. „Absurd!“

Am Ende seines Auftritts auf der großen Bühne der CPAC-Tagung hat Bannon demonstrativ den rechten Arm nach oben gestreckt. Im Gaylord-Konferenzhotel vor den Toren von Washington scheint das kaum jemanden zu stören. Bannon interviewt die ehemalige britische Premierministerin Liz Truss. Er feiert den von Donald Trump begnadigten Kapitolstürmer Richard Barnett, der im Büro der damaligen Parlamentschefin Nancy Pelosi seine Füße demonstrativ auf den Schreibtisch gelegt hatte. Und er verkündet triumphierend, dass sein Propagandakanal soeben einen festen Platz im Presseraum des Weißen Hauses erhalten habe.

Auch Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen ist angereist

Die „Conservative Political Action Conference“ (CPAC) war schon immer eine extreme Veranstaltung. Jahrelang trafen sich hier Rechtsnationale, Verschwörungsideologen und religiöse Fanatiker. Doch mit dem Einzug von Donald Trump ins Weiße Haus sind ihre Parolen zur offiziellen amerikanischen Politik geworden. Das stärkt das Selbstbewusstsein der Veranstalter, die wie MAGA-Chefideologe Bannon nun an einer globalen Ausbreitung der „Make America Great Again“-Bewegung arbeiten.

Es mangelt nicht an nationaler und internationaler Prominenz auf der Bühne: Ein völlig überdrehter Elon Musk bekommt von Argentiniens ultraliberalem Präsidenten Javier Milei eine Kettensäge überreicht. Es reden der Brexit-Initiator Nigel Farage, der russlandfreundliche slowakische Ministerpräsident Robert Fico und - per Videoschalte - Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Im Publikum sitzen mehrere AfD-Politiker und Werte-Union-Chef Hans-Georg Maaßen aus Deutschland.

„Wir sind auf dem Weg, Europa wieder auf die Spur zu bringen“, jubelt CPAC-Organisator Matt Schlapp. Seine Zuhörer muss er nicht mehr überzeugen. In einem großen Ausstellungsraum gibt es MAGA-Devotionalien, Trump-Pappfiguren und ein „Abschiebezentrum“ als Fototapete für Selfies. In den kulturkämpferischen Reden geht es um angeblich „woke“ Schul-Lehrpläne, die „verlogenen“ Medien und die „politisierte Justiz“. Immer wilder werden Verschwendung und „Betrug“ ausgeschmückt, die Elon Musks im rechtsfreien Raum operierende Kostensenker-Truppe Doge aufgedeckt haben will. Deren Erfolgsmeldungen sind jedoch verzerrt, fehlerhaft oder ganz erfunden, wie amerikanische Medien nachgewiesen haben. Selbst die Geschlechtsumwandlung von Affen habe der amerikanische Steuerzahler bezahlt, empört sich ernsthaft eine Rednerin.

Die Machthaber bedienen das Opfernarrativ

Trotz ihres Wahlsiegs und der daraus resultierenden politischen Übermacht in Washington kreisen auffallend viele Ultrarechte um die Vergangenheit und bedienen das Opfernarrativ. Man sei „vier Jahre durch die Hölle gegangen“, klagt Musk. Immer wieder geht es um die angeblich gestohlene Wahl 2020 und die „Verfolgung“ Trumps durch die Justiz. Der Präsident selbst arbeitet sich bei seinem Auftritt drastisch an seinem Vorgänger Joe Biden ab: „Alles, was er anfasste, ist zu Scheiße geworden“, pöbelt er.

Draußen im Land spürt man derweil täglich stärker die Folgen von Trumps radikaler Disruptionspolitik. Tausende Staatsdiener haben über Nacht ihre Jobs verloren. Der schwarze Generalstabschef ist am Freitagabend einfach gefeuert worden. Ganze Behörden werden ohne Zustimmung des Kongresses geschlossen und sämtliche Kontrollmechanismen gegen Machtmissbrauch und Korruption ausgeschaltet. Das alles spielt bei CPAC keine Rolle, wohl aber bei einer Gegenveranstaltung der republikanischen Never-Trumper, die 15 Kilometer entfernt zeitgleich in einem Washingtoner Innenstadthotel stattfindet.

„Wir werden unsere Knie nicht beugen“

In der Partei haben die traditionellen, moderaten Konservativen, die sich in der Graswurzelbewegung „Principles First“ organisieren, seit langem nichts mehr zu sagen. Insofern ist es schon ein Erfolg, dass mehr als 1000 Teilnehmer zu der Konferenz gekommen sind. „Wir machen uns keine Illusionen“, sagt deren Vorsitzender Heath Mayo zum Auftakt einer zweitägigen Tagung. Der Kampf zur Überwindung von Trump werde schwierig und könne dauern: „Aber wir werden unsere Knie nicht beugen.“

In den Reden wird mit Kritik am Präsidenten nicht gespart. Das Land, da ist man sich einig, befinde sich in einer „Verfassungskrise“. Zugleich wirken die Anwesenden ratlos. Viele hoffen, dass mit der Zeit die Stimmung auch in der Bevölkerung kippen werde. „Trump verspricht mehr, als er liefern kann. Und er schafft Chaos“, sagt der Tech-Unternehmer Mark Cuban, der im Wahlkampf im Gegensatz zu anderen Milliardären die Demokratin Kamala Harris unterstützt hatte. Das werde den Widerstand stärken, glaubt er.

Die Frage ist freilich, ob die amerikanische Demokratie solange warten kann. Bei der Veranstaltung treten auch vier Polizisten auf, die am 6. Januar 2021 das Kapitol verteidigt haben. Ihr Wortführer Michael Fanone nimmt kein Blatt vor den Mund, als er sich über Trump beklagt, der 1500 teilweise gewalttätige Kapitolstürmer begnadigt habe. So schaffe sich der Präsident eine loyale Privatmiliz, die den SA-„Braunhemden“ der Nazis ähnele.

Im Saal erhält Fanone tosenden Applaus. Doch als er draußen anschließend zum Aufzug geht, lauert ihm in der Hotel-Lobby der Rechtsextremist Enrique Tarrio auf, dem Trump eine 22-jährige Haftstrafe erlassen hatte. Auf Videos im Netz kann man sehen, wie der Ex-Anführer der rassistischen Schlägertruppe Proud Boys und einige Spießgesellen den Ex-Polizisten verfolgen, filmen und als „Stück Scheiße“ beschimpfen, bis sie von Sicherheitskräften zurückgedrängt werden. Es ist eine gezielte Einschüchterung und ein beunruhigender Ausdruck des neuen politischen Klimas in den USA, wo die Feinde des Rechtsstaats plötzlich Oberwasser haben. (rnd)