Satellitenbilder von einem abgelegenen Stützpunkt zeigen Startvorbereitungen. Die Waffe sei „gefährlich“, aber noch nicht einsatzbereit, so Experten.
Bericht der „New York Times“Putin testet offenbar heimlich nukleare Waffe in der russischen Arktis
Wladimir Putin plant offenbar den Test eines experimentellen atomgetriebenen, nuklear bewaffneten Marschflugkörpers in der Antarktis. Das legen Satellitenbilder und Luftfahrtdaten nahe, wie die „New York Times“ berichtet. Demnach sei nicht klar, ob Russland den Marschflugkörper bereits kürzlich getestet habe oder den Test vorbereite.
Plant Wladimir Putin heimlichen Test von Rakete mit Nuklearantrieb in der Arktis?
Die am Morgen des 20. September von Satelliten aufgenommenen Bilder von der Insel Nowaja Semlja im Nordpolarmeer zeigten zahlreiche Fahrzeuge auf einer Abschussrampe auf dem Stützpunkt. Nowaja Semlja ist als ehemaliges sowjetisches Atomtestgelände bekannt. Von 1954 bis 1990 sollen hier russischen Angaben zufolge weit über 100 Atomtests durchgeführt worden sein.
Auf den Bildern sei ein Lastwagen zu sehen, dessen Anhänger den Abmessungen der Rakete entspreche. Das Dach, das die Startrampe abdeckt, sei entfernt worden. Kurz darauf sei der Anhänger verschwunden. Weitere Bilder vom 28. September zeigten erneut Aktivitäten an der Startrampe, heißt es.
Bericht der New York Times: Test von Atomwaffe könnte bereits stattgefunden haben
„Die Bewegungen von Flugzeugen und Fahrzeugen auf und in der Nähe eines Stützpunkts in Russlands abgelegener arktischer Region stimmen mit den Vorbereitungen überein, die 2017 und 2018 für Tests des als Burevestnik oder SSC-X-9 Skyfall bezeichneten Flugkörpers getroffen wurden“, berichtet die New York Times nach eingehender Analyse von Satellitenbildern und Daten.
Ebenfalls verdächtig: Am 31. August warnten russische Behörden dem Bericht zufolge vor einem „vorübergehenden Gefahrengebiet“ und wiesen Piloten an, den entsprechenden Luftraum weiträumig zu meiden. Die Warnung wurde laut New York Times mehrmals verlängert und gilt noch bis zum Sonntag, 6. Oktober. Ähnliche Ankündigungen habe es bei einem Test im Jahr 2019 gegeben.
Die Analysten schließen daraus, dass Wladimir Putin offenbar seine potenziell tödliche Waffe mit einer Reichweite von mehreren tausend Kilometern testet. „Sie ist exotisch – sie ist in der Test- und Entwicklungsphase gefährlich“, zitiert die Zeitung den Waffen- und Rüstungsexperten Daryl G. Kimball in Bezug auf die Burevestnik. Er glaubt allerdings, dass die Rakete noch Jahre von einem „operativen Einsatz“ entfernt sei.
Tests von Putins Burevestnik-Raketen bisher erfolglos
Laut einem Bericht der „Nuclear Threat Initiative“, einer gemeinnützigen Gruppe, die sich mit Rüstungskontrolle befasst, habe Russland zwischen 2017 und 2019 bereits mehr als ein Dutzend bekannte Tests durchgeführt – alle sollen erfolglos geblieben sein. Bei der Bergung einer 2019 abgestürzten Rakete seien sieben Menschen getötet worden, als die Bombe plötzlich explodierte, so US-Behörden.
Demnach könne der strategische Marschflugkörper mit Kernenergieantrieb eine nukleare Nutzlast tragen, wenn auch eine kleinere als die meisten anderen nuklearfähigen Waffen. Ein Einsatz sei ursprünglich nur bei einem Nuklearangriff auf Russland vorgesehen, so die Analysten von „Nuclear Threat Initiative“ in ihrem Bericht weiter. Laut einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Tass von 2019 werde der Marschflugkörper von einem „kleinen Kernkraftwerk“ angetrieben.
Sergej Schoigu im August auf ehemaligem Atomtestgelände in Nowaja Semlja
Vorgestellt wurde die Burewestnik 2018 von Wladimir Putin als eine von sechs strategischen Atomwaffen. „Ein niedrig fliegender und schwer zu beobachtender Marschflugkörper mit nuklearem Sprengkopf, der eine nahezu unbegrenzte Reichweite, eine unvorhersehbare Flugbahn und die Fähigkeit zur Umgehung von Abfanglinien besitzt, ist für alle bestehenden und fortschrittlichen Luft- und Raketenabwehrsysteme unbesiegbar“, beschrieb das russische Verteidigungsministerium die Burevestnik damals.
Sergej Schoigu hatte erst im August die Truppen auf der Inselgruppe Nowaja Semlja inspiziert. Begleitet wurde Russlands Verteidigungsminister von Alexej Lichatschow, dem Chef der russischen Atombehörde Rostaom. Russland droht seit dem Überfall auf die Ukraine immer wieder mit dem Einsatz von Atombomben, einen tatsächlichen Einsatz halten viele Experten derzeit aber nicht für wahrscheinlich. (pst)