Putin lobt seine Nuklearstreitkräfte. Seine Propagandisten reden derweil über Deutschland – und in Transnistrien gibt es viel Unruhe.
Propaganda nimmt DDR ins VisierPutin im Atombomber und Moldau in Gefahr – Moskau sendet bedrohliche Signale
Kurz vor dem zweiten Jahrestag der russischen Offensive gegen die Ukraine hat Russlands Präsident Wladimir Putin die dort eingesetzten Soldaten seines Landes als „Helden“ gepriesen und eine fortgesetzte Stärkung der Armee angekündigt. In einer Videobotschaft anlässlich des jährlichen „Tags des Verteidigers des Vaterlands“ am Freitag würdigte Putin in feierlichem Tonfall die „Teilnehmer der Spezialoperation“ in der Ukraine, die „für Wahrheit und Gerechtigkeit“ kämpften.
„Ihr seid unsere echten Helden des Volks“, sagte Putin. Zudem lobte er die verstärkte Lieferung von Raketen, Drohnen, gepanzerten Fahrzeugen, Artillerie und Flugabwehrsystemen für die russische Armee. Auf der Grundlage der „aktuellen Kampferfahrung“ würden die Streitkräfte weiter gestärkt.
Wladimir Putin fliegt in Atombomber mit – und preist seine Truppen
Zuvor hatte Putin sich am Donnerstag bereits als erfolgreicher Kriegsherr zu inszenieren versucht – und an einem Testflug eines strategischen Langstreckenbombers teilgenommen. Die von ihm begutachtete Tupolew Tu-160M biete eine „exzellente Ausstattung“, berichtete Putin nach seinem laut Kreml-Angaben rund 30 Minuten andauernden Flug mit dem Bomber. Wo genau der Flug des Kremlchefs stattgefunden hat, erklärte der Kreml derweil zum Geheimnis. Putin meidet seit Kriegsbeginn Besuche bei seinen Truppen an der Front, in der Vergangenheit kam es bei Stippvisiten des Kremlchefs stets zu Doppelgänger-Gerüchten.
Der Kremlchef lobt nach seinem Testflug vor allem die Modernisierung der russischen Atomwaffen. „Heute liegt der Anteil moderner Waffen und Ausrüstung in den strategischen Nuklearstreitkräften bereits bei 95 Prozent“, erklärte Putin. Die Serienproduktion der neuen russischen Hyperschallrakete „Zirkon“ habe mittlerweile begonnen. Zudem seien kürzlich vier der nun von ihm getesteten Tupolew-Bomber an die Luftstreitkräfte übergeben worden, so der Kremlchef.
Klare Signale aus Moskau: „Wir müssen Kiew erreichen“
Der Staatschef stattete am Freitag zudem wie in jedem Jahr dem an der Mauer des Kreml gelegenen Grabmal des unbekannten Soldaten einen Besuch ab. Putin hatte bereits in den vergangenen Tagen zahlreiche Soldaten ausgezeichnet. Für Putin, der im März ohne ernsthafte Konkurrenz bei der „Wahl“ in Russland antritt, ist die Lage am zweiten Jahrestag seines Angriffs erheblich besser als noch im vergangenen Jahr, als die russischen Truppen in der Ukraine kaum vorankamen. 2022 war die russische Armee am geplanten Vormarsch auf Kiew gescheitert und hatte sich unter erniedrigenden Umständen aus zuvor besetzten Gebieten zurückziehen müssen.
Nicht nur von Putin selbst, sondern auch von seinem Vertrauten Dmitri Medwedew, hatte es zuletzt wieder klare Signale dafür gegeben, dass Russland trotz des damaligen Rückzugs weiterhin die ukrainische Hauptstadt erobern wolle. Kiew sei so wie Odessa eine russische Stadt, erklärte Medwedew kürzlich. Russland werde nicht stoppen, bevor Kiew erobert sei, so der Putin-Vertraute. Sollte das jetzt nicht klappen, werde es „nach einiger Zeit“ geschehen, drohte Medwedew.
Putins Propagandisten stellen deutsche Wiedervereinigung infrage
Darauf, dass man in Russland einen langwierigen Konflikt anstrebt, deuten unterdessen auch die jüngsten Aussagen der Kreml-Propagandisten in den Staatsmedien hin. So stellten die Gäste einer populären Talkshow des Senders „Russia-1“ zuletzt sogar die Wiedervereinigung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR infrage.
Zum zweiten Jahrestag des russischen Angriffs sieht man sich in Moskau offenbar in aussichtsreicher Lage. Auch wenn nach US-Angaben bisher bis zu 120.000 russische Soldaten in dem Einsatz getötet wurden, konnte Russlands Armee im vergangenen Jahr nach offiziellen Angaben fast 500.000 neue Soldaten und 53.000 weitere alleine im Januar 2024 rekrutieren. Zuletzt erzielte Russland mit der Einnahme der ostukrainischen Stadt Awdijiwka einen bedeutenden Geländegewinn.
Russische Erfolge an der Front: Ukraine steht vor großen Problemen
Die ukrainische Armee steht hingegen vor großen Problemen: Die Gegenoffensive im Sommer 2023 ist trotz schmerzhafter Verluste gescheitert, Kiew schafft es nicht, die Verluste auszugleichen. Die dringend benötigten Waffenlieferungen des Westens lassen derzeit auf sich Warten. Dennoch kündigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine neue Offensive seiner Streitkräfte in diesem Jahr an.
Dass Russland einen langen Konflikt mit der Ukraine und dem Westen plant, unterstreicht derweil auch der Wirbel, den es zuletzt in Moldau gegeben hat. Das Land gilt bei vielen Experten als eines der nächsten möglichen russischen Ziele für einen weiteren Angriff. Transnistrien im Norden des Landes ist pro-russisch kontrolliert, es wird befürchtet, dass Russland in Zukunft versuchen könnte, auch dieses Gebiet unter seine Kontrolle zu bringen.
Wirbel um Moldau: Greift der Kreml bald nach Transnistrien?
Die pro-russischen Kräfte in Transnistrien bereiten sich darauf offenbar vor. Am Donnerstag kündigten die Behörden der Region einen Abgeordnetenkongress für den 28. Februar an – und brachten ihre „Besorgnis“ über das „Vorgehen moldauischer Beamter“ zum Ausdruck.„Transnistrien könnte ein Referendum über den Anschluss an Russland organisieren, um die russische Hybridoperation gegen Moldau zu unterstützen“, warnten am Freitag die US-Analysten des „Institute for the Study of War“ (ISW). Wie bereits im Donbass könnte der „Schutz“ russischer Bürger in der Region als Vorwand für eine derartige Operation genutzt werden, heißt es weiter im Lagebericht der US-Analysten.
Am 29. Februar will sich Kremlchef Putin mit einer Rede an die Nation zu Wort melden – und könnte dort „im gefährlichsten Fall“ den russischen Anspruch auf Transnistrien untermauern. Wahrscheinlicher sei jedoch, dass Putin das Vorgehen der Behörden in Transnistrien zunächst lediglich „begrüßen“ werde, berichtete das ISW. Die Regierung Moldaus forderte die Behörden in Transnistrien am Freitag unterdessen auf, „von überstürzten Schritten abzusehen“ und erklärte, die Situation in der Region werde „genau beobachtet“. (mit afp)